European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E125872
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen deren mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten seiner Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
Der Kläger ist gemeinsam mit seiner am Verfahren nicht beteiligten Partnerin Miteigentümer von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum an einer Wohnung und einem Kfz‑Abstellplatz verbunden ist. Die Beklagte ist die Wohnungseigentumsorganisatorin. Die Wohnungseigentumsbegründung erfolgte auf Basis einer vorläufigen Nutzwertberechnung einer Ziviltechniker GmbH.
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Unterlassung der Organisation des Wohnungseigentums in der Wohnhausanlage auf Basis eines Nutzwertgutachtens, in dem die Zuschläge und Abstriche aus der vorläufigen Nutzwertberechnung zur Gänze unverändert übernommen werden oder der Zuschlag Z 2 von 5 % für Wohnung mit zweitem WC für Wohnungen mit mehr als 116 m2 Nutzfläche übernommen wird. Im Eventualbegehren strebt er die Unterlassung der Organisation des Wohnungseigentums auf Basis eines Nutzwertgutachtens an, in dem für Wohnungen mit mehr als 116 m2 Nutzfläche, die über ein Bad und zwei WC verfügen, von denen sich jedoch eines im Bad befindet, nicht der Abstrich von mehr als 0,5 % wegen des wertvermindernden Umstands der auf den auf m2 Nutzfläche bezogenen schlechteren Nutzungsmöglichkeiten (Wohnungsgröße mit über 116 m2 Nutzfläche; auf den m2 Nutzfläche bezogen schlechtere Ausstattung mit Sanitäreinrichtungen, weil trotz der Größe der Wohnung nur ein Bad verbunden mit lästigen langen Wartezeiten für Badebenützung vorhanden ist und zwar die gleiche Anzahl von WC pro m2 wie bei halb so großen Wohnungen vorhanden ist, wobei jedoch ein WC im Bad mit entsprechender Nutzungseinschränkung und Geruchsbelästigung situiert ist) angesetzt wird.
Das Erstgericht wies beide Begehren ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteige, nicht aber 30.000 EUR. Die ordentliche Revision ließ es nicht zu. Ein Anspruch des Klägers auf Organisation des Wohnungseigentums am Objekt auf eine bestimmte Art und Weise stehe ihm weder nach dem Kaufvertrag noch nach dem WEG zu.
In seinem dagegen erhobenen Rechtsmittelschriftsatz begehrte der Kläger zunächst die Berichtigung der Berufungsentscheidung durch eine Ergänzung dahin, dass die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs bejaht werde, hilfsweise gemäß § 40a JN auszusprechen, dass die Rechtssache im streitigen Rechtsweg zu behandeln und zu erledigen ist, hilfsweise den Spruch dahin zu berichtigen, dass die Klage wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs zurückgewiesen und das bisherige Verfahren für nichtig erklärt werde. Da das Berufungsgericht die Auffassung vertrete, dass das Begehren des Klägers im außerstreitigen Verfahren zu behandeln sei, liege in Wahrheit ein Beschluss des Berufungsgerichts vor. Dagegen erhob er Rekurs an den Obersten Gerichtshof, in dem er beantragte die Berufungsentscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung des Klägers unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen. Letztlich beantragte der Kläger auch die Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO und verband damit die Ausführung der ordentlichen Revision.
Das Berufungsgericht wies mit seinem Beschluss vom 10. April 2019, GZ 60 R 147/18z‑26, den Abänderungsantrag samt der ordentlichen Revision mangels Stichhältigkeit nach § 508 Abs 4 ZPO zurück. Den Antrag auf Ergänzung bzw Berichtigung der Berufungsentscheidung wies es mit der Begründung ab, aus der Berufungsentscheidung ergebe sich eindeutig, dass das Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung in der Sache selbst mit Urteil bestätigt habe. Die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs sei für das – inhaltlich unberechtigte – Unterlassungsbegehren des Klägers gegeben gewesen, einen gesonderten Ausspruch hierüber sehe die ZPO im hier zu beurteilenden Fall nicht vor. Letztlich ziele der Berichtigungsantrag des Klägers darauf ab, eine andere Entscheidung zu fällen, dafür steht das Berichtigungsverfahren nicht zur Verfügung.
Nachdem die Akten zur Entscheidung über den vom Kläger erhobenen Rekurs gegen das Berufungsurteil dem Obersten Gerichtshof vorgelegt worden waren, wies das Erstgericht mit Beschluss vom 24. Mai 2019, GZ 15 C 420/18a‑28, den vom Kläger gegen den Beschluss des Berufungsgerichts vom 10. April 2019 erhobenen Rekurs des Klägers als absolut unzulässig zurück.
Der – von der Beklagten beantwortete – „Rekurs“ des Klägers gegen das Berufungsurteil vom 11. Februar 2019 ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach ständiger Rechtsprechung setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer voraus, weil es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, rein theoretische Fragen zu entscheiden (RIS‑Justiz RS0002495; Kodek in Rechberger, ZPO5 Vor § 461 Rz 17 mwN). Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Beschwer (RS0041868; RS0006497). Sie liegt vor, wenn der Rechtsmittelwerber in seinem Rechtsschutzbegehren durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt wird, er also ein Bedürfnis auf Rechtsschutz gegenüber der angefochtenen Entscheidung hat (RS0041746; RS0043815). Ist dies nicht der Fall, ist das Rechtsmittel auch dann zurückzuweisen, wenn die Entscheidung formal vom Antrag abweicht (RS0041868 [T14, T15]). Kann ein Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch eine Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht mehr erreichen, dann fehlt es am notwendigen Rechtsschutzinteresse (RS0002495 [T43, T78]). Die Beschwer muss zum Zeitpunkt des Einlangens des Rechtsmittels gegeben sein und zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen; andernfalls ist das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (RS0041770; RS0006880; jüngst 3 Ob 18/18w).
2. Abgesehen davon, dass hier ein – weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels an sich beeinflussendes (RS0036324) – Vergreifen in der Entscheidungsform durch das Berufungsgericht nicht ersichtlich ist, ist die Beschwer des Klägers an der Klärung dieser Frage mittlerweile jedenfalls weggefallen, weil das Verfahren bereits rechtskräftig beendet ist. Der vom Berufungsgericht im Zusammenhang mit der begehrten Urteilsberichtigung und ‑ergänzung gefasste Beschluss ist ein im Berufungsverfahren ergangener Beschluss, gegen den gemäß § 519 ZPO ein Rekurs unstatthaft ist (RS0041738). Den Zulassungsantrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Der im Gesetz angeordnete Rechtsmittelausschluss wirkt in einem solchen Fall absolut (RS0111234). Dieser Rechtsmittelausschluss kann auch nicht durch ein (weiteres) Rechtsmittel umgangen werden (vgl RS0111234 [T7, T8]). Die in weiterer Folge erhobenen unzulässigen Rechtsmittel des Klägers vermochten den Eintritt der Rechtskraft nicht zu hindern (RS0000190). Die vom Kläger im Rekurs angestrebte Aufhebung der Berufungsentscheidung zum Zweck der Sachentscheidung kommt schon wegen der mittlerweile rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht in Betracht.
3. Der Rekurs des Klägers war daher als unzulässig zurückzuweisen.
4. Da die Beklagte auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat, hat ihr der Kläger gemäß §§ 41, 50 ZPO die tarifgemäß verzeichneten Kosten ihrer Rekursbeantwortung zu ersetzen (RS0124565).
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