European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00024.19Z.0411.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung des Angeklagten Simion F***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen im Übrigen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Grigor S***** und Simion F***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung, wurden mit dem angefochtenen Urteil, das auch Schuldsprüche der Mitangeklagten Daniel S***** und Vasile S***** enthält, Grigor S***** (zu II./1./ bis 13./; III./a./ und b./; V./1./ bis 10./) und Simion F***** (zu I./1./ bis 8./; II./1./ bis 13./; III./a./ und b./; IV./; V./1./ bis 10./) jeweils des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie von Jänner bis Juli 2016 unter Beteiligung (§ 12 dritter Fall StGB) weiterer im Urteil genannter Mitangeklagter gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1, 2 und 3 StGB) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in den im Urteil detailliert geschilderten Fällen (hinsichtlich Grigor S***** zu II./1./ bis 13./; III./a./ und b./; V./1./ bis 10./) und Simion F***** zu I./1./ bis 8./; II./1./ bis 13./; III./a./ und b./; IV./; V./1./ bis 10./) Gewahrsamsträgern von Einzelunternehmen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch in Gebäude und Aufbrechen von Behältnissen weggenommen und wegzunehmen versucht, wobei sie ab 18. März 2016 die Einbruchsdiebstähle als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begingen.
Dagegen richten sich Nichtigkeitsbeschwerden, die der Angeklagte Grigor S***** auf Z 5 und 10 sowie der Angeklagte Simion F***** auf Z 3 und 5, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, stützen. Sie schlagen fehl.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Grigor S*****:
Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider mussten sich die Tatrichter – dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe entsprechend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) – nicht mit sämtlichen Details der als unglaubwürdig verworfenen (US 43) Einlassung dieses Angeklagten befassen. Davon abgesehen haben sie seine Verantwortung hinsichtlich familiär bedingter Auseinandersetzungen und auch dazu, dass ihn die Mitangeklagten Daniel und Vasile S***** zu Unrecht belastet hätten, ohnedies berücksichtigt (US 40 ff).
Der weiteren Behandlung der Beschwerde ist voranzustellen, dass § 281 Abs 1 Z 5 StPO die Bekämpfung der Tatsachenannahmen des Schöffengerichts im schriftlichen Urteil nur anhand bestimmter formaler Kriterien erlaubt. Dessen Anfechtungskategorien legen die Grenzen des jeweils Vertretbaren fest; innerhalb dieser Grenzen befindet sich der einer Anfechtung mit Mängelrüge entzogene Bereich der freien Beweiswürdigung (vgl RIS‑Justiz RS0106588; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.109).
Daran geht der Angeklagte vorbei, indem er die Plausibilität seiner eigenen Verantwortung, einzelner ihn entlastender Angaben von (ohnedies berücksichtigten) Alibizeugen sowie von eidesstättigen Erklärungen und einer ärztlichen Bestätigung hervorkehrt, ferner Kritik an der den Mitangeklagten Daniel und Vasile S***** vom Schöffengericht attestierten Glaubwürdigkeit übt und schließlich die Schlussfolgerungen der Tatrichter aus den vorliegenden Telefonüberwachungsergebnissen sowie deren Weg- und Zeitberechnungen auf Basis eigenständiger Beweiswerterwägungen anzweifelt.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) ist nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil sie die Feststellungen zur Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung im Sinn des § 130 Abs 1 zweiter Fall iVm § 130 Abs 2 zweiter Fall StGB (US 26 f) schlicht bestreitet (RIS‑Justiz RS0099810).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Simion F*****:
Die Verfahrensrüge (Z 3) übersieht, dass sich § 281 Abs 1 Z 3 StPO nur auf die Aufnahme des Protokolls (§ 271 Abs 1 StPO) selbst bezieht, sodass das Fehlen einer Unterschrift auf der Vollschrift (§ 271 Abs 6 StPO) nicht unter Nichtigkeitssanktion steht (RIS‑Justiz RS0098665 [T8]).
Abgesehen davon ist der Einwand auch unzutreffend, weil die – insoweit allein maßgeblichen – Urschriften (vgl RIS-Justiz RS0099029 [T14]; Danek , WK‑StPO § 271 Rz 39) ohnedies die erforderlichen Unterschriften aufweisen (vgl ON 260, 292, 301).
Soweit die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) die Feststellungen zum „Schädigungsvorsatz“ des Angeklagten als offenbar unzureichend begründet moniert, wird nicht klar, weshalb eine derartige subjektive Ausrichtung bei einem Diebstahl entscheidend sein soll. Im Übrigen haben die Tatrichter in Bezug auf die hier relevanten subjektiven Tatbestandsmerkmale die Wissens- und die Willenskomponente mit der im Urteil durchwegs verwendeten Formulierung, dass sie den jeweils verpönten Sachverhalt „erkannten und billigten“, zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht (vgl RIS‑Justiz RS0088918).
Ob der Angeklagte der „Kopf der Bande“ war, stellt keinen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidenden Umstand dar, sodass das darauf bezogene Vorbringen auf sich beruhen kann. Dessen Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung haben die Tatrichter im Übrigen – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit einwandfrei – aus der verfeinerten und spezialisierten Vorgehensweise des mit mehreren Beteiligten arbeitsteilig agierenden Angeklagten anlässlich der ab März 2016 verübten Einbruchsdiebstähle geschlossen (vgl US 53 f).
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren daher – ebenso wie die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO), vom Angeklagten Simion F***** ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld – schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1; §§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen im Übrigen (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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