OGH 15Os91/19z

OGH15Os91/19z11.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Setz‑Hummel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leitner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter H***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 9. Mai 2019, GZ 26 Hv 3/19i‑61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00091.19Z.0911.000

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Konfiskation des Laptops Hewlett‑Packard aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Einzelrichter des Landesgerichts Linz verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter H***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 neunter Fall SMG (B./) und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (C./) schuldig erkannt.

Danach hat er in L***** und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift

A./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich (zumindest) ca 16 kg Cannabiskraut (beinhaltend 640 Gramm Delta‑9‑THC) von Ende Mai 2017 bis März 2018 durch gewinnbringenden Verkauf Manuel Ho***** überlassen sowie diesem auch 1 Gramm Methamphetamin verkauft und insgesamt 5 Gramm Amphetamin unentgeltlich überlassen;

B./ anderen verschafft, indem er im Winter 2017 Joseph R***** zum Zweck des Ankaufs von Cannabiskraut zumindest einmal zu Manuel Ho***** in dessen Wohnung nach L***** brachte, wo R***** 2 Gramm Cannabiskraut von Ho***** ankaufte;

C./ zum Eigenkonsum erworben und besessen, indem er von zumindest 2017 bis März 2018 wiederholt unbekannte Mengen Cannabiskraut erwarb und konsumierte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5, 5a, „9“, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.

Die Tatrichter gründeten ihre Konstatierungen (zu A./) – im Einklang mit den Kriterien logischen Denkens und allgemeinen Erfahrungssätzen – auf die Aussage des Zeugen Manuel Ho***** im Zusammenhalt mit der diesen betreffenden psychiatrischen Expertise, die Angaben der Zeugen Hoc*****, L***** und Hol***** sowie die Vielzahl der SMS‑ bzw WhatsApp‑Kontakte zwischen dem Angeklagten und Manuel Ho***** (US 5 ff).

Soweit die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) einzelne Begründungserwägungen der Tatrichter zur Glaubwürdigkeit des Zeugen Ho***** kritisiert und diesen eigenständige beweiswürdigende Überlegungen entgegenhält, zeigt sie kein nichtigkeitsrelevantes Begründungsdefizit auf, sondern kritisiert die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld.

Die – zehn Fahrten des Ho***** zum Angeklagten bestreitende – Aussage der Zeugin Hol***** wurde – der Kritik zuwider (Z 5 zweiter Fall) – von den Tatrichtern nicht übergangen (US 8). Deren Angaben zu einer „äußerst verstörenden“ WhatsApp‑Nachricht des Angeklagten an sie im April 2018 (also nach dem Tatzeitraum) waren – weil keine erhebliche Tatsache betreffend – genau so wenig erörterungsbedürftig wie Details der Aussage des Zeugen Hoc***** zu einem Treffen des Angeklagten mit Ho*****.

Schließlich haben sich die Tatrichter auch mit dem Manuel Ho***** betreffenden Gutachten (ON 55) und der Stellungnahme (ON 57) der psychiatrischen Sachverständigen, insbesondere auch zur Frage der Unsicherheit in der zeitlichen Zuordnung von Ereignissen, auseinandergesetzt (US 6). Soweit die Beschwerde aus der Expertise andere Schlüsse zieht, bringt sie kein Begründungsdefizit zur Darstellung, sondern übt neuerlich bloß – in diesem Rahmen unzulässige – Beweiswürdigungskritik.

Z 5a will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

Mit der Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten und dem (erneuten) Verweis auf Widersprüche in der Aussage des Zeugen Ho***** (vgl dazu die erstgerichtlichen Erwägungen US 5 ff, 9) sowie einer eigenständigen Bewertung der SMS‑ und WhatsApp‑Kontakte gelingt es der Beschwerde nicht, solche erheblichen Bedenken beim Obersten Gerichtshof zu erwecken.

Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (§ 14 StPO: „in dubio pro reo“) wird keine Nichtigkeit aus Z 5 oder 5a aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0102162).

Dass die Tatrichter den Zeugen Hoc***** nur bezüglich eines Teils seiner Aussagen Glauben geschenkt haben (US 7), hinsichtlich anderer Angaben (zur Qualität des Suchtgifts) aber nicht (US 10), begründet gleichfalls keine Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0098372).

Die Rechts‑ und Subsumtionsrüge (Z „9“ und 10) erschöpft sich in der bloßen Behauptung, der festgestellte Sachverhalt sei „den darauf zur Anwendung gebrachten Strafgesetzen nicht zu unterwerfen“, und entzieht sich somit einer inhaltlichen Erledigung (vgl RIS‑Justiz RS0116565, RS0099620).

Entgegen dem Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) hat das Erstgericht die für den Verfallsausspruch nach § 20 (richtig:) Abs 3 StGB notwendigen Feststellungen getroffen. Es hat nämlich unmissverständlich konstatiert, dass der für verfallen erklärte Betrag von 68.300 Euro dem (konkret dargestellte und zeitlich zugeordnete) Erlösen aus Suchtgiftverkäufen, somit einem durch eine strafbare Handlung erlangten Vermögenswert entspricht (US 3 erster Absatz iVm US 3 letzter Absatz und US 4).

Im Recht ist die Sanktionsrüge allerdings, soweit sie eine Nichtigkeit des Ausspruchs über die Konfiskation releviert (Z 11 erster Fall). Gemäß § 19a Abs 1 StGB sind Gegenstände, die der Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei der Begehung dieser Straftat verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, zu konfiszieren.

Nach den entsprechenden Urteilsfeststellungen (zu C./) verwendete der Angeklagte den – in seinem Eigentum stehenden – Laptop „(jedenfalls) zur Absicherung des eigenen Cannabiskonsums, indem er im Internet die Nachweisbarkeit von Cannabis im Harn abfragte“ (US 5). Damit wird aber nicht dargetan, dass der konfiszierte Gegenstand zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendet (oder durch diese Handlung hervorgebracht) worden ist.

Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen zwingt zur Aufhebung des Konfiskationsausspruchs und zur Rückverweisung der Sache in diesem Umfang.

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde bei nichtöffentlicher Sitzung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), über die Berufungen hat vorerst das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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