European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00139.18G.0429.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.284,74 EUR (darin enthalten 380,79 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Grundsätze der objektiven Klagenhäufung angewendet. Dafür ist entscheidend, ob – wie es hier der Fall ist – die einzelnen Schadenspositionen ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können (4 Ob 137/17a mwN; 2 Ob 221/17i). Davon ausgehend ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Klagebegehren sei unschlüssig, nicht korrekturbedürftig (vgl 2 Ob 221/17i).
2. Dass die Schlüssigkeit des Klagebegehrens weder vom Erstgericht geprüft noch von der Beklagten in ihrer Berufung thematisiert wurde, hinderte entgegen den Revisionsausführungen das Berufungsgericht nicht, diesen Aspekt aufzugreifen. Die mangelnde Schlüssigkeit des Klagsvorbringens ist bei erhobener Rechtsrüge im Rahmen der gebotenen allseitigen rechtlichen Prüfung des Sachverhalts wahrzunehmen (RS0037854; vgl auch RS0035027; RS0036355 [T6]; RS0115575).
3. Ein Klagebegehren ist rechtlich schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RS0037516; RS0037780). Auf die Feststellungen kommt es für die Frage der Schlüssigkeit des Klagebegehrens entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht an.
4. Der Kläger wirft dem Berufungsgericht vor, mit seiner Begründung für die Abweisung (Unschlüssigkeit) eine Überraschungsentscheidung gefällt und somit gegen die Erörterungspflichten gemäß §§ 182, 182a ZPO verstoßen zu haben.
Schon das Berufungsgericht hat auf jene Rechtsprechung verwiesen, wonach § 182a ZPO nichts daran geändert hat, dass es keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen bedarf, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Pflicht nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufzeigte (RS0122365; RS0037300 [T41]; vgl zuletzt 1 Ob 94/18g ErwGr 4.3).
Angesichts der zweimaligen substanziierten und klaren Einwendung der Unschlüssigkeit durch die Beklagte ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts nicht korrekturbedürftig, eine Erörterung der (auch ohne Einwendung leicht erkennbaren) Unschlüssigkeit des Klagebegehrens sei zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung nicht erforderlich gewesen.
5. Welche Rechtsansicht der deutsche Bundesgerichtshof zur Frage der Erörterungspflicht bei Unschlüssigkeit vertritt, ist (auch angesichts der bestehenden, zitierten österreichischen oberstgerichtlichen Rechtsprechung) für das österreichische Prozessrecht irrelevant.
6. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Revisionsgegnerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)