OGH 14Os119/18h

OGH14Os119/18h6.11.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der OKontr. Ponath als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sanid T***** und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 1 und 2, § 12 dritter Fall und § 15 StGB, AZ 22 HR 70/18t des Landesgerichts für Strafsachen Graz (AZ 10 St 243/18k der Staatsanwaltschaft Graz), über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten T***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 25. September 2018, AZ 9 Bs 334/18p (ON 64a der HR‑Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00119.18H.1106.000

 

Spruch:

 

Sanid T***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluss vom 10. September 2018, GZ 22 HR 70/18t‑57, verlängerte das Landesgericht für Strafsachen Graz die am 27. August 2018 über Sanid T***** verhängte Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit b StPO.

Der dagegen vom Beschuldigten T***** ergriffenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 25. September 2018, AZ 9 Bs 334/18p, nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus denselben Haftgründen – mit Wirksamkeit bis zum 26. November 2018 – fort.

Dabei ging es vom dringenden Verdacht aus, T***** habe zusammen mit weiteren Beschuldigten vom 3. Juli bis zum 24. August 2018 in zehn Fällen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstahl durch Einbruch längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen, anderen durch Einbruch in Geschäfts- und Bürogebäude fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, Uhren, Gutscheine, Computer, Mobiltelefone und sonstige elektronische Geräte, im Gesamtwert von rund 40.000 Euro weggenommen oder wegzunehmen versucht, wobei er teils als unmittelbarer Täter, teils (durch Aufpasserdienste) als Beitragstäter agiert habe. Das Beschwerdegericht subsumierte dieses Verhalten dem Verbrechen des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 1 und 2, (zu ergänzen: § 12 dritter Fall und) § 15 StGB.

Mit der dagegen gerichteten Grundrechtsbeschwerde bekämpft Sanid T***** die Annahme der Haftgründe, weiters behauptet er Unverhältnismäßigkeit der Haft und deren Substituierbarkeit durch die Anwendung gelinderer Mittel.

Im Rahmen des Grundrechtsbeschwerde-verfahrens überprüft der Oberste Gerichtshof die rechtliche Annahme von Haftgründen nur darauf, ob sich diese angesichts der vom Beschwerdegericht zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich, mit anderen Worten als nicht oder nur offenbar unzureichend begründet darstellt (RIS‑Justiz RS0117806). Das Beschwerdegericht stützte seine Überzeugung vom Vorliegen der Tatbegehungsgefahr (§ 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO) auf die „Vielzahl der professionell ausgeführten Einbruchsdiebstähle“, die „wirtschaftlich beengten Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers“ und Gesprächsprotokolle der Telefonüberwachung, die erkennen ließen, dass der Beschwerdeführer und dessen Mittäter einander (sinngemäß) zu wiederholter Tatbegehung aufgefordert und vor der Polizei gewarnt hätten (BS 7). Dass diese Begründung gegen die Kriterien logischen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze verstoße (vgl RIS‑Justiz RS0118317), zeigt die Grundrechtsbeschwerde nicht auf.

Indem sie kritisiert, das Beschwerdegericht habe dabei eine Arbeitsplatzzusage, durch die der Beschwerdeführer „wirtschaftlich selbsterhaltungsfähig“ sei, unberücksichtigt gelassen, wird eine Grundrechtsverletzung nicht dargetan (RIS‑Justiz RS0117806 [T28]; Kier in WK 2 GRBG § 2 Rz 49). Der Einwand scheitert auch unter dem Aspekt behaupteter Substituierbarkeit der Haft durch gelindere Mittel, weil deren Anwendung im Zusammenhang mit dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr in der Haftbeschwerde nicht thematisiert, die (nunmehr ins Treffen geführte) Möglichkeit vorläufiger Bewährungshilfe (§ 173 Abs 5 Z 7 StPO) gar nicht genannt und solcherart der Instanzenzug nicht ausgeschöpft wurde (RIS‑Justiz RS0114487 [T1]; Kier in WK 2 GRBG § 1 Rz 41 und § 2 Rz 50).

Da der Beschwerdeführer eine bei der Annahme des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr unterlaufene Grundrechtsverletzung nicht aufzuzeigen vermag, erübrigt sich eine Erörterung des Vorbringens zur Fluchtgefahr (RIS‑Justiz RS0061196).

Ausgehend von den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen (insbesondere zum Gewicht des Vorwurfs, gewerbsmäßig zahlreiche Einbruchsdiebstähle in arbeitsteiligem Zusammenwirken mit beträchtlichem Beutewert begangen zu haben) ist der vom Beschwerdegericht gezogene Schluss auf ein ausgewogenes Verhältnis der – bis dahin weniger als einen Monat dauernden – Haft zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Freiheitsstrafe nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0120790).

Die Grundrechtsbeschwerde zeigt somit keine Verletzung des verfassungsmäßig geschützten Rechts auf persönliche Freiheit auf und war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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