OGH 8Ob131/18z

OGH8Ob131/18z24.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** B*****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Dr. H***** M*****, wegen 37.540,10 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. Juli 2018, GZ 4 R 59/18k‑17, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00131.18Z.1024.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

 

Begründung:

Der Kläger nimmt den beklagten Rechtsanwalt aus dem Titel der Anwaltshaftung in Anspruch. Er begehrt unter anderem 37.540,10 EUR sA, und zwar für „an den Beklagten bezahlte Honorare und Kosten 33.462,96 EUR“ und für „Honorarkosten des Gegenanwalts 4.077,14 EUR“ (AS 10).

Der Kläger brachte vor, der Beklagte sei für ihn unter anderem hinsichtlich der grundbücherlichen Durchführung einer Vereinbarung, in einem Sicherungsverfahren und in einem nachehelichen Aufteilungsverfahren tätig gewesen. Dabei habe der Beklagte mehrere – im Einzelnen vorgebrachte – Anwalts- und Beratungsfehler begangen, die frustrierte Aufwendungen des Klägers in Höhe von insgesamt 43.146,48 EUR zur Folge gehabt hätten. Dabei handelt es sich um die Summe aus elf vom Kläger jeweils mit Datum und Betrag vorgebrachte Zahlungen im Zeitraum 18. 1. 2011 bis 11. 3. 2016. Der Kläger behielt sich eine Ausdehnung des Leistungsbegehrens auf 43.146,48 EUR vor (AS 86 f).

Das Erstgericht erörterte in der Verhandlung, dass der Kläger eine Aufschlüsselung über einen Gesamtbetrag in Höhe von 43.146,48 EUR vorgenommen habe, er aber in der Klage 37.540,10 EUR für Honorar des Beklagten inklusive gegnerischer Kosten begehre. Es sei aus der Aufstellung nicht ersichtlich, wofür die Honorare bzw die Überweisungen jeweils konkret aufgewendet worden seien. Insbesondere sei nicht ersichtlich, im Zusammenhang mit welchem Verfahren bzw mit welcher Vertretungstätigkeit die jeweiligen Zahlungen aufgewendet worden seien, da der Kläger vom Beklagten offenbar in mehreren Angelegenheiten vertreten worden sei. Urkunden könnten ein Vorbringen nicht ersetzen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie sich die in der Klage angeführten Beträge von 33.462,96 EUR und 4.077,14 EUR zusammensetzen bzw wann hier Zahlungen geleistet worden seien (AS 134).

Der Kläger brachte hierauf vor, er mache von den geleisteten Zahlungen in Höhe von 43.146,48 EUR einen Teilbetrag in Höhe von 37.540,10 EUR geltend, und erklärte neuerlich, sich die Ausdehnung vorzubehalten.

Das Erstgericht erörterte, nach wie vor nicht zu wissen, wie sich der Klagsbetrag zusammensetze. Der Kläger nahm jedoch keine weitere Aufschlüsselung vor (AS 137).

Rechtliche Beurteilung

Wenn die Vorinstanzen hiervon ausgehend das Leistungsbegehren (auch) mangels Bestimmtheit abwiesen, ist dies nicht korrekturbedürftig.

Die Klage hat nach § 226 Abs 1 ZPO ein bestimmtes Begehren zu enthalten. Werden mehrere Ansprüche in einer Klage gemeinsam geltend gemacht, muss jeder der Ansprüche ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein

. Wird ein Pauschalbetrag verlangt, muss das Klagebegehren mangels Individualisierung der einzelnen Ansprüche erfolglos bleiben

. Hat der Kläger eine solche Aufschlüsselung unterlassen, ist er gemäß § 182 ZPO zur Verbesserung anzuleiten.

Ohne eine solche Aufschlüsselung wäre es nicht möglich, den Umfang der Rechtskraft einer Teilabweisung des Zahlungsbegehrens zu bestimmen und damit die Frage zu beantworten, über welche der eingeklagten Forderungen (ganz oder teilweise) endgültig negativ abgesprochen worden ist. Nur wenn eine solche Aufgliederung erfolgt, kann in einem Folgeprozess die der Zulässigkeit einer weiteren Sachentscheidung allenfalls entgegenstehende materielle Rechtskraft der früheren Entscheidung beurteilt werden.

Eine alternative Klagenhäufung, bei welcher der Kläger dem Gericht die Wahl überlässt, welchem Begehren es stattgeben will, ist hingegen jedenfalls unzulässig, und zwar selbst dann, wenn nur ein Teilbetrag der angeblich gesamt zustehenden Forderungen eingeklagt wird (RIS‑Justiz

RS0031014 [T8, T9, T10, T15, T17, T20, T21, T26, T31]).

Wenn ein Mandant eines Rechtsanwalts den Ersatz des von ihm an den Rechtsvertreter für mehrere Verfahren zu leistenden oder geleisteten Honorars begehrt, ist dies aufzugliedern. Es geht nicht an, die Aufteilung eines Pauschalbetrags dem Gericht zu überlassen (RIS‑Justiz RS0037907 [T2, T3, T4]).

Im vorliegenden Fall sind die Vorinstanzen vertretbar davon ausgegangen, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern der eine oder andere in der Klage genannte Pauschalbetrag von 33.462,96 EUR für eigene und 4.077,14 EUR für fremde Anwaltskosten die eine oder andere Sache, in welcher der Beklagte für den Kläger nach dessen Vorbringen tätig gewesen und dabei jeweils bestimmte Fehler begangen haben soll, betrifft. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst vorbringt, dass er elf Zahlungen geleistet habe, welche wegen der dem Beklagten angelasteten Anwaltsfehler frustriert seien, aber nicht klar ist, welche der elf Zahlungen nunmehr Gegenstand des Begehrens auf Zahlung von insgesamt 37.540,10 EUR sind, zumal das Leistungsbegehren geringer ist als die Summe der elf Zahlungen (43.146,48 EUR) und auch erklärtermaßen nur eine Teileinklagung vorliegt. Das trotz gehöriger erstgerichtlicher Erörterung unbestimmt gebliebene Leistungsbegehren wurde daher in Übereinstimmung mit der ständigen, aus RIS‑Justiz RS0031014 ersichtlichen Rechtsprechung zum Erfordernis der Bestimmtheit des Klagebegehrens abgewiesen.

Aus der in der außerordentlichen Revision angeführten Entscheidung 9 ObA 132/14y ergibt sich nichts anderes. Diese betrifft nicht das Erfordernis der Bestimmtheit, sondern jenes der Schlüssigkeit des Klagebegehrens, wonach sich der in der Klagserzählung behauptete Sachverhalt unter den Tatbestand eines Rechtssatzes subsumieren lassen muss und das Klagebegehren dessen Rechtsfolge zu entsprechen hat. Dass in den Urteilen der Vorinstanzen der Mangel der Unbestimmtheit des Klagebegehrens terminologisch unpräzise (auch) als „Unschlüssigkeit“ bezeichnet wurde, schadet nicht.

Inwiefern die – wie dargelegt der Rechtsprechung zum Bestimmtheitserfordernis nach § 226 ZPO entsprechenden – Urteile der Vorinstanzen von der Judikatur zu § 1416 ABGB abweichen, legt der Kläger nicht nachvollziehbar dar. Im Übrigen handelt es sich bei § 1416 ABGB um eine materiell-rechtliche Verrechnungsregel. Deren Anwendung wurde in der Entscheidung 4 Ob 42/15b schon für die Frage abgelehnt, welche von mehreren (ungereihten) Gegenforderungen nun tatsächlich durch Aufrechnung erloschen ist. Das Gericht muss (im Urteil) klarstellen, auf welche von mehreren Gegenforderungen sich seine – in den dreigliedrigen Urteilsspruch aufzunehmende – Feststellung bezieht, dass die Gegenforderung zu Recht bestehe. Umso weniger kann § 1416 ABGB den Kläger vom verfahrensrechtlichen Erfordernis, sein Begehren im Sinne des § 226 ZPO bestimmt anzugeben, entlasten. Die Beurteilung, welche Schuld iSd § 1416 ABGB beschwerlicher ist, ist – wie bereits in 4 Ob 42/15b festgehalten – fehlerträchtig. Die Pflicht zur Präzisierung eines Pauschalbetrags dient aber aus Gründen der Rechtssicherheit der eindeutigen Bestimmbarkeit der Grenzen der materiellen Rechtskraft (RIS‑Justiz RS0031014 [T15, T17, T31]).

Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

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