OGH 3Ob30/18k

OGH3Ob30/18k27.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei I*****, Slowenien, vertreten durch Dr. Roland Grilc und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die verpflichtete Partei J*****, Slowenien, vertreten durch Tischler & Tischler Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Vollstreckbarerklärung, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. Dezember 2017, GZ 1 R 270/17a‑27, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 10. April 2017, GZ 7 E 40/17m‑4, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00030.18K.0627.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten der betreibenden Partei für die Revisionsrekursbeantwortung werden mit 1.725,84 EUR (darin enthalten 287,64 EUR an USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

 

Begründung:

Die Betreibende begehrte die Vollstreckbarerklärung des Urteils des Kreisgerichts Ljubljana vom 14. April 2015 und die Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294 EO. Sie legte dazu ua das Urteil und die Bescheinigung nach Art 54 und 58 EuGVVO aF vom 24. Februar 2017 jeweils samt beglaubigter Übersetzung vor.

Das Erstgericht erklärte mit Beschluss vom 10. April 2017 das erwähnte Urteil für die Republik Österreich für vollstreckbar und bewilligte der Betreibenden wider die Verpflichtete zur Hereinbringung von 26.815,60 EUR sA die Forderungsexekution nach § 294 EO.

Die Verpflichtete stellte zunächst einen Aufschiebungsantrag , weil sie am 12. September 2017 beim Erstgericht eine Impugnationsklage eingebracht hatte, die ua Ausführungen zu einem Insolvenzverfahren in Slowenien enthält.

Die Betreibende erstattete eine Äußerung und gestand die gegnerischen Behauptungen zum Insolvenzverfahren zu.

Die Verpflichtete erhob (nur) gegen die Vollstreckbarerklärung Rekurs (ON 21), in dem sie sich darauf berief, über ihr Vermögen sei ein als vereinfachtes Ausgleichsverfahren (ins Slowenische übersetzt: „postopek peonostavljene prisilne poravnave“) geführtes (mittlerweile rechtskräftig abgeschlossenes) Insolvenzverfahren anhängig gewesen, ein Sanierungsplan angenommen und mit rechtskräftigem Beschluss vom 9. Juli 2015 bestätigt worden. Der Sanierungsplan gelte gemäß den „Bestimmungen des Art. 25 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 iVm der Verordnung (EG) Nr. 603/2005 bzw des Art. 32 EuInsVO 2015 bzw des Art. 35 EuInsVO iVm mit den Bestimmungen der Art. 160, 212, 214 sowie 215 der slowenischen Insolvenzordnung“ und „aufgrund des Notariatsakts vom 2. April 2015“ auch für die Forderung der Betreibenden laut dem betriebenen Exekutionstitel. Der nach Erlass des Titels eingetretene Umstand der mangelnden Fälligkeit stehe der Vollstreckbarerklärung entgegen. Diese verstoße auch gegen den (verfahrensrechtlichen) ordre public, weil die Betreibende mit der Exekutionsführung in Österreich gegenüber allen anderen Insolvenzgläubigern der Verpflichteten besser gestellt wäre und mehr bekommen würde, als ihr wegen der 50%igen Quote zustehe; es würde damit auch die Sanierung der Verpflichteten gefährdet werden. Das stelle einen Verstoß gegen das auch dem europäischen Insolvenzrecht immanente Grundprinzip der Gläubigergleichbehandlung dar und wäre auch vollkommen unvereinbar mit Grundprinzipien der inländischen Rechtsordnung.

Die Betreibende stellte in ihrer Rekursbeantwortung (neuerlich) die gegnerischen Behauptungen zum vereinfachten Zwangsausgleichsverfahren außer Streit. Nach Art 1 iVm Art 2a der noch anwendbaren EuInsVO aF könne nur dann von einem Insolvenzverfahren, das auch in anderen Mitgliedsstaaten anerkannt werde, gesprochen werden, wenn ein Verwalter bestellt worden und die Art des Verfahrens auch in Anhang A zur EuInsVO aF aufgeführt sei. Keine der beiden Voraussetzungen treffe hier zu, weshalb das vereinfachte Zwangsausgleichsverfahren ohne Wirkung auf die Fälligkeit des betriebenen Anspruchs in Österreich sei. Dementsprechnd sei die Bescheinigung gemäß Art 54 und 58 EuGVVO aF uneingeschränkt zum Zweck der Exekutionsführung in Österreich ausgestellt worden. Somit könne auch kein Verstoß gegen den innerstaatlichen ordre public vorliegen.

In zweiter Instanz war folgender Sachverhalt unstrittig :

Die Betreibende und die Verpflichtete sind Gesellschaften, die ihren Sitz in Slowenien haben.

Über das Vermögen der Verpflichteten wurde mit Beschluss des Kreisgerichts Ljubljana vom 3. März 2015 ein vereinfachtes Ausgleichsverfahren („postopek peonostavljene prisilne poravnave“) eingeleitet. Dieser Beschluss sah eine Verwalterbestellung nicht vor. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 9. Juli 2015 erfolgte die Bestätigung des vereinfachten Zwangsvergleichs durch das Kreisgericht Ljubljana. Dieser sieht vor, dass die Forderungen der Insolvenzgläubiger – auch die Betreibende hatte die hier betriebene Forderung angemeldet – binnen vier Jahren nach rechtskräftig bestätigtem Zwangsvergleich mit einer Quote von 50 % befriedigt werden.

Aufgrund des Urteils des Kreisgerichts Ljubljana vom 14. April 2015, Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 9. Mai 2015, mit dem ausgesprochen wurde, dass der Exekutionsbescheid des Bezirksgerichts Ljubljana vom 29. Jänner 2014 in den Absätzen 1 und 3 zur Gänze in Kraft bleibt, ist die Verpflichtete zur Zahlung von 26.815,60 EUR sA an die Betreibende verpflichtet. In dessen Begründung (Punkt 7.) wird die Anhängigkeit des Insolvenzverfahrens erwähnt und ausgeführt, dass nach Ansicht des erkennenden Gerichts dieser Umstand für die im Prozess eingeklagte Geldforderung keine Rechtsfolgen habe.

Mit Bescheinigung gemäß Art 54 und 58 EuGVVO aF vom 24. Februar 2017 bestätigte das Kreisgericht Ljubljana die Vollziehbarkeit des Urteils vom 14. April 2015 im Ursprungsland Slowenien.

Die Verpflichtete unterhält ein Konto bei der als Drittschuldnerin namhaft gemachten Bank mit Sitz im Sprengel des Erstgerichts; die Drittschuldnererklärung ergab ein Guthaben der Verpflichteten in Höhe von 421,15 EUR.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu.

Auf die EuInsVO Verordnung (EG) Nr 1346/2000 – die EuInsVO Nr 848/2015 gelte grundsätzlich erst ab 26. Juni 2017 – sei nicht Bedacht zu nehmen, weil das in Slowenien geführte Insolvenzverfahren keine Auslandsberührung aufweise.

Anzuwenden sei die EuGVVO aF, nach der die von der Verpflichteten erhobenen materiell-rechtlichen Einwendungen (Reduzierung des vollstreckbaren Anspruchs um die Hälfte; Verlängerung der Leistungsfrist) nicht im Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht werden könnten. Der Oberste Gerichtshof habe sich der Ansicht des EuGH (C‑139/10, Prism/van der Meer ) angeschlossen und zu 3 Ob 149/13b ausgesprochen, dass im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Vollstreckbarerklärung nach der EuGVVO die Geltendmachung sämtlicher nachträglich entstandener materiell‑rechtlicher Einwendungen jedenfalls dann ausgeschlossen sei, wenn diese weder unstrittig noch rechtskräftig festgestellt (also nicht liquide) seien (RIS-Justiz RS0116739). Die Rekurswerberin stütze ihre Auffassung, die betriebene Forderung sei vom bestätigten Zwangsvergleich umfasst, nur auf die Art 160, 212, 214 und 215 der slowenischen Insolvenzordnung (Gesetz über Finanzgeschäfte, Insolvenzverfahren und Zwangsvollstreckung – ZFPPIPP, Amtsblatt der Republik Slowenien Nr 63/2013 vom 26. Juli 2013), ohne aber Tatsachen zu behaupten, weshalb der Zwangsvergleich auch für die hier betriebene Forderung wirksam (etwa iSd Art 212 leg cit) oder als Ausnahme nicht wirksam (Art 213 leg cit) sei. Ohne Kenntnis näherer Umstände, etwa über Art und Zeitpunkt der Entstehung der betriebenen Forderung, sei nach derzeitiger Aktenlage eine Beurteilung der Wirksamkeit des Zwangsvergleichs nicht möglich Die insoweit nicht liquiden materiell‑rechtlichen Einwendungen könnten daher im Rekursverfahren nicht beurteilt werden und seien deshalb mit einer exekutionsrechtlichen Klage geltend zu machen; dies auch, um dem Schuldner nicht eine Tatsacheninstanz abzuschneiden. Ein im Exekutionstitel liegender offensichtlicher Verstoß gegen den ordre public könne nicht erkannt werden. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob der – ohne weiteres Tatsachenvorbringen erhobene – Einwand, die betriebene Forderung sei von der Wirksamkeit des bestätigten Zwangsvergleichs umfasst, (gemeint:) im Rechtsbehelfsverfahren zu prüfen sei.

Mit ihrem Revisionsrekurs strebt die Verpflichtete die Abänderung iSd Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung, in eventu die Aufhebung der Rekursentscheidung an. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Exekutionsführung sei mangels Vollstreckungsanspruchs infolge nicht gegebener Fälligkeit der betriebenen Forderung unzulässig. Die Vollstreckbarerklärung (nicht der Exekutionstitel an sich) verstoße gegen den ordre public. Außerdem regt die Verpflichtete ein Vorabentscheidungsverfahren zu Art 34 Z 1 EuGVVO aF an.

In ihrer Rekursbeantwortung (gemeint: Revisionsrekursbeantwortung ) beruft sich die Betreibende auf die absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO sowie darauf, dass die von der Verpflichteten erhobenen inhaltlichen Einwendungen nicht zulässig seien und das in Slowenien durchgeführte vereinfachte Zwangsausgleichsverfahren nach der EuInsVO aF in Österreich keine Anwendung finde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist – entgegen der Ansicht der Betreibenden – gemäß § 411 Abs 4 EO nicht absolut unzulässig, sondern zur Klärung der Rechtslage zulässig , aber nicht berechtig t.

1.  Zunächst ist Folgendes klarzustellen:

1.1.  Nach dem (Tatsachen-)Vorbringen beider Parteien zum in Slowenien geführten vereinfachten Zwangsvergleichsverfahren, zum bestätigten Zwangsvergleich, dessen Inhalt und dessen innerstaatlichen Wirksamkeit auf die betriebene Forderung waren diese Umstände schon in der zweiten Instanz aufgrund des Inhalts beider Rechtsmittelschriften und der dazu vorgelegten Urkunden unstrittig. Der Hinweis des Rekursgerichts auf fehlende Behauptungen zur Beurteilbarkeit der Wirkung des bestätigten Zwangsausgleichs auf die betriebene Forderung ist somit überflüssig, weil die innerstaatliche Wirksamkeit im Ursprungsstaat von der Betreibenden gar nicht in Frage gestellt wurde. Auch in der Revisionsrekursbeantwortung wendet sich die Betreibende weiterhin nur gegen die Wirksamkeit in Österreich.

1.2.  Die Anwendung der EuGVVO aF (2000) stellt ebenfalls keinen Streitpunkt dar (vgl Art 6 EuGVVO nF).

2.  Mit ihrem Rekursvorbringen machte die Verpflichtete den materiell‑rechtlichen Einwand der (noch aufrechten) Wirkung des erst nach Titelschaffung bestätigten Zwangsvergleichs im Sinn einer Stundung und des teilweisen Erlöschens der Forderung geltend. Die Verpflichtete hat den Weg einer Inpugnationsklage ohnehin schon beschritten (obwohl sie im Rekurs behauptet, die gegenständlichen Einwendungen könnten ua mit Impugnationsklage nicht geltend gemacht werden).

3.  Zu prüfen ist daher, ob dieser Einwand im Rechtsbehelfsverfahren zulässig ist.

3.1 . Der EuGH hat bereits am 13. Oktober 2011, C‑139/10 (Prism/van der Meer = wbl 2012, 32), entschieden, dass Art 45 EuGVVO dahin auszulegen ist, dass er der Versagung oder Aufhebung einer Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung durch ein Gericht, das über einen Rechtsbehelf gemäß Art 43 oder 44 EuGVVO zu entscheiden hat, aus einem anderen als in Art 34 und 35 EuGVVO genannten Grund, wie etwa dem, dass der Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat nachgekommen wurde, entgegensteht. Zur Begründung führte der EuGH aus, das Vollstreckbarerklärungsverfahren umfasse nur eine „einfache formale Prüfung der Schriftstücke“ (Rz 28 und 42), die Behörden dürften lediglich kontrollieren, ob die Förmlichkeiten zur Erteilung der Vollstreckbarerklärung des ausländischen Titels erfüllt seien (Rz 30). Es werde kein neues Verfahren in Gang gesetzt, sondern „auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrauens in die Justiz der Mitgliedstaaten“ die Zustimmung erteilt, eine Entscheidung durch Integration in eine fremde Rechtsordnung zu vollstrecken, damit eine in dem Urteilsmitgliedstaat erlassene Entscheidung im Vollstreckungsmitgliedstaat die Wirkungen eines vollstreckbaren nationalen Rechtstitels entfalte (Rz 31). Die Gründe, aufgrund derer eine erfolgte Vollstreckbarerklärung angefochten werden könne, seien in Art 34 und 35 EuGVVO, die eng auszulegen seien, abschließend aufgezählt (Rz 32 f). Da die nachträgliche Erfüllung einer titulierten Forderung in Befolgung der gerichtlichen Entscheidung dieser in dem Urteilsland nicht den vollstreckbaren Charakter nehme, kämen ihr diese Rechtswirkungen auch nicht bei ihrer Vollstreckbarerklärung im Ausland zu (Rz 39). Eine Erfüllung könne insoweit nur im Vollstreckungsstaat nach Integration in dessen Rechtsordnung Prüfungsgegenstand werden (Rz 40). Auch die Tatsache, dass dadurch einem gerade vollstreckbar erklärten Titel die Vollstreckbarkeit wieder genommen werden könne, führe nicht zu einer Berücksichtigung der nachträglich entstandenen materiell-rechtlichen Einwendungen im Verfahren der Vollstreckbarerklärung, weil anderenfalls diese dessen Merkmale änderten und sich (im Fall der Notwendigkeit einer umfangreichen Tatsachenaufklärung) entgegen dem im 17. ErwGr der Verordnung angeführten Ziel eines raschen und effizienten Verfahrens die Verfahrensdauer verlängere (Rz 35 und 42).

3.2.  Der erkennende Senat folgerte daraus, dass der EuGH im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Vollstreckbarerklärung nach der EuGVVO die Geltendmachung sämtlicher nachträglich entstandener materiell‑rechtlicher Einwendungen (dort: eingetretene Verjährung der betriebenen Forderung, Restschuldbefreiung im Jahr 2011 und geänderte Verhältnisse im betriebenen Zeitraum gegenüber der Titelschaffung), jedenfalls dann als ausgeschlossen erachtet, wenn sie weder unstrittig noch rechtskräftig festgestellt, also nicht liquide, sind (3 Ob 149/13b; RIS-Justiz RS0116739 [T2]).

Die Frage, ob liquide materiell-rechtliche Einwendungen im Rechtsbehelfsverfahren zulässig sind, war vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht zu beantworten, weil die zu behandelnden Einwände von Verpflichteten stets als nicht liquid beurteilt wurden (3 Ob 149/17b; 3 Ob 11/16p).

3.3.  Slonina (Ausschluss materiellrechtlicher Einwendungen im Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung nach Art 43, 45 EuGVVO, ecolex 2012, 134, und in Angst/Oberhammer ³ [2015] § 84 EO Rz 25) und Garber (in Angst/Oberhammer ³ [2015] Vor § 79 EO Rz 101) gehen von einem uneingeschränkten Ausschluss materiell-rechtlicher Einwendungen aus.

3.4.  Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) konnte diese Frage vorerst offen lassen (Beschluss vom 12. Juli 2012, IX ZB 267/11 Rz 15), kam aber in der Folge bei der Auslegung der bindenden Entscheidung des EuGH Prism/van der Meer zum Ergebnis, dass auch liquide Einwendungen vom Exequaturverfahren ausgeschlossen sind. In seinen Ausführungen unterscheide der EuGH nicht zwischen liquiden und illiquiden Einwendungen. Deshalb sei davon auszugehen, dass der EuGH alle nicht von Art 34 und 35 EuGVVO genannten Einwendungen im Exequaturverfahren als nicht berücksichtigungsfähig ansehe. Bei liquiden Einwendungen drohten zwar keine Verzögerungen im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung. Es greife aber das vom EuGH angeführte Argument, dass zwischen dem Exequaturverfahren, welches die Wirkungen der ausländischen Entscheidung in die Rechtsordnung des Zweitstaats integriere, und der anschließenden Zwangsvollstreckung strikt zu trennen sei (Beschluss vom 10. Oktober 2013, IX ZB 87/11; im Ergebnis auch Beschluss vom 23. September 2015, XII ZB 234/15).

4.  Der erkennende Senat schließt sich der zu Punkt 3.3. und 3.4. dargestellten Rechtsansicht an:

4.1.  Zunächst ist hervorzuheben, dass weder der Text des Art 45 Abs 1 EuGVVO aF (arg „nur“) noch die Begründung des EuGH Anlass für eine solche Ausnahme bieten. Der BGH verweist zutreffend darauf, dass der EuGH in seinen Ausführungen nicht zwischen liquiden und illiquiden materiell-rechtlichen Einwendungen differenziert, woraus zu schließen ist, der EuGH erachte alle nicht von Art 34 und 35 EuGVVO genannten Einwendungen im Exequaturverfahren als nicht berücksichtigungsfähig.

4.2.  Im Vollstreckbarerklärungsverfahren geht es im Übrigen gar nicht um den zugrundeliegenden Anspruch, sondern um die Vollstreckbarkeit einer ausländischen Entscheidung unter Berücksichtigung etwaiger Anerkennungsversagungsgründe ( Oberhammer in Stein/Jonas ZPO 22 Art 43 EuGVVO Rz 5). Dementsprechend betonte der EuGH, dass zwischen dem Exequaturverfahren, welches die Wirkungen der ausländischen Entscheidung in die Rechtsordnung des Zweitstaats integriert, und der nachfolgenden Zwangsvollstreckung unterschieden werden muss.

4.3.  Unter diesen Gesichtspunkten kommt dem Argument, die Berücksichtigung liquider Einwendungen führe (in der Regel) zu keiner Verfahrensverzögerung, keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

5.  Da die nachträglich entstandenen materiell‑rechtlichen Einwendungen der Verpflichteten im Vollstreckbarerklärungsverfahren somit jedenfalls unberücksichtigt bleiben müssen, ist die weitere Auseinandersetzung mit der Frage, ob angesichts der strittigen Frage, ob die in Slowenien erfolgte (dort wirksame) gerichtliche Bestätigung des vereinfachten Zwangsvergleichs in Österreich anzuerkennen und daher von einer liquiden Einwendung der Verpflichteten auszugehen ist, hier nicht zu beantworten.

6.  Ein ordre public-Verstoß durch die Anerkennung des verfahrensgegenständlichen Urteils und dessen Vollstreckbarerklärung kann schon deshalb nicht erkannt werden, weil sich diese auf die Rechtsprechung des EuGH stützt. Im Übrigen besteht die von der Verpflichteten ohnehin schon genutzte Möglichkeit, ihre Einwendungen im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens anzubringen. Der erkennende Senat sieht sich daher zur Einleitung des von der Verpflichteten angeregten Vorabentscheidungsverfahrens nicht veranlasst.

7.  Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 410 Abs 2 iVm 74 EO.

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