OGH 6Ob133/18d

OGH6Ob133/18d25.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie durch die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R* J*, vertreten durch Mag. Karl Komann, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagten Parteien 1. K* W* und 2. Mag. H* W*, vertreten durch Mag. Herbert Juri und Mag. Thomas Schuster, Rechtsanwälte in Wolfsberg, wegen Räumung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 25. April 2018, GZ 1 R 3/18p‑23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 30. Oktober 2017, GZ 14 C 651/16h‑19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123419

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und es wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Klägerin ist grundbücherliche Eigentümerin der Grundstücke *.

Mit Unternehmenspachtvertrag vom 10. 7. 2002, abgeschlossen zwischen dem Rechtsvorgänger der Klägerin und den Beklagten, wurden die genannten Grundstücke, nämlich die Badeanstalt K*bad samt Restaurant und Seehotel, zum Betrieb einer Badeanstalt und eines Restaurantbetriebs in Bestand gegeben.

Gemäß Punkt 3. des Pachtvertrags begann das Pachtverhältnis am 1. 6. 2002 und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

In Punkt 3.5 wurde vereinbart, dass der Verpächter insbesondere jederzeit zur sofortigen Auflösung des Vertrags berechtigt ist und die sofortige Räumung begehren kann, wenn

„b) der Pächter mit der Zahlung des Pachtzinses oder von Rückständen an Beiträgen, Abgaben oder sonstigen Verpflichtungen, für welche der Verpächter haftet, länger als drei Monate im Rückstand ist und nicht binnen zwei Wochen nach Absendung einer eingeschriebenen Mahnung vollständig entrichtet;

...“

Punkt 4.3 des Pachtvertrags enthält nachstehende Bestimmung:

„Außer dem Pachtzins hat der Pächter die auf das Pachtobjekt entfallenden öffentlichen Abgaben, Gebühren, Versicherungen und sonstigen Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes zuzüglich der jeweils gültigen gesetzlichen Umsatzsteuer zu zahlen. Die Kosten für Strom, Wasser, Telefon, Heizung und die sonstigen Betriebskosten sind vom Pächter, wenn möglich, direkt mit den jeweiligen Versorgungsunternehmen abzurechnen. Diesbezüglich halten die Vertragsparteien fest, dass für das Pachtobjekt eigene Strom- und Wasserzähler bestehen, die übrigen nicht direkt mit dem Versorgungsunternehmen verrechneten Betriebskosten und öffentlichen Abgaben werden vom Verpächter dem Pächter entsprechend dem Anfall verrechnet und vom Pächter innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungslegung an den Verpächter gezahlt.“

Gemäß Punkt 11.3 bedürfen Änderungen und Ergänzungen des Vertrags zur Gültigkeit der Schriftform, dies gilt auch für die Aufhebung dieser Schriftformklausel.

Beim Bestandobjekt befinden sich darüber hinaus See-Einbauten, die von den Beklagten genutzt werden. Die Kosten für diese See-Einbauten werden der Klägerin als Eigentümerin der Grundstücke direkt von den Ö* B* vorgeschrieben. Seit Beginn des Pachtverhältnisses erfolgte die Bezahlung der B*-Rechnung dergestalt, dass die Rechnung an den Liegenschaftseigentümer adressiert war und dieser oder seine Tochter (die Schwester der nunmehrigen Klägerin) die Rechnung direkt zu den Beklagten brachte und die Beklagten die Rechnung – adressiert an den Eigentümer – zahlten.

Im Sommer 2015 lief der Vertrag über die See-Einbauten mit den Ö* B* aus und es war notwendig, einen neuen Vertrag abzuschließen. Zu diesem Zweck fuhren die Klägerin und der Zweitbeklagte zu einer Mitarbeiterin der B* und besprachen das weitere Prozedere. Dabei teilte diese der Klägerin und dem Zweitbeklagten sämtliche Tarife für die Zukunft, abhängig von der Vertragsdauer, mit. Der Zweitbeklagte ersuchte, für das Rumpfjahr 2015 noch den alten Tarif bezahlen zu können, was ihm von den B* auch gewährt wurde. Ein neuer Vertrag wurde ins Auge gefasst, kam aber letztlich nicht zustande, sodass für das Jahr 2016 ein vertragsloser Zustand mit den B* bestand.

Da kein Vertrag für das Jahr 2016 abgeschlossen wurde, übermittelten die B* am 14. 7. 2016 eine Rechnung über 11.694,84 EUR an die Klägerin. Aus dieser Rechnung ist ersichtlich, dass es sich um die See-Einbauten beim K*bad für das Jahr 2016 handelt. Dieser Rechnungsbetrag basiert auf einem fünfjährigen Tarif, der sowohl der Klägerin als auch dem Zweitbeklagten bekannt war. Gleichzeitig mit der Rechnung, die an die Klägerin per Post gesendet wurde, schickte die Mitarbeiterin der B* dem Zweitbeklagten die Rechnung am selben Tag per E-Mail, da der Zweitbeklagte sich vorher bei ihr telefonisch erkundigt hatte, ob die Rechnung an die Klägerin bereits versandt worden sei.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage nach Einschränkung um das Zahlungsbegehren von den Beklagten die Räumung der verpachteten Liegenschaft. Die Beklagten seien mit der Bezahlung der Rechnung der B* länger als drei Monate und mehr als zwei Wochen nach Mahnung in Verzug gewesen, weshalb gemäß Punkt 3.5 des Pachtvertrags die Auflösung der Vertrags erklärt werde.

Die Beklagten wendeten ein, sie hätten die Rechnung vom 14. 7. 2016 nicht erhalten. Die Klägerin habe in ihrer Mahnung vom 11. 10. 2016 keine Nachfrist gesetzt und keine ordnungsgemäße Rechnung gelegt. Verzug, der zur Auflösung berechtige, liege nicht vor. Die Klagsführung sei schikanös.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt noch folgende Feststellungen:

Am 21. 7. 2016 verfasste ein Mitarbeiter der Klägerin in deren Namen ein Schreiben an die Beklagten mit folgendem Inhalt:

„Sehr geehrte Damen und Herren, in der Anlage übermittle ich die Vorschreibung der Ö * B* mit der Bitte um direkte Begleichung. Mit freundlichen Grüßen [Klägerin].“

Dieses Schreiben wurde von der Klägerin unterfertigt und am 27. 7. 2016 samt der an die Klägerin adressierten Rechnung an die Beklagten verschickt und langte dort zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt Ende Juli/Anfang August ein.

Auf dieses Schreiben reagierten die Beklagten nicht und bezahlten auch die offene Rechnung nicht, weshalb die Klägerin am 8. 8. 2016, am 1. 9. 2016 und am 13. 9. 2016 eine schriftliche Mahnung der B* erhielt.

Nach dieser dritten Mahnung wurde die Klägerin auch von der Generalprokuratur (gemeint offenbar: Finanzprokuratur) gemahnt, woraufhin ein Mitarbeiter der Klägerin am 11. 10. 2016 in deren Namen ein von dieser nicht unterfertigtes Schreiben nachstehenden Inhalts an die Beklagten eingeschrieben versendete:

„Sehr geehrte Damen und Herren! In der Anlage übermittle ich die Vorschreibung der Ö* B* mit der Bitte um direkte Begleichung. Mit freundlichen Grüßen [Klägerin].“

Mit diesem Schreiben wurde die Zahlungserinnerung/1. Mahnung der B* an die Klägerin über 11.694,84 EUR vom 9. 8. 2016 übermittelt. Beide Schreiben wurden eingeschrieben an die Beklagten übersendet und von diesen am 14. 10. 2016 übernommen.

Diese Zahlungserinnerung/1. Mahnung hat folgenden Inhalt:

„Sehr geehrter Kunde! Es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, dass die unten angeführte Rechnung bereits überfällig ist, Sie werden daher ersucht, den offenen Betrag umgehend auf unser Konto […] zu überweisen. Gleichzeitig behalten wir uns die Vorschreibung der Verzugszinsen und Mahnspesen vor. Sollte die Überweisung zwischenzeitig erfolgt sein, ersuchen wir Sie, dieses Schreiben als gegenstandslos zu betrachten. Mit freundlichen Grüßen.“

Dieser 1. Mahnung war eine bereits ausgefüllte Zahlungsanweisung angeheftet.

Am 14. 10. 2016 erhielt die Mitarbeiterin der B* vom Mitarbeiter der Klägerin ein E‑Mail mit dem Aufforderungsschreiben vom 11. 10. 2016 samt der beiliegenden Mahnung.

Am 14. 11. 2016 erkundigte sich der Mitarbeiter der Klägerin bei der Mitarbeiterin der B*, ob der aushaftende Betrag bereits beglichen sei. Diese antwortete mit Schreiben vom selben Tag, dass der Betrag nach wie vor unberichtigt aushafte.

Daraufhin wurde am selben Tag die gegenständliche Leistungs- und Räumungsklage eingebracht.

Der Zweitbeklagte nahm nach Erhalt der gegenständlichen Klage mit der Mitarbeiterin der B* Kontakt auf, worauf sie ihm eine Rechnung mailte, die der Zweitbeklagte am 17. 11. 2016, einlangend bei den B* am 22. 11. 2016, beglich.

Am 1. 12. 2016 erschien der Zweitbeklagte persönlich bei der Mitarbeiterin der B* und bekam noch einmal die Rechnung sowie alle Mahnungen persönlich übergeben.

Der Zweitbeklagte beglich seit Beginn des Pachtverhältnisses bis zum Jahr 2016 jedes Mal die an den Eigentümer adressierten Rechnungen direkt bei den B*, lediglich im Jahr 2010 wurde die Rechnung der B* direkt an die Beklagten geschickt. Während der gesamten Laufzeit wurde die Rechnung der B* sehr oft erst nach der 3. Mahnung durch den Zweitbeklagten gezahlt.

Die Klägerin schickte keine umsatzsteuergerechte Rechnung an die Beklagten über die gegenständliche Rechnung der B*.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Klägerin habe den Beklagten keine umsatzsteuergerechte Rechnung gelegt, weshalb die Rechnung der Klägerin die Fälligkeit nicht ausgelöst habe. Das Schreiben vom 11. 10. 2016 samt der angehefteten Mahnung der B* erfülle die Voraussetzungen und Formvorschriften einer Mahnung nicht und sei verfrüht abgeschickt worden. Da die Beklagten den aushaftenden Betrag am selben Tag, an dem sie die Klage erhalten hatten, überwiesen hätten, liege auch kein Verzug vor, wenn man die Klage als Mahnung ansehe. Die Voraussetzungen für die Auflösung der Vertrags wegen Zahlungsverzugs lägen daher nicht vor.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und ließ die Revision nicht zu. Die Mahnung müsse zwar nicht in einer bestimmten Form erfolgen, doch müsse dem Schuldner der Ernst seiner Lage dadurch ins Bewusstsein gerufen werden, dass der Bestandgeber zu erkennen gebe, dass er eine weitere Verzögerung der Zinszahlung über eine angemessene Nachfrist hinaus nicht mehr hinzunehmen gewillt sei. Mit dem Schreiben vom 11. 10. 2016 (im Text ident mit jenem vom 21. 7. 2016) habe die Klägerin die Beklagten bloß um direkte Begleichung gebeten und sich „mit freundlichen Grüßen“ verabschiedet. Auch wenn sie die 1. Mahnung ihrer Bestandgeberin (gemeint der B*) samt Zahlschein angeschlossen gehabt habe, habe sie mit ihrer höflichen und ausdrucksschwachen Wortwahl den Beklagten den Ernst der Lage nicht ins Bewusstsein rufen können; dies wäre etwa mit der Setzung einer Frist oder mit einer Klagsandrohung der Fall gewesen. Abgesehen davon sei die von der Rechtsprechung geforderte Ernstlichkeit auch der 1. Mahnung der B* nicht zu entnehmen gewesen. Dem Schreiben der Klägerin fehle es daher an der Ernstlichkeit für eine Mahnung iSd § 1118 ABGB.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne der Klagestattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben, in eventu die Entscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung nach Erledigung der Beweisrüge der Beklagten aufzutragen.

Die Revision ist wegen einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zulässig, sie ist im Sinn des Eventualantrags auf Aufhebung auch berechtigt.

Die Revisionswerberin trägt vor, aus den einschlägigen Entscheidungen gehe nicht hervor, dass eine höfliche Ausdrucksweise den Zweck eines Mahnschreibens nehme. Die Beklagten hätten eine umsatzsteuergerechte Rechnung verlangen müssen. Auch eine fehlerhafte Rechnung hindere den Berechtigten nicht, das Entgelt zu fordern. Sowohl der dreimonatige Rückstand als auch das Verstreichen der zwei Wochen nach Mahnung seien erfüllt, weshalb die Klägerin nach Punkt 3.5 b) des Pachtvertrags zur Auflösung berechtigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu wurde erwogen:

1. Aus der in ihrer Echtheit nicht bestrittenen Rechnung der B* vom 14. 7. 2016 (Beilage ./B) wird festgehalten (vgl RIS‑Justiz RS0121557 [T2, T3]), dass sie als „Zahlungsbedingung“ nennt: „Bis zum 28. 07. 2016 ohne Abzug“.

2. Die Mahnung (iSd § 1118 ABGB: „Einmahnung“) muss zwar nicht in einer bestimmten Form erfolgen, insbesondere ist Schriftlichkeit nicht erforderlich, doch muss dem Schuldner der Ernst seiner Lage dadurch ins Bewusstsein gerufen werden, dass der Bestandgeber zu erkennen gibt, dass er eine weitere Verzögerung der Zinszahlung über eine angemessene Nachfrist hinaus nicht mehr hinzunehmen gewillt ist (RIS‑Justiz RS0021197; vgl auch RS0021329). Die zur Verwirklichung des Kündigungsgrundes erforderliche Mahnung kann formlos erfolgen. Es fällt jedes Verhalten darunter, aus dem sich ergibt, dass der Gläubiger ernstlich die Leistung fordert (RIS‑Justiz RS0021197 [T3]; RS0021329 [T2]).

Aus den in den zitierten Rechtssätzen indizierten Entscheidungen ergibt sich nicht, dass die vom Berufungsgericht hier konstatierte höfliche Form einer Mahnung dieser den für die Einmahnung nach § 1118 ABGB nötigen „Ernst“ nimmt:

In der Entscheidung 8 Ob 47/03z wurde eine wirksame Mahnung darin gesehen, dass der beklagte Mieter aufgefordert wurde, den bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgelaufenen Mietzinsrückstand in betraglich genannter Höhe bis zu einem bestimmten Termin zu bezahlen.

In der Entscheidung 9 Ob 21/09t wurde ausgesprochen, unter den Begriff der „Einmahnung“ des § 1118 ABGB falle jedes Verhalten, aus dem sich ergebe, dass der Gläubiger die Leistung ernstlich fordere; die begehrten Mietzinse und Perioden seien aus dem Schreiben vom 8. 5. 2007 jedenfalls erkennbar gewesen, auch aufgrund der Bezeichnung „Zahlungserinnerung“ habe kein ernsthafter Zweifel daran aufkommen können, dass es sich dabei um eine qualifizierte Mahnung iSd § 1118 ABGB gehandelt habe.

Im Licht dieser Rechtsprechung liegt auch im Schreiben der Klägerin vom 11. 10. 2016 eine dem § 1118 ABGB genügende Mahnung vor, zumal diesem Schreiben die (laut der als Beilage ./D in ihrer Echtheit unbestrittenen Urkunde vorliegende) damals schon zwei Monate alte „Zahlungserinnerung/1. Mahnung“ der B* vom 9. 8. 2016 angeschlossen war. Diese lässt keinen Zweifel an der Dringlichkeit aufkommen („… bereits überfällig … umgehend … Vorschreibung der Verzugszinsen und Mahnspesen ...“).

Dass sich die Klägerin einer höflichen Ausdrucksweise bedient hat, nahm ihrer Mahnung jedenfalls nicht den notwendigen „Ernst“ im Sinn der zitierten Rechtsprechung zu § 1118 ABGB.

Die Begründung des Berufungsgerichts kann daher die Klageabweisung nicht tragen.

3. Auch die zusätzlichen Begründungen des Erstgerichts halten einer Prüfung nicht stand:

3.1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin zur Ausstellung einer „umsatzsteuergerechten Rechnung“ verpflichtet war und ob ihre Rechnung diesem Erfordernis entsprach: Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rechnung ebenso wie die Quittung eine Beweisurkunde, die nicht den Irrtumsregeln unterliegt, die nur für Rechtsgeschäfte gelten. Der Verkäufer ist daher trotz der fehlerhaften Rechnung nicht gehindert, den vereinbarten Kaufpreis zu fordern (RIS‑Justiz RS0016134). Diese Regel gilt nicht nur bei Kaufverträgen, sondern generell (vgl 6 Ob 108/00a: Werklohn; 1 Ob 231/02f: Notargebühren; 4 Ob 68/06p: Pflegegeld). Für einen Pachtzins kann nichts Anderes gelten.

Die allenfalls nicht korrekte Rechnungslegung schob daher die Fälligkeit nicht hinaus.

3.2. Dass die Mahnung vom 11. 10. 2016 noch innerhalb der dreimonatigen Frist laut Punkt 3.5 b) des Pachtvertrags versandt wurde, schadet nicht; denn aus der zitierten Vertragsklausel ergibt sich nicht, dass die Mahnung erst nach Ablauf der dreimonatigen Rückstandsfrist ausgeschickt werden dürfte. Die Mahnung war daher entgegen der Auffassung des Erstgerichts auch nicht verfrüht.

Dass in der Mahnung auch eine Frist gesetzt werden müsste, ergibt sich aus der Vertragsbestimmung nicht und ist auch insofern entbehrlich, als sich die zweiwöchige Frist ja aus eben dieser Vertragsklausel ergibt. Diese Frist, die laut Klausel mit Absendung der Mahnung, somit am 11. 10. 2016, zu laufen begann, war im Zeitpunkt der Überweisung (17. 11. 2016) abgelaufen. Dies wäre selbst dann der Fall, wenn man zugunsten der Beklagten entgegen dem Wortlaut auf den Zugang der Mahnung (14. 10. 2016) abstellte.

4. Damit ist die Sache aber noch nicht spruchreif im Sinne der Klägerin, weil die Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend darauf hingewiesen haben, dass das Berufungsgericht die in der Berufungsbeantwortung der Beklagten erhobene Beweisrüge nicht erledigt hat. Die Beklagten haben in ihrer Berufungsbeantwortung die erstgerichtliche Feststellung bekämpft, wonach sie das Schreiben der Klägerin vom 21. 7. 2016 samt der Vorschreibung der B* Ende Juli/Anfang August erhalten hätten. Statt dessen streben sie die Ersatzfeststellung an, dieses Schreiben samt Vorschreibung der B* sei ihnen nicht zugestellt worden (bzw in eventu, es könne der Zugang nicht festgestellt werden).

Es ist daher die Relevanz dieser Feststellung für die rechtliche Beurteilung zu prüfen. Dazu wurde Folgendes erwogen:

4.1. Es ist unstrittig, dass die Klägerin gegenüber den B* verpflichtet war, die jährlich vorgeschriebenen Kosten für die See-Einbauten zu bezahlen. Unstrittig ist weiters, dass die Beklagten als Pächter verpflichtet waren, diese Kosten im Innenverhältnis zu tragen und an die B* direkt zu zahlen.

Bei den Kosten für die See-Einbauten handelt es sich somit um „sonstige Verpflichtungen, für welche der Verpächter haftet“ im Sinne der Klausel 3.5. lit b des Pachtvertrags.

Dass das in dieser Klausel statuierte Erfordernis der eingeschriebenen Mahnung und der Fristablauf von zwei Wochen erfüllt ist, wurde unter Punkt 3.2. dargestellt.

4.2. In einem weiteren Schritt ist daher zu klären, ob die Beklagten mit der am 22. 11. 2016 bei den B* eingegangenen Zahlung (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts vgl § 907a iVm § 1503 Abs 2 ABGB) „länger als drei Monate im Rückstand“ (Klausel 3.5. lit b des Pachtvertrags) waren.

Der „Rückstand“ tritt ein, wenn bei Fälligkeit nicht bezahlt wurde (§ 1118 ABGB; vgl RIS‑Justiz RS0020989; RS0021152 [T5]). Es ist daher zu klären, wann die Forderung der B* fällig war.

4.3. Dazu ist zunächst auf die unter Punkt 1. nachgetragene Feststellung zu verweisen, wonach die „Zahlungsbedingung“ der Rechnung der B* den 28. 7. 2018 (somit ab Rechnungslegungsdatum 14 Tage) ausweist. Gegenüber den B* trat somit die Fälligkeit an diesem Tag ein (vgl RIS‑Justiz RS0038058).

4.4. Zu berücksichtigen ist aber, dass nach ständiger Praxis – abgesehen vom Jahr 2010 – die B* die jährliche Rechnung nicht an die Beklagten, sondern an den Eigentümer schickten und erst von diesem an die Beklagten weitergeleitet wurde. Im Verhältnis der Streitteile zueinander und somit für die Frage, wann die Klägerin den Vertrag gemäß 3.5. lit b des Pachtvertrags auflösen kann, könnte die Fälligkeit im Sinne des Punktes 4.3. jedenfalls dann nicht die Dreimonatsfrist auslösen, wenn die Beklagten von der Rechnung der B* und der dort festgelegten Fälligkeit niemals Kenntnis erlangt hätten.

4.5. In diesem Zusammenhang messen die Streitteile der Bestimmung 4.3 des Pachtvertrags Bedeutung bei, legen sie aber unterschiedlich aus.

4.5.1. Die Kosten für die See-Einbauten fallen nicht unter Satz 1 der Bestimmung, weil es sich dabei weder um den Pachtzins noch um „auf das Pachtobjekt entfallende öffentlichen Abgaben, Gebühren, Versicherungen und sonstigen Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes“ (vgl die seit 1. 7. 2000 unveränderte Umschreibung der Betriebskosten in § 21 Abs 1 MRG) handelt.

4.5.2. Die Kosten für die See-Einbauten fallen aber auch nicht unter Satz 2 der Bestimmung, weil es sich dabei nicht um „Kosten für Strom, Wasser, Telefon, Heizung“ handelt. Es sind auch hier keine „sonstigen Betriebskosten“, weil diese – wie im Satz 1 – offensichtlich als solche im Sinne des MRG zu verstehen sind. Dies wird auch deutlich, wenn im letzten Halbsatz von Satz 2 von „Versorgungsunternehmen“ die Rede ist, worum es sich bei den B* eindeutig nicht handelt.

4.5.3. Schließlich lassen sich die Kosten für die See-Einbauten auch nicht unter Satz 3 der Bestimmung 4.3 des Pachtvertrags subsumieren: Es handelt sich zum Einen auch hier nicht um „Betriebskosten“ oder „öffentliche Abgaben“. Zum Anderen wurden aber – zumindest nach der stets geübten Praxis – die Kosten für die See-Einbauten zwar nicht direkt dem Pächter verrechnet, aber von diesem nicht– wie Satz 3 am Ende vorsieht – an den Verpächter, sondern direkt an die B* bezahlt.

4.5.4. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Kosten für die See-Einbauten in Punkt 4.3 des Pachtvertrags überhaupt nicht geregelt sind.

4.6. Die Beklagten haben sich für ihren Rechtsstandpunkt auch auf die Schriftformklausel gemäß Punkt 11.3. des Pachtvertrags berufen.

Nach ständiger Rechtsprechung können die Parteien vom Formvorbehalt zwar nicht einseitig, wohl aber einverständlich abgehen, auch ohne Einhaltung der Schriftform und nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent (RIS‑Justiz RS0038673). Das gilt selbst für den Fall, dass – wie hier – die Parteien die Schriftform auch für das Abgehen vom Erfordernis der Schriftlichkeit vereinbart haben (RIS‑Justiz RS0038673 [T7]; RS0014378 [T12, T14]).

Wie unter 4.1. ausgeführt, ist unstrittig, dass die Klägerin gegenüber den B* verpflichtet war, die jährlich vorgeschriebenen Kosten für die See-Einbauten zu zahlen. Unstrittig ist weiters, dass die Beklagten als Pächter verpflichtet waren, diese Kosten im Innenverhältnis zu tragen und direkt an die B* zu zahlen.

Im Sinne der zitierten Rechtsprechung ist daher davon auszugehen, dass die Parteien den Pachtvertrag im aufgezeigten Sinn schlüssig ergänzt haben. Da – wie ausgeführt – Punkt 4.3 des Pachtvertrags die See‑Einbauten nicht regelt, ist aufgrund der langjährigen Praxis zwischen den Streitteilen weiters als schlüssig vereinbart anzusehen, dass die Verpächterin die Pflicht hatte, die an sie adressierte Rechnung der B* an die beklagten Pächter weiterzuleiten.

4.7. Aufgrund dieser Vereinbarung, die Rechnung von der Klägerin übermittelt zu bekommen, konnten die Beklagten im Verhältnis zur Klägerin davon ausgehen, dass sie – nur dieser gegenüber (nicht gegenüber den B*, vgl dazu oben 4.3.) – mangels von dieser übermittelter Rechnung noch nicht in Verzug waren und daher die (nur im Verhältnis der Streitteile zueinander maßgebliche) Frist von drei Monaten Rückstand in Punkt 3.5. lit b des Pachtvertrags noch nicht zu laufen begann.

4.8. Die Klägerin hat im Verfahren erster Instanz niemals vorgebracht, die B* hätten die Rechnung vom 14. 7. 2016 (an diesem Tag) direkt (per E-Mail) an die Beklagten bzw an den Zweitbeklagten geschickt. Die diesbezügliche Feststellung ist somit überschießend. Sie ist aus den unter 4.7. genannten Gründen auch rechtlich irrelevant.

4.9. Die Mahnung der Klägerin vom 11. 10. 2016 konnte die Übermittlung der Rechnung nicht ersetzen, weil dieser Mahnung die Rechnung der B* nicht angeschlossen war und aus der mitgeschickten 1. Mahnung der B* nicht hervorgeht, dass es sich um die See‑Einbauten handelt.

4.10. Wie schon unter Punkt 4.5. ausgeführt, regelt Punkt 4.3 des Pachtvertrags die Kosten für die See‑Einbauten nicht. Die 14‑tägige Leistungsfrist laut dem letzten Satz dieser Vertragsbestimmung ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – hier aber auch nicht sinngemäß anzuwenden. Denn diese Frist ist für Zahlungen des Pächters an den Verpächter vorgesehen und geht offenbar davon aus, dass der Verpächter die in der Klausel genannten Kosten und Abgaben zunächst selbst bezahlt und sie dann dem Pächter weiterverrechnet.

Hier aber ist schlüssig die Direktzahlung des Pächters an die B* vereinbart, sodass unter redlichen Vertragsparteien weiters als vereinbart anzusehen ist, dass der Pächter zur Vermeidung von möglichen negativen Verzugsfolgen (wie etwa Mahnungen, Mahnspesen, Rücktritt vom Vertrag, Klage) die Fälligkeit der Rechnung der B* beachten muss. Dies bedeutet, dass im Fall, dass den Beklagten das Schreiben der Klägerin vom 21. 7. 2016 samt Rechnung der B* spätestens Anfang August 2016 zugekommen ist, diese angesichts der Fälligstellung der B* mit 28. 7. 2016 sofort zahlen mussten.

5. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Beweisrüge der Beklagten in der Berufungsbeantwortung entscheidende Bedeutung zukommt:

Bleibt es bei der bekämpften Feststellung, wären die Beklagten gegenüber der Klägerin mit der Zahlung der Rechnung der B* mehr als drei Monate im Rückstand. Dies gilt selbst dann, wenn man die Frist nicht mit Fälligkeit der Rechnung (28. 7. 2016), sondern erst mit Zugang der Rechnung an die Beklagten (spätestens) „Anfang August“ ausgeht. Dann endete die Frist „Anfang November“ 2016. Die Überweisung am 17. 11. 2016 und auch das Einlangen bei den B* am 22. 11. 2016 liegen aber bereits in der zweiten Monatshälfte und somit nicht mehr „Anfang November“. Diesfalls wäre dem Räumungsbegehren stattzugeben.

Kommt es hingegen zur begehrten Ersatzfeststellung, hätte mangels von der Klägerin übermittelter Rechnung der B* die Dreimonatsfrist laut Punkt 3.5 lit b des Pachtvertrags nicht zu laufen begonnen und könnte die Klägerin den Pachtvertrag nach dieser Bestimmung nicht auflösen; das Klagebegehren wäre abzuweisen.

Das Berufungsgericht wird daher die Beweisrüge der Berufungsbeantwortung erledigen und dann im Sinne der überbundenen Rechtsansicht neuerlich entscheiden müssen.

6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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