OGH 3Ob84/18a

OGH3Ob84/18a23.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Christian Boyer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei S*****, vertreten durch Arlamovsky Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 156.770,21 EUR sA, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 6. März 2018, GZ 17 R 194/17a‑8, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 16. November 2017, GZ 19 E 2962/17b‑3, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00084.18A.0523.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die Verpflichtete (Erbin) hat der Betreibenden (Nachlassgläubigerin) aufgrund eines vollstreckbaren Urteils des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Dezember 2015 den Betrag von 156.770,21 EUR sA bei sonstiger Exekution in den separierten Nachlass nach J***** zu zahlen.

Über den separierten Nachlass wurde mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 27. November 2015 das Konkursverfahren eröffnet. In der auf Antrag des Schuldners gemäß § 123b IO durchgeführten Verhandlung am 20. Juli 2017 berichtete der Masseverwalter, dass das Massekonto derzeit (vor Berichtigung seiner Entlohnung und der Belohnung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände) ein Guthaben von 35.559,03 EUR aufweise, und legte Schlussrechnung. Mit Beschluss vom 18. September 2017 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 9. November 2017 beantragte die Betreibende zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 156.770,21 EUR sA die Bewilligung der Forderungsexekution gegen die Verpflichtete. Im Exekutionsantrag benannte sie als (ersten) Drittschuldner den Masseverwalter im Konkurs des separierten Nachlasses und führte als Rechtsgrund der Forderung Folgendes an:

„a) Anspruch auf den auszuzahlenden Masseerlös im Konkurs des separierten Nachlasses […] nach Aufhebung des Konkurses in Höhe von 24.909,03 EUR mehr oder weniger.

b) Ersatz der Schäden, die aufgrund der unzutreffenden Anerkennungen zweier angemeldeter Forderungen im Konkursverfahren des separierten Nachlasses […] entstanden und in der Entstehung der Kosten des Konkursverfahrens, das sonst nicht eröffnet worden wäre, besteht [!] und zwar: Entlohnung des Masseverwalters […], Pauschalgebühr […], Entlohnung AKV […], Entlohnung ÖVC […], Entlohnung ISA […], Entlohnung KSV […], zusammen sohin in der Höhe von 10.650 EUR.“

Als zweiten Drittschuldner benannte die Betreibende den Separationskurator und führte als Rechtsgrund der Forderung an: „Der Anspruch auf Auszahlung der für die Verpflichtete bzw den separierten Nachlass […] erliegenden Beträge, insbesondere der Anspruch auf den erliegenden Masseerlös aus dem Konkurs des separierten Nachlasses […] nach Aufhebung des Konkurses in Höhe von 24.909,03 EUR mehr oder weniger.“

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag ab. Das Vorbringen der Betreibenden zu den Rechtsgründen der Forderungen sei unschlüssig. Bereits aus dem vorgelegten Auszug aus der Ediktsdatei gehe hervor, dass der Konkurs mit Beschluss vom 18. September 2017 (mittlerweile rechtskräftig) nach Schlussverteilung aufgehoben worden sei. Schon aufgrund der erfolgten Schlussverteilung könne die behauptete Forderung gegenüber dem Masseverwalter nicht bestehen. Gleiches gelte für das Vorbringen zum Rechtsgrund der Forderung gegenüber dem Separationskurator, zumal nach der Schlussverteilung kein Masseerlös mehr erliege. Ebenfalls unschlüssig sei das Vorbringen zu einer Schadenersatzforderung gegen den Masseverwalter, weil selbst eine unrichtige Anerkennung einer im Konkursverfahren angemeldeten Forderung nicht die (unrichtige) Eröffnung des Konkursverfahrens zur Folge haben könne. Vielmehr müsse die Konkurseröffnung samt Bestellung des Masseverwalters der Forderungsanerkennung durch den Masseverwalter zeitlich vorausgehen. Die Entlohnung des Masseverwalters sei außerdem Rechtsfolge der (nicht vom Masseverwalter zu vertretenden) Konkurseröffnung und nicht einer allfällig unrichtigen Forderungsanerkennung.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Anforderungen an das Vorbringen im Exekutionsantrag bei Exekutionsführung in einen separierten Nachlass fehle.

In ihrem Revisionsrekurs macht die Betreibende zusammengefasst geltend, sie habe die gepfändeten Ansprüche in ihrem Exekutionsantrag ausreichend umschrieben. Bei Einbringung des Exekutionsantrags sei unklar gewesen, ob das Guthaben vom Masseverwalter bereits an den Separationskurator überwiesen worden sei, weshalb sie auch den Anspruch gegen Letzteren gepfändet habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1.1. Der Betreibende hat in seinem Antrag auf Bewilligung der Forderungsexekution die zu pfändende Forderung so genau zu bezeichnen, dass Verpflichteter und Drittschuldner ohne Weiteres erkennen können, um welche Forderung es sich handelt (RIS‑Justiz

RS0002076; Oberhammer in Angst/Oberhammer 3 § 294 EO Rz 33).

1.2. Ob die Angaben des Betreibenden im Exekutionsantrag zutreffen, ist vom Exekutionsgericht bei Bewilligung nicht nachzuprüfen, es sei denn, sie wären offenkundig unrichtig (RIS‑Justiz

RS0084555; Oberhammer in Angst/Oberhammer 3 § 294 EO Rz 37).

Die Zwecklosigkeit eines Vollstreckungsverfahrens ist nämlich von Amts wegen aufzugreifen (3 Ob 136/13s mwN). Im Stadium der Exekutionsbewilligung ist also (nur) die Schlüssigkeit des Vorbringens im Exekutionsantrag zu prüfen.

2. Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass das Vorbringen zum Schadenersatzanspruch der Verpflichteten gegen den Masseverwalter unschlüssig ist, weil die (nach den Behauptungen unberechtigte) Anerkennung im Konkurs angemeldeter Forderungen durch diesen naturgemäß nicht kausal für die Eröffnung des Konkurses (und das daraus resultierende Auflaufen von Kosten) sein konnte. Liegt doch die Unrichtigkeit der – nach wie vor die Kausalkette umkehrenden – Argumentation des Revisionsrekurses, ohne die Forderungsanerkennung durch den Masseverwalter wäre es gar nicht zur Anmeldung der (dann anerkannten) Forderungen (und damit erst gar nicht zur Eröffnung des Konkurses, in dem die Forderungen angemeldet wurden) gekommen, auf der Hand.

3.1. Die Beurteilung des Rekursgerichts, der behauptete Anspruch der Verpflichteten auf Auszahlung des Masseerlöses (wahlweise gegen den Masseverwalter oder den Separationskurator) könne wegen der bereits erfolgten Schlussverteilung weder gegen den Masseverwalter noch gegen den Separationskurator bestehen, weil kein Masseerlös (mehr) erliege, greift jedoch zu kurz. Dass der Masseverwalter die Schlussverteilung vorgenommen hat, bedeutet nämlich nicht zwingend, dass sich kein Masserest mehr auf seinem Masse-Anderkonto befindet, und das (insoweit sprachlich nicht einwandfreie) Vorbringen im Exekutionsantrag zum Anspruch gegen den Separationskurator kann nur so verstanden werden, dass nicht etwa der Anspruch „auf den erliegenden Masseerlös“ gepfändet werden soll, sondern vielmehr der Anspruch der Verpflichteten auf Auszahlung des (bereits vom Masseverwalter an den Separationskurator überwiesenen) Masserests.

3.2. Im Ergebnis trifft die Antragsabweisung des Rekursgerichts jedoch zu:

3.2.1. Mit der in § 812 ABGB geregelten Absonderung der Verlassenschaft vom Vermögen des Erben (bisher Nachlassseparation) soll erreicht werden, dass dieses getrennt verwaltete Sondervermögen ausschließlich zur Befriedigung der Nachlassgläubiger dient (RIS‑Justiz RS0013063 [T5]).

Die Nachlassseparation ist deshalb grundsätzlich solange aufrechtzuerhalten, bis die Forderungen der Verlassenschaftsgläubiger befriedigt oder sichergestellt sind (RIS‑Justiz RS0013064).

3.2.2. Aus dem Umstand der Exekutionsführung der Betreibenden ergibt sich zweifelsfrei, dass ihre Forderung auch nach ihrem Standpunkt bisher weder befriedigt noch sichergestellt wurde. Die Ansprüche der beiden weiteren Verlassenschaftsgläubiger sind nach der Aktenlage bisher noch nicht einmal tituliert.

3.2.3. Daraus folgt, dass die Verpflichtete keinen Anspruch auf Ausfolgung des Masserests (also der restlichen abgesonderten Verlassenschaft) hat, der von der Betreibenden gepfändet werden könnte.

4. Der Revisionsrekurs muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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