OGH 13Os58/19g

OGH13Os58/19g9.10.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Jukic in der Strafsache gegen Josef P***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 8. Mai 2019, GZ 15 Hv 40/18k‑221, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00058.19G.1009.000

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (A/I/2/b), demgemäß auch im Ausspruch einer Freiheitsstrafe und der Konfiskation eines Mobiltelefons, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Eisenstadt verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef P***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (A/I/1) und der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (A/I/2/b), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (A/I/2/a) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (A/II) schuldig erkannt.

Danach hat er

(A) vorschriftswidrig Suchtgift

(I) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge

1) anderen überlassen, und zwar

a) im Frühjahr 2018 in L***** und an anderen Orten 2,2 kg Cannabisblüten (22 Gramm Delta‑9‑THC und 220 Gramm THCA Reinsubstanz) und

b) von Anfang 2018 bis zum 28. Juni 2018 in T***** und an anderen Orten wiederholt eine unbekannte Menge Kokain;

2) mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde,

a) erworben und besessen, und zwar bis zum 28. Juni 2018 in T***** und W***** insgesamt 80,6 Gramm Kokain (23 Gramm Cocain Reinsubstanz), die er in einer Buddhastatue in der Wohnung der Petra S***** sowie in einem von ihm benutzten Pkw in einer Motorradjacke versteckte, und

b) in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge zu erwerben und besitzen versucht, indem er im Frühjahr 2018 Werner Pr***** mitteilte, er wolle 1 kg Kokain (250 Gramm Cocain Reinsubstanz) kaufen, dieser den Suchtgiftlieferanten Shpendi X***** vermittelte, P***** in weiterer Folge mit diesem auch telefonischen Kontakt hatte und ihn zur näheren Vereinbarung des Suchtgiftgeschäfts traf, weiters

(II) bis zum 28. Juni 2018 in T***** und an anderen Orten wiederholt ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar Cannabisblüten und Kokain.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5 und 9 (richtig) lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise im Recht.

Der Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch A/I/2/a zuwider hat das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (auch zu den Tatbildmerkmalen „Vorschriftswidrigkeit“ und „Übersteigen der Grenzmenge“) sehr wohl, nämlich mit der Ableitung aus „dem äußeren Geschehensablauf“ (US 21) und der sichergestellten Menge Kokains (US 12), begründet. Dies ist – auch mit Blick auf die großteils leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers (vgl US 11; ON 189 S 5 ff) – im Zusammenhalt mit den Konstatierungen zu dessen früheren Verurteilungen wegen nach dem SMG strafbarer Handlungen (US 5) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116882; vgl 12 Os 128/18t [zur Begründung von Feststellungen zur Vorschriftswidrigkeit]).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht mit ihrem zu diesem Schuldspruch erhobenen Einwand fehlender Konstatierungen zum auf Vorschriftswidrigkeit gerichteten Vorsatz des Beschwerdeführers nicht von der Gesamtheit des Urteilssachverhalts aus (US 6 iVm US 9) und verfehlt insoweit die gesetzmäßige Darstellung (RIS-Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Im Recht ist allerdings der Einwand, die zu A/I/2/b getroffenen Feststellungen reichten für die rechtliche Annahme, der Beschwerdeführer habe bereits das (strafbare) Versuchsstadium erreicht, nicht aus. Nach dem Urteilssachverhalt erzählte der Beschwerdeführer Pr*****, dass er ein Kilogramm Kokain kaufen wolle. Dieser vermittelte den Kontakt zu S*****, der über „größere Menge an Kokain verfügte“. Der Beschwerdeführer verabredete mit diesem ein Treffen „zum Zwecke der Vereinbarung der Lieferung von einem Kilogramm Kokain“, wobei S***** „das Mitbringen von Proben des Suchtgifts zusicherte“ und einen Kaufpreis von 40.000 Euro für die gesamte Suchtgiftmenge nannte, womit der Beschwerdeführer einverstanden war. Das Treffen „zur Besprechung der konkreten Details des Suchtgiftgeschäftes“ fand am 29. April 2018 statt. Obwohl der Beschwerdeführer „fest entschlossen“ war, Kokain „in der genannten Menge zu erwerben“, kam es nicht dazu, weil „S***** die Lieferung des Suchtgifts aus nicht näher bekannten Gründen nicht möglich war“ (US 8 f).

Nach § 15 Abs 2 StGB ist die Tat (soweit hier von Interesse) versucht, sobald der Täter seinen Entschluss, sie auszuführen, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Der konstatierte (feste) Entschluss des Beschwerdeführers stellt demnach für sich die Versuchsstrafbarkeit nicht her. (Erste) Ausführungshandlung wäre hier der Erwerb, also die Erlangung des Gewahrsams am Suchtgift, gewesen (RIS‑Justiz RS0088344). Nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre liegt eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung als (notwendige) Manifestation des Handlungsentschlusses dann vor, wenn diese bei wertender Betrachtung ex ante unter Berücksichtigung der konkreten Vorstellung des Täters (gemessen am Tatplan) unmittelbar, das heißt ohne weitere selbständige Zwischenakte, in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll. Bedarf es dagegen noch weiterer zeitlicher, örtlicher oder manipulativer Etappen, fehlt es an dem für die Ausführungsnähe vorausgesetzten engen zeitlich-örtlichen und aktionsmäßigen Konnex zur Tat (RIS‑Justiz RS0124906, RS0089740; Hager/Massauer in WK 2 StGB §§ 15, 16 Rz 26 ff; Fuchs/Zerbes AT I 10 29/19 ff; Kienapfel/Höpfel/Kert AT 15 Z 21 Rz 18 f).

Vorliegend war nach dem Urteilssachverhalt nicht geplant, dass S***** das Suchtgift, welches der Beschwerdeführer erwerben wollte, zum durchgeführten Treffen mitbringt und dort übergibt (vgl 11 Os 69/16f, 15 Os 156/10w, Schwaighofer in WK 2 SMG § 27 Rz 11). Vielmehr sicherte er bloß die Mitnahme von „Proben“ zu. Das Urteil enthält weder eine Aussage zum Verlauf dieses Treffens, insbesondere zu einer dort getroffenen Vereinbarung über die näheren Umstände einer Gewahrsamsübertragung an einem Kilogramm Kokain, noch sonst zu vom Beschwerdeführer gesetzten, der Tatausführung im oben dargestellten Sinn unmittelbar vorausgehenden Handlungen.

Dieser Rechtsfehler (Z 9 lit a) erfordert– ebenfalls in Übereistimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Aufhebung des Schuldspruchs A/I/2/b einschließlich des Ausspruchs einer Freiheitsstrafe bei der nichtöffentlichen Beratung samt Rückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Erstgericht (§ 285e StPO).

Da die Konfiskation des im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Mobiltelefons – soweit ersichtlich (US 10) – bloß auf dessen Verwendung im Zusammenhang mit dem von A/I/2/b erfassten Vorwurf beruht, war dieser Ausspruch ebenfalls zu beseitigen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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