OGH 12Os57/18a

OGH12Os57/18a21.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bernhard N***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 14. Dezember 2017, GZ 50 Hv 95/17b‑54, und über die Beschwerde des Genannten gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00057.18A.0621.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Konfiskationserkenntnis in Ansehung der Spiegelreflexkamera Digital – Olympus E420 samt Tasche (ON 36 Pos 59), des Apple iPod (ON 36 Pos 60), des Kamerastativs Giotto (ON 36 Pos 61), des Kamerastativs Hama samt Tasche (ON 36 Pos 62), des PC HP „Fotobearbeitung“ (ON 36 Pos 63), der Videokamera Canon XL1 samt Zubehör und Transportkoffer (ON 36 Pos 64) sowie des GIGA PAN Stativs für 360° Aufnahmen (ON 36 Pos 65) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bernhard N***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB (A./) sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er – soweit hier von Relevanz –

A./ in F***** und an anderen Orten Österreichs mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz nachgenannte Personen teils unter Verwendung falscher Daten und Urkunden durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet oder zu verleiten versucht, welche die Genannten in dem 300.000 Euro übersteigenden Betrag von 2.450.472,82 Euro an ihrem Vermögen schädigten oder schädigen sollten, indem er wahrheitswidrig vorgab, zahlungswilliger und ‑fähiger Kunde zu sein, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug für zumindest mehrere Wochen ein fortlaufendes Einkommen von mehr als 400 Euro monatlich zu verschaffen (US 11 iVm US 19), nämlich

1./ im Zeitraum vom 21. Juni 2015 bis zum 26. Juni 2015 unter Verwendung falscher Daten Verfügungsberechtigte der P***** GmbH zur Lieferung personalisierter Stempel und Klebeetiketten im Wert von 415,90 Euro, indem er wahrheitswidrig vorgab, die Bestellungen erfolgten durch die G***** in F*****, wobei er die Waren jedoch nicht bezahlte;

2./ am 15. Oktober 2015 unter Verwendung falscher Daten Verfügungsberechtigte der s***** GmbH zur Zurverfügungstellung von kostenpflichtigen SMS‑Diensten im Wert von 47,75 Euro, indem er wahrheitswidrig vorgab, die Leistungen würden von der G***** in Anspruch genommen, wobei er die dafür anfallenden Gebühren jedoch nicht bezahlte;

3./ im Zeitraum vom 16. März 2016 bis zum 8. November 2016 unter Verwendung falscher Daten Verfügungsberechtigte der P*****gesmbH zur Zusendung von Waren‑ und Wertgutscheinen in Höhe von 51.709,53 Euro, indem er vorgab, die Bestellungen erfolgten durch die G***** mit Sitz in F*****, wodurch er eine Firmenkundenkarte erlangte und damit Warenbestellungen auf Lieferschein durchführte, diese entgegennahm, aber nicht bezahlte;

4./ im Zeitraum vom 23. Mai 2016 bis zum 17. Juni 2016 unter Verwendung falscher Daten Verfügungsberechtigte der H***** GmbH & Co KG zur Lieferung von Büromaterial im Wert von 549,50 Euro, indem er wahrheitswidrig vorgab, die Bestellungen erfolgten durch die G***** in F*****, sechs Mal online Waren bestellte, die geliefert wurden, in der Folge jedoch nicht bezahlte;

5./ im Zeitraum vom 7. September 2016 bis zum 21. Oktober 2016 Verfügungsberechtigte der A***** GmbH zur Zurverfügungstellung von Mietfahrzeugen im Wert von 2.650,05 Euro, indem er sich zur Untermauerung seiner Zahlungsfähigkeit als „Magister“ Bernhard N*****, Mitarbeiter der Ö***** GmbH ausgab, in mehreren Angriffen Fahrzeuge mietete, die dafür anfallenden Kosten und Werkstattrechnungen jedoch nicht bezahlte;

6./ am 26. November 2016 und am 2. Dezember 2016 Verfügungsberechtigte der X***** KG zur Erstellung und Lieferung maßgefertigter Einrichtungsgegenstände im Wert von 22.776,80 Euro, indem er individuell zusammengestellte und maßgefertigte Wohnungseinrichtung bestellte, aber nicht bezahlte;

7./ am 9. Dezember 2016 unter Verwendung gefälschter Daten Verfügungsberechtigte der T***** GmbH zur Zusendung von Spirituosen im Wert von 126,60 Euro, indem er vorgab, die Bestellung erfolge durch die G*****, online bestellte, die Waren erhielt, aber nicht bezahlte;

8./ am 20. Dezember 2016 unter Verwendung gefälschter Urkunden das Maklerunternehmen des Patrick H***** sowie die Eheleute Erika und Karl He***** zum Abschluss eines Kaufvertrags betreffend ein Einfamilienhaus in H***** über einen Kaufpreis von 1.300.000 Euro, indem er einen gefälschten Kontoauszug der V***** mit einem angeblichen Guthaben von 4.969.389,50 Euro vorlegte, jedoch keine Zahlungen leistete, sondern dem Makler Patrick H***** gefälschte Überweisungsbestätigungen für den Kaufpreis und die Rechtsanwaltskosten übermittelte, wobei diese Tat beim Versuch blieb;

9./ am 27. Jänner 2017 Verfügungsberechtigte der P***** GmbH & Co KG unter Verwendung gefälschter Urkunden zur Übergabe eines PKW im Wert von 32.480,84 Euro, indem er vorgab, Geschäftsführer der G***** mit Sitz in F***** zu sein, ankündigte, das Fahrzeug gegen sofortige Überweisung zu kaufen, und einen gefälschten Überweisungsbeleg übermittelte, wobei diese Tat beim Versuch blieb;

10./ am 27. Jänner 2017 Verfügungsberechtigte der P***** GmbH & Co KG zur Lieferung eines Neuwagens im Wert von 35.660 Euro, indem er vorgab, Geschäftsführer der G***** mit Sitz in F***** zu sein und den Kaufvertrag unterfertigte, wobei diese Tat beim Versuch blieb;

11./ am 10. Februar 2017 Verfügungsberechtigte der K*****gesellschaft m.b.H. zur Erstellung und Lieferung einer Küche im Wert von 27.570,91 Euro, indem er eine maßgefertigte Küche bestellte, aber nicht bezahlte, wobei diese Tat beim Versuch blieb;

12./ am 15. Februar 2017 „Katerina R*****, Wilhelm Ro***** und Werner F*****“ zum Abschluss eines Kaufvertrags betreffend ein Einfamilienhaus in L***** über einen Kaufpreis von 975.000 Euro, tatsächlich jedoch keine Zahlung leistete, wobei diese Tat beim Versuch blieb;

13./ im Zeitraum vom 24. Februar 2017 bis zum 28. Februar 2017 unter Verwendung falscher Daten in zwei Angriffen Verfügungsberechtigte der n***** GmbH zur Lieferung eines Smartphones und eines Tablet‑PCs im Gesamtwert von 1.484,94 Euro, indem er die Bestellung ohne deren Wissen über das Kundenkonto und im Namen von Katerina R***** durchführte, die Waren erhielt, aber nicht bezahlte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, Z 9 lit a sowie Z 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider blieben die Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung der Schuldsprüche A./5./, A./6./ und A./8./ nicht ohne Begründung; vielmehr stützte das Erstgericht diese frei von Verstößen gegen Gesetze der Logik oder allgemeine Erfahrungswerte auf das Vorgehen (RIS‑Justiz RS0116882, RS0098671) sowie die prekäre finanzielle Situation des Angeklagten (US 14; zu Schuldspruch A./8./ siehe zudem US 16 f).

Weshalb sie der nicht geständigen Verantwortung des Angeklagten zum Schuldspruch A./8./ keinen Glauben schenkten, haben die Tatrichter nachvollziehbar dargelegt (US 16 f). Zu einer gesonderten Erörterung seiner Aussage, es sei ihm von vornherein klar gewesen, dass er die Häuser nicht erhalte, weil er gewusst habe, dass er den Kaufpreis nicht bezahlen könne (ON 53 S 8), waren sie dem Gebot gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend der Beschwerde (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) zuwider nicht verhalten.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu den Schuldsprüchen A./5./ und A./6./ Feststellungen zu einem Täuschungs-, Schädigungs‑ und Bereicherungsvorsatz vermisst, leitet sie mit der bloßen Behauptung mangelnden Sachverhaltsbezugs nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb die in der Beschwerde ausdrücklich angeführten, in Ansehung sämtlicher Schuldsprüche zu A./ getroffenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 11) für eine rechtsrichtige Subsumtion nicht ausreichen sollten (RIS-Justiz RS0099620).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu den Schuldsprüchen A./8./ und A./12./ wendet absolute Untauglichkeit des Versuchs ein, weil die festgestellte Vereinbarung der Zahlung des Kaufpreises auf ein Treuhandkonto (US 10; US 18 f) eine Eigentumsübertragung an den Angeklagten vor Bezahlung des Kaufpreises geradezu unmöglich gemacht hätte. Sie legt jedoch nicht dar, weshalb die dem Tatbestand entsprechende Sachverhaltsverwirklichung bei generalisierender Betrachtung, also losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls, denkunmöglich sein sollte, somit unter keinen Umständen erwartet werden könnte (vgl RIS‑Justiz RS0122720 [insbesondere T1]).

Zu Schuldspruch A./10./ behauptet der Beschwerdeführer einen freiwilligen Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB). Die Rüge (Z 9 lit b) argumentiert aber bloß mit eigenen Erwägungen gegen die tatrichterliche Feststellung, wonach die Stornierung nicht aus einer inneren Abkehr des Angeklagten vom Tatplan erfolgte, sondern weil er sonst das Misstrauen der Katerina R***** befürchten hätte müssen (US 18). Sie legt hingegen nicht dar, warum trotz der solcherart konstatierten konkreten – die Tatausführung für den Angeklagten ausschließenden – Furcht, entdeckt zu werden, Freiwilligkeit vorliegen sollte (vgl RIS‑Justiz RS0089862).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Allerdings überzeugte sich der Oberste Gerichtshof aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Urteil im Ausspruch über die Konfiskation nicht geltend gemachte Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO anhaftet, die zum Nachteil des Angeklagten wirkt:

Die vom Konfiskationserkenntnis (US 4 f)– auch – erfassten, im Spruch angeführten Gegenstände hat der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen zur Täuschung der Katerina R***** eingesetzt (US 11). Konstatierungen dazu, dass der Angeklagte die Genannte solcherart mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitete, die sie oder einen Dritten am Vermögen schädigt, oder dies versuchte, finden sich in den Entscheidungsgründen jedoch ebenso wenig wie Feststellungen zu einer sonstigen Verwendung dieser Gegenstände zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat, deren Bestimmung für die Verwendung bei der Begehung dieser Straftat oder deren Hervorbringung durch diese Handlung.

Insoweit überschreitet der Ausspruch – mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 19a Abs 1 StGB – die Sanktionsbefugnisgrenze (Z 11 erster Fall).

Da sich die Berufung des Angeklagten gegen den Ausspruch der verhängten Freiheitsstrafe, nicht aber gegen den Konfiskationsausspruch richtet, war dieser wie aus dem Spruch ersichtlich bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).

Die Entscheidung über die Berufungen sowie über die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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