European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00039.19G.0829.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.475,92 EUR (darin enthalten 579,32 EUR USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zur Berufung der erstbeklagten Partei binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die zweit- und die drittbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 3.823,26 EUR (darin enthalten 637,21 EUR USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zur Berufung der zweit- und drittbeklagten Partei binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Alle beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 12.754,01 EUR (darin enthalten 479,82 EUR USt und 9.875,10 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Am 23. 6. 2013 morgens brannte eine beim klagenden Versicherer versicherte, dem Versicherungsnehmer S***** R***** (in der Folge „Versicherungsnehmer“) gehörende Almhütte im Land Salzburg vollständig ab. Die Klägerin deckte den Schaden und macht mit der vorliegenden Klage auf sie gemäß § 67 VersVG übergegangene Schadenersatzansprüche gegen die Beklagten geltend.
Der Erstbeklagte hatte mehrere Jahre ua als angestellter Ofensetzer gearbeitet. Obwohl er nicht über die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung verfügte, entschloss er sich, als selbständiger Ofensetzer tätig zu werden. Um Schwierigkeiten mit den Behörden zu vermeiden, vereinbarte er deshalb mit der zweitbeklagten Kommanditgesellschaft, deren unbeschränkt haftender Gesellschafter der Drittbeklagte ist, dass diese seine Arbeitsleistungen offiziell über sie abrechne und – als dazu gewerberechtlich Befugte – die vor Inbetriebnahme eines Ofens notwendige Bestätigung eines Hafnermeisters ausstelle. Der Erstbeklagte verrechnete seinen Kunden direkt nur das verwendete Material. Im Gegenzug erhielt die Zweitbeklagte dafür eine „Provision“ von 350 EUR pro gesetztem Ofen, die sie auf den ihr vom Erstbeklagten bekannt gegebenen Betrag für die Arbeitsleistungen aufschlug. Auf diese Art und Weise setzte der Erstbeklagte mehr als 50 Öfen. Die Zweitbeklagte war an den Arbeiten nie beteiligt und kontrollierte die Gewerke des Erstbeklagten nur vereinzelt, stellte aber dennoch immer die Hafnermeister-Bestätigungen aus.
Der Versicherungsnehmer beauftragte den Erstbeklagten mit der Errichtung eines Kachelofens in seiner Almhütte. Vor dem Beginn und während der Arbeiten im Jahr 2012 sagte der Erstbeklagte dem Versicherungsnehmer nicht, dass er selbst nicht über die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung verfügt. Er führte die Setzarbeiten allein aus, Mitarbeiter der Zweitbeklagten waren dabei nicht behilflich.
Der Erstbeklagte setzte nach den Vorstellungen des Versicherungsnehmers zwei Kachelöfen – einen im Raum bei der Haupteingangstür („Vorraum“) und einen in der Stube. Nur beim Ofen im Vorraum gab es eine Feuerstelle. Der Ofen in der Stube verfügte über einen Warmwasserspeicher. Beide Öfen waren durch einen Rauchgasverbindungskanal („Poterie“) verbunden, der durch die Hütteninnenwand verlief. Durch Betätigung eines Hebels konnte diese Poterie geöffnet und dadurch der Ofen in der Stube durch die Rauchgase aus dem Ofen in der Vorhütte erwärmt werden. Der Erstbeklagte errichtete auch einen neuen Kamin.
Der Aufbau der Poterie gestaltete sich wie folgt: Innen waren Schamottplatten mit einer Höhe von 4 cm zu einem Kanal mit einem Innenmaß von 22 x 17 cm aufgemauert. Darüber legte der Erstbeklagte eine weitere Schicht aus 4 cm dicken Schamottplatten. Um diese Platten herum brachte er 7,5 cm starke Ytong‑Ziegel an. In den sich ergebenden Zwischenraum von 5 cm zwischen den Ziegeln und den Rundblöcken presste er eine Steinwollisolierung.
Nach Abschluss der Arbeiten an den Öfen teilte der Erstbeklagte dem Versicherungsnehmer mit, dass dieser– neben seiner Rechnung über das Material – von der Zweitbeklagten eine Rechnung über die Arbeitsleistungen erhalten werde. Eigentlich dürfe er nämlich nicht selbständig als Ofensetzer tätig sein, weshalb er ein Unternehmen brauche, das ihn „decke“. Für den Versicherungsnehmer war das in Ordnung. Er ging nie davon aus, dass die Zweitbeklagte irgendwelche Leistungen für ihn erbringe bzw erbracht habe.
Der Versicherungsnehmer bezahlte in der Folge die ihm vom Erstbeklagten und die von der Zweitbeklagten gelegte Rechnung. Der Rechnung der Zweitbeklagten war ein Endbefund beigefügt, mit dem sie bestätigte, die vor Ort errichtete Einzelfeuerstätte „Aufsatzherd mit Durchheize“ mit einer Nennwärmeleistung von 4 kW sei nach dem Stand der Technik gebaut worden. Tatsächlich hatte aber kein Mitarbeiter der Zweitbeklagten den Ofen vor Ort kontrolliert.
Der Endbefund enthielt außerdem eine nicht ausgefüllte „Bestätigung des Rauchfangkehrermeisters nach Herstellung eines Feuerstättenanschlusses“ über die bauordnungsgemäße Ausführung der Anschlussstelle in den befundeten Fang.
Eine Endabnahme des Ofens durch einen Rauchfangkehrer erfolgte nicht.
Die Errichtung eines Rauchfangs bedarf einer behördlichen Bewilligung, die aufgrund einer vom Hersteller zu veranlassenden Abnahme und Befundung durch den Rauchfangkehrer erteilt wird. Für die Errichtung eines Kachelofens ist eine Prüfung durch den Rauchfangkehrer nötig. Üblicherweise erstellt der Rauchfangkehrer aufgrund eines Konzepts des Hafners einen Vorbefund und anschließend aufgrund dessen Bestätigung einen Endbefund. Die Anforderung dieser Befunde obliegt dem Ofenbauer.
Der Erstbeklagte informierte den Versicherungsnehmer (während oder nach den Arbeiten) nicht darüber, dass für die Errichtung eines Kamins eine behördliche Bewilligung erforderlich ist. Er erwähnte auch nicht, dass eine Bestätigung eines Rauchfangkehrers vonnöten ist, bevor ein Kachelofen betrieben werden darf. Erst durch den Erhalt des Schreibens der Zweitbeklagten erfuhr der Versicherungsnehmer, dass eine solche überhaupt notwendig ist. Weil aber der Erstbeklagte selbst den Ofen vier- bis fünfmal trocken heizte und er bis dahin selbst den Ofen bereits öfters verwendete, dachte sich er nichts dabei, den Ofen weiterhin gelegentlich einzuheizen. Er hielt die Angelegenheit nicht für dringend und beabsichtigte, sie im Zuge einer bereits für seinen Hof geplanten Feuerbeschau mit dem Rauchfangkehrer zu klären.
Am 22. 6. 2013 feierten einige Personen bei der Almhütte die Sommersonnenwende. Weil es eher kühl war, heizten sie den Kachelofen ein. Sie verwendeten dafür das bei den Umbauarbeiten der Hütte übrig gebliebene Fichten- und Zirbenholz. Eine Überheizung des Ofens war mit diesem (weichen) Holz nicht möglich. Damit es auch in der Stube warm würde, öffneten sie – wie bestimmungsgemäß vorgesehen – den Hebel der Poterie. Bis zum Ende der Feier gegen 2:00 Uhr früh am 23. 6. 2013 legten sie mehrere Male Holz nach. Als sie die Hütte verließen, brannte kein Feuer mehr im Ofen. Während die Feiernden dort verweilten, kam kein auffälliges lauteres Geräusch aus dem Ofen, wie ein Knacken oder Knistern. Es fand auch keine ungewöhnliche Geruchsentwicklung statt.
Im Zuge der Beheizung des Ofens traten durch Risse in der Poterie heiße Rauchgase aus. Diese wirkten über mehrere Stunden hinweg – zunächst rauch- und geruchlos – auf den darüber befindlichen Rundblock ein, bis sich dieser dadurch entzündete, was schließlich den Vollbrand der Hütte verursachte. Ursache der Risse waren mechanische Beschädigungen der Poterie aufgrund des auf der Hütte lastenden Schneedrucks. Dieser drückte die über der Poterie verlaufenden Rundblöcke nach unten, die aufgrund des zu geringen lotrechten Abstands von nur 5 cm auf die Poterie einwirkten und sie dadurch beschädigten. Hinzu kam eine Krafteinwirkung aufgrund des Schwindens des Massivholzes infolge der Trocknung durch die Wärmeentwicklung der Poterie. Das Pressen der Steinwolle in den Zwischenraum begünstigte mechanische Beschädigungen.
Um einen ausreichenden Brandschutz im Sinne des § 30 Abs 4 Salzburger Bautechnikgesetz (Sbg BauTG) zu gewährleisten, hätte die Oberflächentemperatur der als Isolierung dienenden Steinwolle 50° Celsius nicht übersteigen dürfen, was aber nicht der Fall war. Hätte der Abstand zwischen der brandhemmend verkleideten Poterie und den Holzstücken die nach § 29 Abs 1 Sbg BauTG erforderlichen 15 cm betragen, wäre es nicht zum Brand gekommen.
Vor der Errichtung eines gemauerten Ofens übermittelt üblicherweise der Ofensetzer dem Rauchfangkehrer einen Plan, in dem ua die Reinigungsöffnungen des Ofens ersichtlich sind. Auf dieser Grundlage erstellt der Rauchfangkehrer einen Vorbefund, in dem – wenn erforderlich – auf zu beachtende Maßnahmen hingewiesen wird. Darauf aufbauend wird der Endbefund erstellt. Mitunter wird der Rauchfangkehrer während der Arbeiten am Ofen beigezogen. Gibt es keine Planunterlagen, wurde der Rauchfangkehrer nicht beigezogen und kann er nach Abschluss der Arbeiten nicht mehr feststellen, ob es brandgefährliche Aspekte gibt, wird er keinen Endbefund ausstellen. In einem solchen Fall werden im Regelfall nachträglich Pläne vom Ofensetzer verlangt. Ergeben sich aus diesen Plänen keine gefährlichen Umstände und bestätigt der Ofensetzer, dass der Ofen tatsächlich im Einklang mit den Plänen errichtet wurde, kann ein Endbefund erteilt werden.
Die Klägerin begehrte 150.271,96 EUR sA von den Beklagten zur ungeteilten Hand und brachte vor, der Brand sei dadurch verursacht worden, dass der Abstand zwischen den Isoliersteinen der Poterie und den Rundblöcken der Hütteninnenwand zu gering gewesen sei, was dazu geführt habe, dass durch Setzungen die Rundblöcke auf die Poterie gedrückt hätten und durch die mechanische Belastung Risse entstanden seien. Durch die Risse seien Rauchgase ausgetreten, die die Rundblöcke der Hüttenwand entzündet und dadurch den Vollbrand verursacht hätten. Der Erstbeklagte hafte für den entstandenen Schaden aus dem mit dem Versicherungsnehmer geschlossenen Werkvertrag. Gleiches gelte für die Zweitbeklagte, die dem Versicherungsnehmer die vom Erstbeklagten erbrachten Arbeitsleistungen verrechnet und ihm einen Endbefund eines Hafnermeisters übermittelt habe. Die Zweitbeklagte hafte auch aufgrund des Schutzzwecks der umgangenen gewerberechtlichen Vorschriften sowie als Sachverständige aufgrund der Ausstellung des Endbefunds. Der Drittbeklagte hafte als Gesellschafter der Zweitbeklagten.
Der Erstbeklagte wendete ein, der Ofen sei nicht mangelhaft und die Abstände zwischen Poterie und den Rundblöcken der Hütteninnenwand seien ausreichend gewesen. Der Versicherungsnehmer habe den Brand allein verschuldet, weil er den Ofen beheizt habe, ohne ihn von einem Kaminkehrer abnehmen zu lassen.
Die Zweit- und der Drittbeklagte wendeten ein, es bestehe keinerlei vertragliche Beziehung zwischen ihnen und dem Versicherungsnehmer, womit auch eine Haftungsgrundlage fehle. Den Versicherungsnehmer treffe ein Mitverschulden am Brand, weil er den Ofen nicht durch einen Kaminkehrer habe überprüfen lassen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 149.648,96 EUR sA gegen alle drei Beklagten zur ungeteilten Hand statt und wies das Mehrbegehren von 623 EUR sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. Es traf die wiedergegebenen Feststellungen und vertrat rechtlich die Ansicht, zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Erstbeklagten sei ein Werkvertrag zustande gekommen. Der Erstbeklagte habe den Kachelofen nicht sach- und fachgerecht errichtet, weil er die baurechtlichen Vorschriften der § 29 Abs 1, § 30 Abs 4 Sbg BauTG missachtet habe. Die Unterschreitung der dort definierten Mindestabstände sei für den Schaden kausal gewesen. Trotz fehlender Gewerbeberechtigung hafte der Erstbeklagte gemäß dem nach § 1299 ABGB anzulegenden Maßstab eines durchschnittlich sorgfältigen Hafners für die Mangelfolgeschäden. Die Zweitbeklagte hafte als Gehilfin des Erstbeklagten deliktisch, weil sie die diesem mangels rechtlicher Befähigung nicht erlaubte Tätigkeit gegen Entgelt gedeckt und sich nicht vergewissert habe, ob die geplanten bzw errichteten Öfen des Erstbeklagten tatsächlich dem Stand der Technik entsprächen. Der Drittbeklagte hafte gemäß § 128 iVm § 161 Abs 2 UGB solidarisch mit der Zweitbeklagten. Den Versicherungsnehmer treffe kein Mitverschulden, weil ihm nach den konkreten Umständen des Falls nicht vorgeworfen werden könne, dass er mit der Beiziehung eines Rauchfangkehrers bis zur Feuerbeschau seines Hofs habe abwarten habe wollen.
Das nur von den Beklagten angerufene Berufungsgericht wies das gesamte (restliche) Klagebegehren ab. Der Erstbeklagte habe gegen § 29 Abs 1 letzter Satz Sbg BauTG verstoßen. Die Adäquanz der Schadenszufügung sei zu bejahen. § 29 Abs 1 letzter Satz Sbg BauTG habe offenkundig den Zweck, eine Brandentstehung durch Hitzeeinwirkung auf hölzerne Bauteile zu vermeiden, wie auch die großzügigere Abstandsvorschrift im Falle einer brandhemmenden Verkleidung zeige. Der Normzweck bestehe aber offensichtlich nicht darin, Risse der Poterie und dadurch entstehende Brände infolge von Setzungen darüber liegender hölzerner Bauteilen, sei es wegen Schneedrucks oder wegen Trocknung des Holzes, zu verhindern. Die Beurteilung der Setzung, Durchbiegung oder Absenkung von Holztramen oder Rundblöcken (etwa infolge von Schneedruck) gehöre in das Fachgebiet eines Statikers oder Baumeisters, aber nicht in das eines Ofensetzers. Einschlägig seien auch die oberstgerichtlichen Entscheidungen 7 Ob 60/98v und 1 Ob 224/10p. Für die Haftung des Erstbeklagten fehle daher der Rechtswidrigkeitszusammenhang. Mangels Vertrags zwischen dem Versicherungsnehmer und der Zweitbeklagten scheide eine vertragliche Haftung dieser aus. Eine deliktische Haftung der Zweitbeklagten könnte jedoch auch auf der Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter, nämlich des Eigentums des Versicherungsnehmers, gründen. Der von der Zweitbeklagten übermittelte Endbefund, in dem sie dem Ofen ohne vorherige Kontrolle den Stand der Technik attestiert habe, sei zwar im Hinblick auf § 29 Abs 1 Sbg BauTG objektiv falsch gewesen. Da aber diese Norm gerade nicht der Verhinderung jenes Risikos, das sich im vorliegenden Fall verwirklicht habe, diene, fehle auch für eine Haftung der Zweitbeklagten der Rechtswidrigkeitszusammenhang. Eine Haftung der Zweit- und des Drittbeklagten aus der gewerberechtlichen Deckung der Pfuscharbeit des Erstbeklagten scheitere daran, dass der haftungsrechtlich relevante Schutzzweck des Gewerberechts nicht darin bestehe, Schäden zu verhindern, die selbst für einen Hafner, der insofern den Leistungsstandard seiner Berufsgruppe erfülle, nicht oder nur als überragende Spitzenleistung vorhersehbar gewesen seien.
Das Berufungsgericht ließ die Revision (zusammengefasst deshalb) zu, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zum Schutzzweck des § 29 Abs 1 Sbg BauTG vorliege.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Erstbeklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Zweit- und der Drittbeklagte beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist auch berechtigt.
Die Revisionswerberin macht geltend, das Berufungsgericht habe mit seiner (in erster Instanz nicht erörterten) Rechtsansicht, für eine Haftung nach der in Rede stehenden Norm des Sbg BauTG mangle es am Rechtswidrigkeitszusammenhang, eine Überraschungsentscheidung gefällt. Diese Rechtsansicht sei auch unrichtig. Unabhängig von Vorschriften des Sbg BauTG hätte der Erstbeklagte den Ofen und die Poterie so errichten müssen, dass es durch Setzungen zu keiner Beschädigung der Poterie komme, zumal bei der Almhütte im Hochgebirge mit zusätzlichen Lasten durch Schneedruck zu rechnen gewesen sei. Der Ofen sei entgegen dem Stand der Technik errichtet worden. Die Zweitbeklagte hafte für die Erteilung eines Rats (Endbefund) nach § 1300 ABGB. Sie habe auch daran mitgewirkt, dass der Erstbeklagte gegen die Gewerbeordnung verstoßen habe können, deren Normen Schutzgesetze seien.
Hierzu wurde erwogen:
1. Zur Haftung des Erstbeklagten:
1.1. Maßgebliche Normen des Salzburger Bautechnikgesetzes (Sbg BauTG) in der zur Zeit der Errichtung des Ofens (2012) geltenden Fassung (Sbg LGBl 1976/75 samt Novellen):
§ 1 Abs 1 leg cit:
„Alle Bauten und sonstigen baulichen Anlagen müssen in ihrer Gesamtheit und allen ihren Teilen so errichtet, gestaltet und ausgestattet sein, dass sie nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der technischen Wissenschaften der Bauaufgabe gerecht werden und im Hinblick auf ihren Verwendungszweck und die örtlichen Verhältnisse den Anforderungen folgender Gesichtspunkte entsprechen:
1. mechanische Festigkeit und Standsicherheit,
2. Brandschutz,
3. Nutzungssicherheit,
… .“
§ 29 Abs 1 leg cit:
„Die Verbindungsstücke (Rauchrohre oder -kanäle) müssen an die Feuerstätte und an den Rauchfang betriebsdicht angeschlossen und in ihrem ganzen Verlauf betriebsdicht sein. Nebenlufteinrichtungen dürfen eingebaut werden, wenn sie den Anforderungen an einen sicheren Betrieb der Feuerstätte nicht entgegenstehen. Die Verbindungsstücke, ihre Aufhängungen und Unterstützungen müssen aus nicht brennbaren und hitzebeständigen Baustoffen bestehen. Poterien dürfen nur so lang sein, dass die erforderliche Zugwirkung noch gewährleistet ist; sie müssen die zur ordnungsgemäßen Wartung erforderlichen Reinigungsöffnungen haben und zur Einmündung ansteigen. Poterien müssen von hölzernen Bauteilen einen Mindestabstand von 25 cm, sind diese aber brandhemmend verkleidet, von 15 cm aufweisen.“
1.2. Dass der Erstbeklagte wegen des zu geringen lotrechten Abstands von nur 5 cm zwischen der brandhemmend verkleideten Poterie und den Rundblöcken gegen § 29 Abs 1 letzter Satz Sbg BauTG, der 15 cm Mindestabstand vorschreibt, verstoßen hat, haben die Vorinstanzen zutreffend beurteilt und ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Es kommt demnach darauf an, ob der eingetretene Schaden vom Schutzzweck der Norm umfasst ist.
1.3. Nach der Rechtsprechung verfolgen die in der Bauordnung enthaltenen Schutzgesetze einen bestimmten Schutzzweck, nämlich die Hintanhaltung von Schädigungen oder Gefährdungen. Die Bauordnung bezweckt primär den Schutz der Allgemeinheit vor durch nicht fachgerechte Ausführung von Bauarbeiten ausgelöste Schäden (RS0119032).
Speziell zu § 15 Abs 1 Vlbg BauG, welche Bestimmung dieselben Kriterien wie hier der zitierte § 1 Abs 1 Sbg BauTG normiert und die durch die Vlbg Bautechnikverordnung näher determiniert wird, sprach der Oberste Gerichtshof in 1 Ob 79/15x (= RS0027710 [T31, T32]) aus, diese Bestimmung bezwecke gerade die Verhinderung von Schäden im Zusammenhang mit der bestimmungsgemäßen Verwendung von Bauwerken und sonstigen Anlagen und sei damit als Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB aufzufassen. Die zur Durchführung dieser Bestimmung erlassene Verordnung verweise dazu auf den Stand der Technik, wie er sich in den einschlägigen ÖNORMEN widerspiegle. Das dort gegenständliche Klettergerüst auf einem Spielplatz habe dem nicht entsprochen und sei daher nicht im Sinne von § 15 Abs 1 Vlbg BauG nutzungssicher ausgeführt worden. Im Sturz des Klägers habe sich auch gerade jener Schaden verwirklicht, den § 15 Abs 1 Vlbg BauG zu verhindern trachte, von dem die Nutzungssicherheit von Anlagen gefordert werde. Damit wurde dort der Rechtswidrigkeitszusammenhang eindeutig bejaht.
1.4. In diesem Sinn besteht kein Zweifel daran, dass es im vorliegenden Fall primär um den in § 1 Abs 1 Z 2 Sbg BauTG genannten Brandschutz geht, spricht doch § 29 Abs 1 leg cit von „nicht brennbaren und hitzebeständigen Baustoffen“ sowie im letzten Satz von „hölzernen“, also brennbaren, Bauteilen und von der brandhemmenden Verkleidung.
Dem hier einschlägigen § 29 Abs 1 letzter Satz Sbg BauTG kann daher im Licht der dargestellten Rechtsprechung in Punkt 1.3. nicht der vom Berufungsgericht angenommene enge Schutzzweck unterstellt werden. Die Norm bezweckt generell den Brandschutz. Genau diese Gefahr hat sich hier verwirklicht: Nach den Feststellungen war die Missachtung der Norm kausal für den Schaden, nämlich durch die Hitzeeinwirkung der heißen Rauchgase auf den darüber befindlichen Rundblock, der sich selbst entzündete. Dass ein größerer Abstand des Holzes zu den Rissen in der Poterie, aus denen die heißen Rauchgase austraten, geeignet gewesen wäre, eine geringere Hitzeeinwirkung auf das Holz und somit eine geringere Gefahr der Selbstentzündung des Holzes zu bewirken, versteht sich von selbst. Mag somit die Norm zwar nicht die Verhinderung der Rissbildung in der Poterie an sich bezwecken, so steht jedenfalls die durch den Normverstoß bewirkte intensivere Hitzeeinwirkung auf das Holz im Rechtswidrigkeitszusammenhang. Dass die Norm Hitzeeinwirkung (auf Holz) verhindern will, anerkennt der Erstbeklagte selbst ausdrücklich in seiner Revisionsbeantwortung. Der eingetretene Schaden ist daher vom Schutzzweck der Norm erfasst.
Da somit zusammengefasst hier schon der Schutzzweck „Brandschutz“ vorliegt, erübrigt sich die Erörterung, ob der Erstbeklagte dadurch, dass er den Ofen nicht so stabil ausgeführt hat, dass trotz zu erwartenden Schneedrucks keine Risse in der Poterie entstünden, nicht der von § 1 Abs 1 Sbg BauTG geforderten mechanischen Festigkeit bzw Nutzungssicherheit entsprochen hat.
1.5. Auf eine allfällige mangelnde subjektive Kenntnis könnte sich der Erstbeklagte nicht berufen: Auch derjenige haftet nach § 1299 ABGB, der, ohne Fachmann zu sein, eine Arbeit übernimmt, die in der Regel wegen der notwendigen Kenntnisse nur von einem Fachmann besorgt zu werden pflegt (RS0026557 [T1]). Den Erstbeklagten entlastet daher auch nicht das Fehlen der Gewerbeberechtigung.
1.6. Die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar: In der Entscheidung 7 Ob 60/98v gingen die Schäden ua auf objektiv unrichtige Annahmen einer Behörde zurück und wurden vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich als vom Beklagten bloß inadäquat verursacht qualifiziert, während hier das Berufungsgericht – insoweit zutreffend – die Adäquanz bejahte. In der Entscheidung 1 Ob 224/10p war zwar ein zu geringer Sicherheitsabstand zwischen dem Blecheinsatz eines offenen Kamins und einer Holzriegelwand für einen Brand kausal. Dort war aber nicht der Errichter des Kamins, sondern der Rauchfangkehrer geklagt, der, selbst wenn er eine Befundung vorgenommen hätte, die brandursächliche Normwidrigkeit nicht hätte erkennen können, weshalb der erste Senat den Kausalzusammenhang zwischen dem fehlenden Befund und dem Brand verneinte.
1.7. Die Haftung gegen den Erstbeklagten ist daher zu bejahen.
2. Zur Haftung der Zweit- und des Drittbeklagten:
2.1. Die Zweitbeklagte hat einen ebenso ursächlichen Beitrag im Sinne des § 1301 ABGB für den gesamten Brandschaden geleistet (vgl RS0026600; RS0026674; zur Solidarhaftung von Bauaufsicht und Ausführenden vgl etwa 3 Ob 55/12b):
Zunächst war der Erstbeklagte nur durch die ständige Zusammenarbeit mit der Zweitbeklagten unter Missachtung gewerberechtlicher Vorschriften (vgl etwa § 1 Abs 1 und 2, §§ 15, 16, 38, 94 Z 30 GewO 1994) durch deren Unterstützung in Form der für die Werkbesteller zwingend notwendigen Endbefunde und die offiziell über die Zweitbeklagte abgerechneten Arbeitsleistungen in der Lage, seine Dienste am Markt anzubieten.
Dabei kann auf sich beruhen, ob bzw inwiefern diese gewerberechtlichen Normen auch den Schutz der Kunden (bzw deren absolut geschützter Güter wie das Eigentum) der Gewerbetreibenden bezwecken (vgl dazu RS0116053; 8 Ob 57/17s = RS0131717). Denn der vorgeschriebene (positive) Endbefund des Hafners bei Fertigstellung eines Ofens soll den Stand der Technik (und somit die Betriebssicherheit) im jeweils konkreten Fall sicherstellen und bezweckt somit jedenfalls (auch) den Schutz der Güter der Personen, die von Mängeln des Gewerks betroffen sein können (hier des Auftraggebers).
Wenn die Zweitbeklagte diese Endbefundung hier übernahm, war sie verpflichtet, in welcher Weise auch immer sicherzustellen, dass der Ofen tatsächlich dem Stand der Technik entsprach, was hier evidentermaßen nicht der Fall war (weshalb der Endbefund falsch war). Hätte sie diesen Pflichten genügt, wäre der Schaden nicht eingetreten. Da keine Gründe dafür ersichtlich waren, aus denen der Zweitbeklagten eine regelmäßige Kontrolle unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, trifft sie auch ein Verschulden an der Unterlassung.
2.2. Ob die Zweitbeklagte mit dem Versicherungsnehmer in einem Vertragsverhältnis stand, ist für deren Haftung irrelevant, weil sie kraft Eingriffs in das absolut geschützte Eigentumsrecht des Versicherungsnehmers (Almhütte) deliktisch haftet (vgl RS0010350 [T1]). Entgegen der Rechtsauffassung der Zweitbeklagten liegt nämlich kein bloßer – nicht ersatzfähiger – Vermögensschaden des klagenden Versicherers vor, weil dieser ja nur den gemäß § 67 VersVG auf ihn übergegangenen Anspruch des Versicherungsnehmers auf Ersatz des Sachschadens geltend macht.
2.3. Die Zweitbeklagte stützt sich in ihrer Revisionsbeantwortung schließlich auf die (in RS0112778 indizierten) Entscheidungen zur (nicht gegebenen) Haftung des „Scheinbauführers“ (2 Ob 266/99b, 2 Ob 292/01g, 10 Ob 292/02t, 2 Ob 277/08m, 8 Ob 8/17k). Danach gilt: Wer sich gegenüber der Behörde eines „Scheinbauführers“ bedient (der den Bau nach dem Willen der Beteiligten eben nicht ausführen soll), kann diesen nicht wegen Verstoßes gegen die Bauordnung für die planwidrige und konsenswidrige Bauführung des tatsächlich beauftragten Bauführers haftbar machen (RS0112778).
Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch von diesen Entscheidungen mehrfach:
2.3.1. In 2 Ob 266/99b, 2 Ob 292/01g, 10 Ob 292/02t und 2 Ob 277/08m war von Anfang an vereinbart, dass der Scheinbauführer in Wahrheit (zivilrechtlich) keine Verpflichtung übernehmen sollte. Im vorliegenden Fall wusste der Versicherungsnehmer als Auftraggeber bis zur Fertigstellung der Öfen gar nicht, dass der Erstbeklagte (mangels eigener Gewerbeberechtigung) die verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen konnte. Dass der Versicherungsnehmer grundsätzlich die gesetzlichen Vorschriften eingehalten haben wollte, ergibt sich daraus, dass er ja grundsätzlich auch bereit war, die nötige Bestätigung des Rauchfangkehrers einzuholen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass er auf die nötige Endbefundung eines Hafnermeisters verzichten wollte. Wenn aber der Erstbeklagte diese Voraussetzung nicht erfüllen konnte, kann die Feststellung, der Versicherungsnehmer sei nie von (vergangenen oder zukünftigen) Leistungen der Zweitbeklagten ausgegangen, nur auf die eigentlichen Werkleistungen, nicht aber auf den Endbefund bezogen werden.
2.3.2. In 2 Ob 266/99b, 2 Ob 292/01g und 10 Ob 292/02t lag – anders als hier im unrichtigenEndbefund – kein unrichtiger Plan oder eine unrichtige Bestätigung des Scheinbauführers vor.
2.3.3. In den Entscheidungen 2 Ob 266/99b, 10 Ob 292/02t und 2 Ob 277/08m ging es um bloße Vermögensschäden, hier jedoch um einen Sachschaden am Eigentum.
2.3.4. Die Entscheidung 8 Ob 8/17k ist mangels hinreichend wiedergegebenen Sachverhalts nicht aussagekräftig.
2.3.5. Zusammengefasst ist somit die Rechtsprechung zum „Scheinbauführer“ nicht geeignet, die Zweitbeklagte zu entlasten.
2.4. Die Haftung des Drittbeklagten ergibt sich aus § 128 iVm § 161 Abs 2 UGB.
3. Mitverschulden des Versicherungsnehmers:
Aus dessen Wissen, dass der Erstbeklagte nicht über die notwendige Gewerbeberechtigung verfügte, musste er noch nicht schließen, dass dieser den Ofen nicht sach- und fachgerecht errichtet hatte, zumal er ja den positiven Endbefund der Zweitbeklagten, die die entsprechende Gewerbeberechtigung hatte, bekommen hatte. Dazu kommt, dass der Erstbeklagte selbst den Ofen mehrmals trocken heizte, woraus er ebenfalls auf eine ausreichende Betriebssicherheit schließen durfte und so zum naheliegenden Schluss kam, die Bestätigung des Rauchfangkehrers sei nicht so dringend. Schließlich war er zu dessen Befassung ohnedies bereit, schob dies jedoch lediglich auf. Sofern man somit in der nicht umgehenden Einschaltung eines Rauchfangkehrers zur Erlangung der notwendigen Bestätigung überhaupt ein Mitverschulden erblicken wollte, wäre es gegenüber den groben Sorgfaltswidrigkeiten des Erst- und der Zweitbeklagten zu vernachlässigen.
4. Da alle Beklagten somit haften und ein (relevantes) Mitverschulden des Versicherungsnehmers nicht vorliegt, war das erstgerichtliche Urteil im angefochtenen Umfang wiederherzustellen.
5. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Bemessungsgrundlage beträgt sowohl im Berufungs- als auch im Revisionsverfahren 149.648,96 EUR.
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