OGH 5Ob55/19b

OGH5Ob55/19b31.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. B*, vertreten durch Mag. Bettina Breitmeyer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. M*, vertreten durch Dr. Kurt L. Breit, Dr. Thomas Mayr, Rechtsanwälte in Wien, wegen Beseitigung und Unterlassung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 9. Jänner 2019, GZ 35 R 252/18w‑39, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 28. Juni 2018, GZ 10 C 271/15g‑35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E125912

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es lautet:

„Die Klagebegehren, die beklagte Partei sei gegenüber der klagenden Partei schuldig,

binnen vier Wochen die von ihr vorgenommenen baulichen Veränderungen auf allgemeinen Teilen der Liegenschaft EZ * KG *, im Innenhof zwischen den Wohnungen top Nr 45 (WI/1/45) und top 42 (WI/1/42) rückzubauen, somit das dort befindliche Fenster auszubauen, das Loch in der Mauer zu schließen, das Mauerwerk zu verputzen und die Fassade neu auszumalen, sowie

ab sofort sämtliche baulichen Maßnahmen zum Einbau eines Fensters oder einer Öffnung in allgemeinen Teilen der Liegenschaft EZ * KG *, im Innenhof zwischen der Wohnung top Nr 45 (WI/1/45) und Wohnung top Nr 42 (WI/1/42) zu unterlassen, werden abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.348,84 EUR (darin enthalten 1.122,72 EUR USt und 2.612,50 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit 2.264,88 EUR (darin enthalten 1.431 EUR Pauschalgebühr und 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * KG *, mit dem darauf errichteten Objekt *. Mit den Miteigentumsanteilen der Klägerin ist Wohnungseigentum an der auf Stiege I im zweiten Stock gelegenen Wohnung top Nr 42 verbunden. Der Beklagte hat seine Miteigentumsanteile, mit welchen Wohnungseigentum am Objekt top Nr 45 verbunden ist, mit Kaufvertrag vom 4. 3. 2015 erworben. Ende Juli 2015 ließ er in die Trennmauer zu dem zwischen den beiden Wohnungen gelegenen Lichthof ein Fenster zum Abstellraum seiner Wohnung einbauen.

Die Klägerin erwarb ihre Miteigentumsanteile mit Kaufvertrag vom 31. 10. 1995 von der damaligen Alleineigentümerin, wobei zum damaligen Zeitpunkt Wohnungseigentum noch nicht begründet war. Im Kaufvertrag wurde daher festgehalten, dass mit ihren Anteilen das Recht zur Begründung von Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr 42 verbunden ist, und ihr das Recht zur alleinigen Nutzung der Wohnung Stiege I top Nr 42 eingeräumt. Die übrigen Wohnungen und auch gemeinsame Flächen, sofern sie nicht der Nutzung der gegenständlichen Wohnung dienten, verblieben demgegenüber in der Verfügungsgewalt der Verkäuferin, der nach dem Vertrag auch das Recht zukam, diese zu veräußern, ohne dass der Erwerberin ein Ausgleichsanspruch zustehen sollte. Darüber hinaus wurde festgehalten, dass die Verkäuferin berechtigt ist, im Einzelnen genannte Um‑ und Ausbauarbeiten vorzunehmen, und die Käuferin bereits vorweg erklärt, diesen und einer sich daraus ergebenen Anpassung des Nutzwerts ihrer Wohnung unentgeltlich zuzustimmen. Punkt VII der Vertragsurkunde enthielt die Verpflichtung der Vertragsparteien zum Abschluss eines Wohnungseigentumsübereinkommens zwischen ihnen und den übrigen gegenwärtigen oder künftigen Miteigentümern der Liegenschaft.

Mit Bescheid vom 26. 6. 1996 bewilligte die Baubehörde aufgrund eines Einreichplans umfangreiche Um- und Ausbauarbeiten auf der Liegenschaft. Dieser Einreichplan beinhaltete auch Arbeiten in der späteren Wohnung des Beklagten top Nr 45. Unter anderem war in einem Raum der Wohnung die Schaffung eines Fensters mit einer Breite von 110 cm und einer Höhe von 188 cm in den Lichthof vorgesehen. Mit Bescheid vom 24. 9. 1998 bewilligte die Baupolizei der Klägerin aufgrund eines (eigenen) Einreichplans bauliche Änderungen in der Wohnung top Nr 42. In diesem war unter anderem das (klagegegenständliche) Fenster zum Lichthof in der Wohnung top Nr 45 dargestellt, was dem Baukonsens zu diesem Zeitpunkt entsprochen hat.

Nach dem zu TZ 337/2000 Wohnungseigentum an den einzelnen Objekten der Liegenschaft begründet worden war, erstreckte die Baubehörde die Gültigkeit der ursprünglichen Baubewilligung vom 26. 6. 1996 mit Bescheid vom 28. 11. 2002 bis zum 31. 10. 2003. Bis zum Ablauf der verlängerten Fertigstellungsfrist waren die mit Bescheid vom 26. 6. 1996 bewilligten Bauarbeiten großteils fertiggestellt. Das Fenster aus der Wohnung top Nr 45 in den Lichthof zwischen den Wohnungen der Streitteile war jedoch nicht errichtet worden.

Nach dem der Beklagte die mit der Wohnung top Nr 45 verbundenen Miteigentumsanteile im Jahr 2015 erworben hatte, ließ er in der Wohnung umfangreiche Bauarbeiten durchführen. Die Baubehörde bewilligte das Bauvorhaben gemäß § 70 der Wiener Bauordnung. In dem zugrundeliegenden Plan war das Fenster in den Lichthof als Bestand mit den Maßen 110 cm (Breite) mal 188 cm (Höhe) eingezeichnet. Das letztlich mit diesen Maßen in die Wand zum Lichthof eingebaute Fenster liegt entgegen der Plandarstellung nicht etwa in der Mitte der Wand, sondern ist (aus der Wohnung des Beklagten gesehen) etwa 17 bis 27 cm nach links versetzt.

Bereits vor dem Kauf der Wohnung durch den Beklagten und auch danach hat sich die Klägerin gegen die Schaffung eines Fensters aus der Wohnung des Beklagten in den Lichthof ausgesprochen, weil sie eine Beeinträchtigung ihrer Wohnqualität, insbesondere der Privatsphäre im Badezimmer, dessen Fenster sich auf der anderen Seite des nur etwa vier Meter breiten Lichthofs befindet, befürchtete.

Die Klägerin begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, die bauliche Veränderung in der Mauer zum Innenhof zwischen den Wohnungen top Nr 45 und top Nr 42 rückzubauen und bauliche Maßnahmen zum Einbau eines Fensters oder einer Öffnung ab sofort zu unterlassen. Beide Wohnungen befänden sich im zweiten Stock des Gebäudes, wobei das Fenster ihres Badezimmers in den kleinen Innenhof gehe und dem vom Beklagten eingebauten Fenster gegenüber liege. Sie habe wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Zustimmung zum Einbau dieses Fensters zum Innenhof verweigere. Dennoch habe der Beklagte den Einbau vorgenommen, ohne die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer sowie eine Baubewilligung einzuholen. Die mit Bescheid vom 26. 6. 1996 (auch in der nunmehrigen Wohnung des Beklagten) bewilligten Umbauarbeiten seien bis zum Ablauf der verlängerten Frist nicht abgeschlossen worden. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine etwaige Zustimmung vor 20 Jahren noch immer Gültigkeit besitze. Das Fenster sei zudem nicht wie in den ursprünglichen Plänen vorgesehen mittig, sondern horizontal versetzt eingebaut worden. Ein wichtiges Interesse des Beklagten am Einbau dieses Fensters liege nicht vor, weil er den dadurch belichteten Raum als Schrankraum nutze.

Der Beklagte wendete ein, er habe das Fenster entsprechend der aufrechten Bewilligung mit Zustimmung sämtlicher Eigentümer eingebaut. Auch die Klägerin habe in ihrem Kaufvertrag die Zustimmung zu sämtlichen Baumaßnahmen erteilt. Die mit Bescheid vom 26. 6. 1996 bewilligten planlichen Darstellungen bildeten bis heute den amtlichen Konsens. Durch den Einbau des Fensters habe er daher lediglich den konsensmäßigen Zustand hergestellt. Letztlich handle es sich dabei um eine bagatellhafte Umgestaltung, weil das Fenster in den von außen nicht einsehbaren Lichtschacht führe, sodass eine Zustimmung der übrigen Mit‑ und Wohnungseigentümer nicht erforderlich sei. Eine Beschwer der Klägerin, weil das Fenster um wenige Zentimeter horizontal versetzt sei, könne nicht nachvollzogen werden. Darüber hinaus habe er die Fensterscheibe mit blickdichter Folie verklebt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Baubewilligung vom 26. 6. 1996 sei nach Verlängerung mit Ablauf des 31. 10. 2003 als konsumiert anzusehen, sodass der Einbau des Fensters ohne aufrechte Bewilligung und ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer erfolgt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Einbau des Fensters durch den Beklagten sei 19 Jahre nach der Baubewilligung und ca 12 Jahre nach dem definitiven Ablauf der durch die Baubehörde zwei Mal verlängerten Fertigstellungsfrist durchgeführt worden. Anders als in den Fällen, in denen Umbauarbeiten mit Zustimmung des ehemaligen Alleineigentümers tatsächlich ausgeführt würden und daher einer Genehmigung der Einzelrechtsnachfolger nicht mehr bedürften, sei der Klägerin darin beizupflichten, dass von einer jahrzehntelangen Bindung an die Zustimmung des Rechtsvorgängers ohne tatsächliche Ausführung der bewilligten Arbeiten nicht ausgegangen werden könne. Anderes könnte nur gelten, wenn die Zustimmung des Voreigentümers an die Einzelrechtsnachfolger vertraglich überbunden worden wäre, was aber nicht behauptet worden sei. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Klägerin in ihrem Kaufvertrag mit der ursprünglichen Alleineigentümerin auch dem Einbau eines Fensters in den Lichthof zugestimmt habe, ergebe sich aus dem Vertrag keine Erstreckung der Berechtigung auf den Rechtsnachfolger der Verkäuferin. Somit wäre gegebenenfalls die Klägerin zwar gegenüber der ursprünglichen Alleineigentümerin an ihre Zustimmung gebunden, nicht jedoch gegenüber dem Beklagten. Der von der Klägerin den Umbauarbeiten in ihrer Wohnung im Jahre 1998 zugrunde gelegte Einreichplan habe lediglich den damaligen Baukonsens wiedergegeben. Da sich die Klägerin sowohl vor dem Kauf der Wohnung durch den Beklagten als auch danach gegen die Schaffung eines Fensters zum Lichthof ausgesprochen habe, könne aus der Vorlage dieses Einreichplans eine Zustimmung oder Akzeptanz dieser Baumaßnahme nicht abgeleitet werden. Grundsätzlich seien baubehördliche Bewilligungen für die zivilrechtliche Beurteilung der Frage, ob ein Wohnungseigentümer eine eigenmächtige Baumaßnahme rückführen müsse, nicht entscheidend. Daher komme es nicht darauf an, ob die im Jahr 1996 erteilte Baubewilligung den vom Beklagten im Mai 2015 vorgenommenen Fenstereinbau decke. Letztlich sei das Fenster auch nicht entsprechend diesem Plan errichtet worden.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Bindung eines Wohnungseigentümers als Einzelrechtsnachfolger an die Zustimmung seines Rechtsvorgängers zu Bauvorhaben, die jahrzehntelang nicht umgesetzt worden seien, nicht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin beantwortete Revision des Beklagten ist zulässig, weil dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen ist; sie ist auch berechtigt.

1. Jede Änderung an einem Wohnungseigentumsobjekt, die eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte, bedarf der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer oder der Genehmigung durch den Außerstreitrichter in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG (RIS‑Justiz RS0101801 [T5]; RS0083132 [T7; T10]).

2.1 Gegen einen Wohnungseigentümer, der eigenmächtig, also ohne vorige Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer, Änderungen einschließlich Widmungsänderungen im Sinn des § 16 Abs 2 WEG vornimmt, kann nach ständiger Rechtsprechung jeder einzelne Wohnungseigentümer im streitigen Rechtsweg mit Klage nach § 523 ABGB vorgehen. Der Streitrichter hat in einem solchen Fall die Genehmigungsbedürftigkeit und Eigenmacht der Änderung als Vorfrage für die Berechtigung eines Unterlassungs‑, Beseitigungs‑ und Wiederherstellungsbegehrens zu prüfen (RS0083156 [T5; T20]).

2.2 Der in § 16 Abs 2 WEG verwendete Begriff „Änderungen“ ist grundsätzlich weit auszulegen (RS0083108 [T1]; RS0083132). Für die Beurteilung, ob eine Maßnahme eine genehmigungspflichtige Änderung im Sinn des § 16 Abs 2 WEG bewirkt, ist auf den bestehenden Zustand des betreffenden Objekts abzustellen. Prüfmaßstab ist der aktuelle rechtmäßige Bestand. Der Oberste Gerichtshof hat daher bereits ausgesprochen, dass im Fall einer baulichen Umgestaltung des ursprünglichen Objekts zur Beurteilung dieser Frage ein Rückgriff auf die der Maßnahme zugrundeliegende vertragliche Einigung der Mit‑ und Wohnungseigentümer erforderlich ist (5 Ob 9/16h; zur Widmungsänderung: RS0101800 [T1]). Daher begründet die Wiederherstellung des vor einem eigenmächtigen Umbau bestandenen Zustands und die dafür notwendigen Maßnahmen keine genehmigungspflichtige „Änderung“ im Sinn des § 16 Abs 2 WEG, weil dadurch lediglich der dem zugrundeliegenden Wohnungseigentumsvertrag entsprechende Zustand (wieder) hergestellt wird (3 Ob 148/10a; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht WEG4 § 16 Rz 21a). Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob eine genehmigungsbedürftige Änderung im Sinn des § 16 Abs 2 WEG vorliegt, ist damit der vertragliche Konsens der Mit- und Wohnungseigentümer. Nur solche Maßnahmen, die vom ursprünglichen Konsens nicht erfasst sind, fallen unter § 16 Abs 2 WEG. Hingegen ist die baubehördliche Bewilligung einer (eigenmächtigen) Änderung an Wohnungseigentumsobjekten für die Beurteilung des zivilrechtlichen Untersagungsrechts ohne Bedeutung (RS0083330). Eigenmächtige Änderungen können, wenn sie schutzwürdige Interessen anderer Wohnungseigentümer verletzen, auch dann untersagt werden, wenn sie baubehördlich genehmigt sind.

3.1 Wohnungseigentum wird durch die Einverleibung in das Grundbuch erworben. Nach § 12 Abs 2 WEG 1975 in der damals geltenden Fassung (entspricht nunmehr § 6 WEG 2002) waren dem Antrag auf Einverleibung die schriftliche Vereinbarung der Miteigentümer über die Einräumung des Wohnungseigentums (Z 1), die Bescheinigung der Baubehörde oder ein Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen für das Hochbau- oder das Immobilienwesen über den Bestand an selbständigen Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten (Z 2) und das Gutachten über die Nutzwertberechnung oder die rechtskräftige Entscheidung über die Festsetzung der Nutzwerte (Z 3) beizulegen. Die Bescheinigung der Baubehörde konnte dabei bereits aufgrund der behördlich bewilligten Baupläne ausgestellt werden. Erstellte ein Ziviltechniker oder Sachverständiger ein solches Gutachten, war die Baubehörde zu verständigen. Da der behördlich bewilligte Bauplan für die Berechnung der Nutzflächen nach § 6 Abs 2 WEG 1975 sowie für die Bescheinigung der Baubehörde nach § 12 Abs 2 Z 2 WEG 1975 vorliegen musste, hätte sein Fehlen indirekt ein Hindernis für die Einverleibung des Wohnungseigentums begründet und zur Abweisung eines entsprechenden Grundbuchsgesuchs geführt (5 Ob 435/97z; 5 Ob 31/99s).

3.2 Die Einverleibung des Wohnungseigentums an der gegenständlichen Liegenschaft erfolgte zu TZ 337/2000 spätestens am 1. 2. 2000. Zu diesem Zeitpunkt waren die Baumaßnahmen zur Herstellung von Wohnungseigentumsobjekten im Dachgeschoss sowie durch Teilung oder Zusammenlegung von Einheiten, wie sie unter anderem mit Bescheid vom 26. 6. 1996 baubehördlich genehmigt worden waren, noch nicht abgeschlossen, weswegen die Fertigstellungsfrist mit Bescheid der Baubehörde bis 31. 10. 2003 verlängert wurde. Ob ein Gutachten eines Ziviltechnikers oder Sachverständigen schon auf der Grundlage der behördlich bewilligten Baupläne erfolgen konnte, war nach dem WEG 1975 zwar fraglich (vgl Vonkilch aaO § 6 WEG Rz 12), muss aber im vorliegenden Kontext nicht näher untersucht werden. Der für die Begründung des Wohnungseigentums erforderlichen Bescheinigung der Baubehörde oder einem Gutachten gemäß § 12 Abs 2 Z 2 WEG 1975 konnte ebenso nur der mit Bescheid vom 26. 6. 1996 behördlich bewilligte Bauplan zugrunde liegen, wie der für die Einverleibung erforderlichen Berechnung der Nutzflächen nach § 6 Abs 2 WEG 1975. Unter Berücksichtigung von Zu- und/oder Abschlägen floss die Nutzfläche gemäß § 5 Abs 1 WEG 1975 in den Nutzwert ein, dessen Verhältnis zum Nutzwert aller Wohnungseigentumsobjekte den für den Erwerb von Eigentum an einem Objekt erforderlichen Mindestanteil nach § 3 Abs 1 WEG 1975 bildete. Da feststeht, dass das Wohnungseigentum auf einer schriftlichen Vereinbarung der Miteigentümer (Wohnungseigentumsübereinkommen) beruht, ist der mit Bescheid vom 26. 6. 1996 bewilligte Bauplan, der unter anderem ein Fenster von der nunmehrigen Wohnung des Beklagten top Nr 45 in den Lichthof vorsieht, letztlich in die vertragliche Einigung der Mit‑ und Wohnungseigentümer über die Einräumung von Wohnungseigentum eingeflossen.

3.3 Ausgehend davon, dass sich der mit 26. 6. 1996 bewilligte Bauplan über den Nutzwert bzw den Mindestanteil indirekt im Vertrag über die Begründung von Wohnungseigentum niederschlägt, bildet der diesem Plan entsprechende Bauzustand den vertraglichen Konsens bei der Begründung von Wohnungseigentum. Eine vom ursprünglichen Vertrag abweichende Vereinbarung aller Mit- und Wohnungseigentümer hat die Klägerin nicht behauptet. Baumaßnahmen, die der Herstellung des durch den Plan dokumentierten Zustands dienen, begründen daher auch keine Veränderung des rechtmäßigen Bestands und damit keine genehmigungspflichtige Änderung im Sinn des § 16 Abs 2 WEG. Fragen nach der Bindung eines Wohnungseigentümers an eine Zustimmung seines Rechtsvorgängers (vgl dazu 5 Ob 219/16s; Prader/Malaun, immolex 2008, 134; Vonkilch aaO § 16 WEG Rz 58) und damit die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage stellen sich demgegenüber nicht.

4.1 Auch die übrigen Argumente der Klägerin führen nicht zum Erfolg:

4.2 Grundsätzlich kann auf jedes Recht verzichtet werden, sofern es nicht nach seiner Zweckbestimmung unverzichtbar sein muss oder der Verzicht durch positive Gesetzesanordnung ausgeschlossen ist (RS0033976). Für die Beurteilung eines konkludent erklärten Verzichts ist nicht das Vorhandensein einer entsprechenden Absicht, sondern allein der Eindruck maßgebend, den der Erklärungsempfänger von der Erklärung und dem Gesamtverhalten seines Partners haben muss (RS0014236). Ein solcher Verzicht darf aber immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist. Hingegen ist bloße Untätigkeit des Berechtigten für sich allein noch kein Grund, einen Verzicht anzunehmen (RS0014190 [T9]). Weder der Umstand, dass die Baubewilligung mit 31. 10. 2003 abgelaufen ist, noch der bloße Verlauf der Zeit rechtfertigen die Annahme eines Verzichts auf das Recht zur Herstellung eines der vertraglichen Einigung aller Mit‑ und Wohnungseigentümer entsprechenden Zustands.

4.3 Nach der Rechtsprechung bedarf lediglich eine gravierende Änderung von Baumaßnahmen, denen die übrigen Wohnungseigentümer ursprünglich zugestimmt haben, einer neuerlichen Willensbildung der Wohnungseigentümer (vgl dazu RS0127250 = 5 Ob 143/11g). Hingegen kann eine ergänzende Vertragsauslegung ergeben, dass geringfügige Änderungen, insbesondere solche, die ihre Ursache in einer notwendigen Anpassung an tatsächliche bauliche Gegebenheiten hatten, von der ursprünglichen Zustimmung gedeckt sind (vgl 4 Ob 109/11z). Nach den Feststellungen wurde das Fenster in die Außenmauer zum Lichthof zwar nicht, wie im genehmigten Bauplan mittig, sondern um ca 17 bis 27 cm versetzt eingebaut. Darin kann aber keine relevante Abweichung erkannt werden. Weder ist das äußere Erscheinungsbild des Hauses berührt, noch liegt allein in diesem Umstand eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Klägerin, weil die von ihr als Beeinträchtigung empfundene Sicht auf ihr Badezimmerfenster davon in keiner Weise berührt ist.

5. Da sich die Klägerin auf eine Änderung der ursprünglich der Wohnungseigentumsbegründung zugrunde liegenden Vereinbarung, der indirekt auch der mit Bescheid vom 26. 6. 1996 behördlich bewilligte Bauplan zugrunde lag, durch alle Mit‑ und Wohnungseigentümer nicht berufen kann und ein Verzicht auf das Recht zur Herstellung des vereinbarungsgemäßen Zustands durch den Beklagten oder seine Rechtsvorgänger nicht zu erkennen ist, liegt entgegen der Ansicht der Klägerin in der vom Beklagten vorgenommenen Maßnahme auch keine genehmigungspflichtige Änderung im Sinn des § 16 Abs 2 WEG. Das führte in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Abweisung ihrer Begehren.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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