OGH 10Ob46/18i

OGH10Ob46/18i26.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr.

 Neumayr als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** KG, *****, vertreten durch Mag. Rivo Killer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 49.920 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. März 2018, GZ 1 R 11/18d‑27, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0100OB00046.18I.0626.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

 

B e g r ü n d u n g :

Die klagende Gesellschaft begehrt die Zahlung von 49.920 EUR sA an Maklerprovision für die Vermittlung einer Liegenschaft, auf der ein Hotel errichtet ist.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren übereinstimmend statt. Das Berufungsgericht ließ die Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

1.1 Stillschweigende Auftragserteilung ist anzunehmen, wenn der Interessent die vom gewerbsmäßigen Realitätenvermittler für ihn entfaltete Tätigkeit duldet oder sich der Tätigkeit des Vermittlers nutzbringend bedient, um den gewünschten Erfolg herbeizuführen (RIS‑Justiz RS0062658 [T4]). Handelt der Immobilienmakler erkennbar bereits für einen anderen Auftraggeber (hier für den Verkäufer der Liegenschaft), so kann darüber hinaus die Annahme der Dienste des Maklers nur dann als konkludentes Einverständnis zum Abschluss eines Maklervertrags gedeutet werden, wenn der Makler zuvor deutlich zu erkennen gab, für seine Bemühungen (auch) eine Provision von seinem Verhandlungspartner zu erwarten, wobei ein Hinweis auf die Provisionserwartung genügt (RIS‑Justiz RS0062234 [T3, T4]; RS0062658 [T6, T9]).

1.2 Nach den Feststellungen hat der Beklagte die Tätigkeit der Klägerin auch noch nach dem Besichtigungstermin (bei dem ihm ein „Besichtigungsschein“ samt Hinweis auf die Provisionserwartung ausgefolgt worden war) in Anspruch genommen, indem ihm – wie zuvor telefonisch besprochen – Informationen und Unterlagen zu der Immobilie (Gutachten über den Grundstück- und Gebäudewert sowie ein Kaufanbotformular) übersandt wurden. Wenn das Berufungsgericht im Hinblick auf diese Umstände die Nichtunterfertigung des „Besichtigungsscheins“ (deren Grund nicht feststellbar war) nicht als Widerspruch gegen die Tätigkeit der Klägerin gewertet hat, sondern von der Erteilung eines schlüssigen Vermittlungsauftrags ausging, stellt dies jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

2. Fest steht, dass der Erhalt einer Versicherungsleistung aus der Brandschadenversicherung nicht (aufschiebende oder auflösende) Bedingung des Kaufvertrags war. Von diesen Feststellungen entfernt sich der Beklagte, wenn er auch noch in seiner Revision davon ausgeht, im Zuge der Besichtigung sei ein „Finanzierungsvorbehalt“ vereinbart worden.

3. Der Anspruch auf Provision entfällt (nachträglich) nur, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber (hier dem Beklagten) zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird (§ 7 Abs 2 MaklerG). Auf dieser Regelung fußt die Ansicht der Vorinstanzen, mangels Nachweises derartiger Gründe sei die Nichtzahlung des Kaufpreises vertragswidrig, der Vertragsrücktritt des Verkäufers berechtigt und der Provisionsanspruch der Klägerin zu bejahen. Dass der Geschäftsherr den Kaufpreis für die vertragsmäßig vermittelte Liegenschaft nicht aufbringen kann, ist für sich allein kein Grund, dem Makler den Provisionsanspruch abzuerkennen (5 Ob 266/01f).

4. Hat nach den Feststellungen die Klägerin erst am 10. 5. 2012 vom Zustandekommen des Kaufvertrags Kenntnis erlangt, war die Klagsforderung zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am 7. 5. 2015 nicht verjährt (§ 11 Satz 2 MaklerG; RIS‑Justiz RS0127104).

5.1 Die Vorinstanzen gingen davon aus, die anlässlich der Vereinbarung einfachen Ruhens des Verfahrens abgegebene Prozesserklärung des Beklagten, „auf den Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung“ zu verzichten, umfasse nach ihrem objektiven Erklärungssinn auch einen Verjährungsverzicht und beschränke den Beklagten auf sachliche Einwendungen (vgl RIS‑Justiz RS0034627). In seiner Revision führt der Beklagte dagegen nur neuerlich ins Treffen, er habe keinen Verjährungsverzicht abgegeben. Die Auslegung des Prozessvorbringens einer Partei stellt aber im Allgemeinen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (RIS‑Justiz RS0044273 [T41]). Auch mit dem weiteren Vorbringen, das jahrelange Anhängigverbleiben einer Rechtssache ohne Vereinbarung ewigen Ruhens habe ihn der Gefahr ausgesetzt, Jahre später erneut in einen Prozess hineingezogen zu werden und stelle „im Grunde einen Rechtsmissbrauch dar“, zeigt der Beklagte keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

6. Das Erstgericht hat mit den Parteienvertretern im Rahmen der vorbereitenden Tagsatzung von Amts wegen erörtert, dass sich aus dem bisherigen Vorbringen nicht ergibt, ob der Beklagte allenfalls als Verbraucher iSd KSchG anzusehen sei. Die Richterin hat auch darauf hingewiesen, dass im Fall der Bejahung der Verbrauchereigenschaft die §§ 30a ff KSchG gelten würden. Dennoch erstattete der Beklagte kein Vorbringen, aus dem sich ableiten ließe, die §§ 30a ff KSchG stünden dem Klageanspruch entgegen. Die Feststellung, der Beklagte habe in der Vergangenheit einen Gasthof betrieben, der abgebrannt sei und interessiere sich für das verfahrensgegenständliche Hotel als „Ersatzobjekt“, blieb von der Berufung des Beklagten unbekämpft. Bei dieser Sachlage ist die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe zur Anwendung der §§ 30a ff KSchG kein ausreichendes Vorbringen erstattet, jedenfalls vertretbar.

Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

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