OGH 5Ob181/18f

OGH5Ob181/18f6.11.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin B***** KEG, *****, vertreten durch Dr. Farah Abu‑Jurji, Rechtsanwalt in Wien, wegen Streitanmerkung gemäß § 66 GBG ob EZ *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. Juli 2018, AZ 47 R 147/18t, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00181.18F.1106.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

 

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte aufgrund einer Bestätigung der Staatsanwaltschaft Wien, wonach gegen den im Insolvenzverfahren der Antragstellerin tätigen Sachverständigen wegen des Verdachts des schweren Betrugs und der falschen Beweisaussage ein Ermittlungsverfahren anhängig sei, die Anmerkung des Streits nach § 66 GBG.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Eigentümerin, die die Liegenschaft von der Masseverwalterin gekauft hatte, Folge und wies den Antrag auf Anmerkung ab. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Durch die bereits vor Antragstellung erfolgte Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin wurde nach §§ 1 und 3 IO das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen der Schuldnerin ihrer freien Verfügung entzogen. Eine Klagelegitimation der Schuldnerin selbst wegen behaupteter Verfehlungen im Konkurs ist nach ständiger Judikatur (RIS‑Justiz RS0115501) nur bei sonst bestehendem Rechtsschutzdefizit zu bejahen. Demgemäß erachtete es der Oberste Gerichtshof zu 8 Ob 50/08y als nicht korrekturbedürftig, mangels Rechtsschutzdefizit des Gemeinschuldners dessen Klage auf Anfechtung eines vom Masseverwalter geschlossenen Kaufvertrags als unzulässig anzusehen; diese ziele nicht nur auf eine den Interessen der Konkursgläubiger nicht widerstreitende Erhaltung und Vermehrung der Masse ab, sondern auf die Rückabwicklung deren Verwertung, obwohl die Tätigkeit des Masseverwalters gemäß § 84 KO vom Konkursgericht zu überwachen und die freiwillige Veräußerung einer unbeweglichen Sache auch vom Konkursgericht und dem Gläubigerausschuss gemäß § 117 KO zu genehmigen sei. Ebenso wurde zu Verträgen, die der Masseverwalter im Zug der Immobilienverwertung der Masse schließt, ausgesprochen, dass diesfalls nur der Masseverwalter, nicht der Schuldner der Bewucherte sein könne (RIS‑Justiz RS0116838).

2. Auch hier wendet sich die Antragstellerin im Ergebnis gegen den im Zug der Verwertung der Insolvenzmasse durch die Masseverwalterin erfolgten Verkauf ihrer Liegenschaft an die nunmehrige Eigentümerin, wobei sie ihren Antrag mit einem angeblich strafgesetzwidrig unrichtigen Schätzgutachten des Sachverständigen begründet und darauf gestützt die Streitanmerkung nach § 66 Abs 1 GBG begehrt. Die Auffassung des Rekursgerichts, die Schuldnerin sei dazu mangels Rechtsschutzdefizit nicht antragslegitimiert, ist jedenfalls vertretbar:

3. In der Entscheidung 5 Ob 62/65 (= EvBl 1965/408 = RIS‑Justiz RS0060881) wurde zwar der Gemeinschuldner berechtigt erachtet, die Bewilligung der Streitanmerkung nach § 66 GBG zu beantragen, wenn er eine Schmälerung der Masse durch ein strafbares Verhalten des Masseverwalters oder anderer Organe des Konkursverfahrens behauptet. Dass die Anwendung der Grundsätze dieser Entscheidung schon daran scheitern muss, dass der Sachverständige kein Organ des Konkursverfahrens im Sinn der §§ 80 bis 95 IO ist, ist jedenfalls vertretbar (vgl hiezu auch RIS‑Justiz RS0026337). Ein strafbares Verhalten des Masseverwalters selbst, des Gläubigerausschusses oder des Konkursgerichts wurde im Antrag nicht behauptet. Im Übrigen ist der zu 5 Ob 62/65 entschiedene Sachverhalt nicht vergleichbar, zumal dort die vom Masseverwalter im Zug der Verwertung des Massevermögens veranlasste Löschung bücherlicher Rechte des Gemeinschuldners Gegenstand des behaupteten strafgesetzwidrigen Verhaltens des Masseverwalters gewesen war. Das für die Antragslegitimation des Gemeinschuldners vorausgesetzte Rechtsschutzdefizit war daher dort zu bejahen, ist hier aber schon deshalb nicht zu erkennen, weil die Antragstellerin gar nicht behauptet, die – unter Aufsicht des Konkursgerichts stehende – Masseverwalterin habe ein Vorgehen gegen den Sachverständigen, eine Rückabwicklung des auf das angeblich falsche Gutachten gegründeten Kaufvertrags und/oder die nunmehr begehrte Vorgangsweise im Sinne des § 66 GBG verweigert. Die Auffassung des Rekursgerichts, für eine Ausweitung der Antragslegitimation des Schuldners im Insolvenzverfahren bestehe im konkreten Fall kein Anlass, ist daher jedenfalls vertretbar. Maßnahmen zur Hintanhaltung einer Verschleuderung von Bestandteilen der Insolvenzmasse sind von der Masseverwalterin zu setzen, selbst deren – hier gar nicht behaupteter – Säumnis wäre mit den Rechtsbehelfen des Insolvenzverfahrens zu begegnen.

4. Im Übrigen erfordert die Anmerkung nach § 66 Abs 1 GBG eine konkrete und schlüssige Behauptung, dass die Einverleibung infolge einer strafgesetzlich verbotenen Handlung erwirkt wurde (RIS‑Justiz RS0060871). Zwischen der Einverleibung und der angezeigten strafbaren Handlung muss ein Zusammenhang bestehen, der aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen die Ungültigkeit der Einverleibung unmittelbar nach sich ziehen würde (5 Ob 32/94; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht 2 § 66 GBG Rz 1). Warum ein strafgesetzwidrig falsch erstelltes Schätzgutachten für sich allein die auf den – konkursbehördlich genehmigten – Kaufvertrag zwischen der Masseverwalterin und der nunmehrigen Eigentümerin gegründete Einverleibung ungültig machen sollte, geht aus den Antragsbehauptungen aber nicht hervor.

5. Damit war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen, einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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