OGH 15Os162/18i

OGH15Os162/18i27.2.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Februar 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Kontr. Ziegler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Armend Z***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Geschworenengericht vom 8. Oktober 2018, GZ 25 Hv 56/18z‑95, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00162.18I.0227.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Armend Z***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (A), mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (B), des Vergehens des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs 1 und 3 Z 1 StGB (C/1), des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (C/2) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (D) schuldig erkannt.

Danach hat er – soweit für die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz – in L*****

A) am 7. Dezember 2017 im Geschäft T***** seine Ehefrau Ivana Z***** zu töten versucht, indem er aus seinem Hosenbund eine Schreckschusspistole zog, damit gegen den Hinterkopf und Nackenbereich seiner flüchtenden Ehefrau zielte und aus einer Entfernung von ca 50 Zentimeter abdrückte, wobei er sie verfehlte, und anschließend mit einem Messer mit einer Klingenlänge von ca zehn Zentimeter wiederholt wuchtig auf seine zu Boden gestürzte Ehefrau einstach bis die Messerklinge abbrach und im Gürtel steckenblieb, und ihr so mehrere Stichverletzungen, nämlich linksseitig am Hals und am Brustkorb, rechtsseitig am Bauch mit der Eröffnung der Bauchhöhle und Verletzung des Darms sowie eine weitere Stichwunde linksseitig am Unterarm, zugefügt;

D) zumindest am 7. Dezember 2017, wenn auch nur fahrlässig, eine Waffe, nämlich eine Schreckschusspistole samt Munition besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG, nämlich durch Bescheid der LPD Oberösterreich, AZ III‑WA 158/WL/00, rechtskräftig ab 11. Februar 2002, verboten worden war.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die nominell auf Z 5 und 9 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Mit Verfahrensrüge (Z 5) kritisiert der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung am 8. Oktober 2018 gestellten Antrags zur Hauptfrage 1 (Schuldspruchfaktum A), „die Betätigung der Pistole und das Einstechen als getrennte Hauptfragen zu behandeln, es handelt sich um unterschiedliche Tatzeiten“ (ON 94 S 4). Damit begehrt er die Stellung einer zweiten Hauptfrage (Z 6) zu dem vom Schwurgerichtshof (§ 310 StPO) als einheitliches Tatgeschehen beurteilten Lebenssachverhalt (vgl dazu Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 37). Solcherart aber ist die Rüge nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt (Ratz, WK‑StPO § 282 Rz 16; vgl auch RIS‑Justiz RS0117640).

Die Rechtsrüge (nominell Z 9, der Sache nach Z 11 lit a) bestreitet (zu D) die Waffenqualität einer Schreckschusspistole, leitet aber nicht aus dem Gesetz ab, weshalb eine solche Pistole – entgegen ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0081899) – kein Gegenstand sein sollte, der seinem Wesen nach dazu bestimmt ist, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen (§ 1 Z 1 WaffG; vgl im Übrigen das gerichtsmedizinische Gutachten, wonach bei Schüssen aus sehr kurzer Distanz mit lebensgefährlichen Verletzungen zu rechnen ist [ON 48 S 12]).

Soweit die Beschwerde weiters vorbringt, Knallpatronen würden nicht unter den Munitionsbegriff des § 4 WaffG fallen, vernachlässigt sie, dass der Angeklagte wegen eines Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG verurteilt wurde, die Tatrichter somit ohnehin nur von einer Tat (begründet durch den Besitz der Schreckschusspistole) ausgegangen sind. Die Munition wurde im Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) ersichtlich nur illustrativ erwähnt (arg: „eine Waffe“; „eine Schreckschusspistole samt Munition“).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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