OGH 7Ob34/18b

OGH7Ob34/18b24.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. B***** F*****, vertreten durch die Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen Leistung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2017, GZ 2 R 161/17i‑16, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00034.18B.0524.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Die Klägerin machte in einem anderen Streitverfahren (dort als Liegenschaftskäuferin) gegen den beklagten Notar aufgrund dessen Tätigkeit als Treuhänder bei der Abwicklung von Liegenschaftskaufverträgen Schadenersatzansprüche geltend.

Im Zuge des zugrundeliegenden Verfahrens hat der Beklagte der Klägerin eine Versicherungsbestätigung seines führenden Pflichthaftpflichtversicherers übermittelt, wonach der Beklagte mit einer Versicherungssumme von 5 Mio EUR aufrecht haftpflichtversichert sei, weiters die Versicherungspolizze samt Nachtrag, die Allgemeinen Bedingungen zur Rahmenvereinbarung Vermögensschaden Haftpflicht-Versicherung mit der Österreichischen Notariatskammer (ABVN) Fassung 03/2010 und die Besonderen Bedingungen zur Berufshaftpflichtversicherung der Notare und Notariatssubstitute (BBR‑N) (Stand 1. Juni 2016). Daraufhin wiesen die Vorinstanzen die Begehren der Klägerin ab, wonach der Beklagte über den Versicherungsschutz für die zwischen den Streitteilen abgeschlossene Treuhandvereinbarung durch Vorlage einer Deckungsbestätigung (Hauptbegehren), hilfsweise über Art, Ausmaß und Umfang des Versicherungsschutzes zu informieren habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht in ihrer außerordentlichen Revision als erhebliche Rechtsfrage sinngemäß geltend, dass der Beklagte nach den Punkten 16 und 17 der Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer vom 8. 6. 1999 über die Vorgangsweise bei notariellen Treuhandschaften idF 23. 10. 2014 (THR 1999) eine „Deckungsbestätigung“ in dem Sinn einer Erklärung abzugeben habe, ob im konkreten Anlassfall (anhängiges Streitverfahren gegen den hier wie dort beklagten Notar [Treuhänder]) im Fall seiner Sachfälligkeit Deckung aus seiner Pflichthaftpflichtversicherung gewährt werde. Damit zeigt die Klägerin die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf, weil sich die bezeichnete Rechtsfrage schon aufgrund des klaren Regelungswortlauts eindeutig lösen lässt (vgl RIS‑Justiz RS0042656):

1. Nach § 30 Abs 1 NO ist jeder Notar und jeder Notariatssubstitut verpflichtet, vor Aufnahme seiner Berufstätigkeit der Notariatskammer nachzuweisen, dass zur Deckung der aus dieser Tätigkeit gegen ihn entstehenden Schadenersatzansprüche eine Haftpflichtversicherung bei einem zum Geschäftsbetrieb in Österreich berechtigten Versicherer besteht. Er hat die Versicherung während der Dauer seiner Berufstätigkeit aufrechtzuerhalten und dies der Notariatskammer auf Verlangen nachzuweisen.

2.1. Nach Punkt 16. Satz 1 THR 1999 hat der Notar die Treugeber über die Art, das Ausmaß und den Umfang des Versicherungsschutzes der von ihm übernommenen notariellen Treuhandschaft, an welcher sie beteiligt sind, zu informieren. Der von der Klägerin ebenfalls angesprochene Punkt 17. THR 1999 enthält keine Informationspflicht.

2.2. Nach Punkt 20. THR 1999 hat der Notar Kopien der Polizzen und allfälliger Änderungspolizzen über die von ihm abgeschlossenen Berufshaftpflichtversicherungs-verträge an die Österreichische Notariatskammer zu übersenden. Den Kopien müssen Versicherer, Laufzeit, Versicherungssumme und der durch Allgemeine und Besondere Bedingungen umschriebene Deckungsumfang entnommen werden können.

3.1. Schon aus der Wortfolge des Punktes 16. Satz 1 THR 1999, wonach der Treugeber über „die Art, das Ausmaß und den Umfang des Versicherungsschutzes“ zu informieren ist, und aus dem Zusammenhalt mit der ähnlich formulierten Informationspflicht laut Punkt 20. THR 1999 folgt klar und unmissverständlich, dass es sich bei dieser Informationspflicht nur um eine solche zur Bekanntgabe bestimmter allgemeiner Angaben über den Umfang des Versicherungsschutzes handelt, die der Beklagte durch die von ihm erteilten Auskünfte jedenfalls erfüllt hat.

3.2. Der von der Klägerin verwendete Begriff „Deckungsbestätigung“ ist der Notariatsordnung und dem Versicherungsvertragsgesetz fremd. Für einen Anspruch auf eine „Deckungsbestätigung“ in dem von der Klägerin gewünschten Sinn, dass nämlich der Versicherer über Veranlassung des Versicherungsnehmers erklärt, ob in einem bestimmten Einzelfall bei Sachfälligkeit des Treuhänders Versicherungsdeckung gewährt wird, besteht schon nach dem klaren Wortlaut der Regelung des Punktes 16. Satz 1 THR 1999 keinerlei Anhaltspunkt. Es bedarf daher auch keiner Prüfung der von der Klägerin in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen, ob die vom Beklagten im Schadenersatzanprozess gegebenenfalls vertretenen Rechtsstandpunkte zutreffend sind oder der Beklagte bei der Treuhandabwicklung im Anlassfall die von der Klägerin behaupteten Sorgfaltsverstöße zu vertreten hat.

4. Die Klägerin macht demnach keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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