OGH 7Ob18/18z

OGH7Ob18/18z20.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Minderjährigen S* K*, geboren * 2002, vertreten durch die Mutter A* K*, vertreten durch Mag. Alfred Hütteneder und Mag. Michaela Hütteneder‑Estermann, Rechtsanwälte in Bad Hofgastein, Vater Dipl.‑Ing. W* H*, wegen Unterhalt, infolge des „außerordentlichen Revisionsrekurses“ des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 14. Dezember 2017, GZ 21 R 394/17p‑78, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Sankt Johann im Pongau vom 30. August 2017, GZ 37 PU 15/17f‑74, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121738

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

Bislang hatte der Vater einen im Jahr 2008 beschlussmäßig festgesetzten Geldunterhalt von 450 EUR pro Monat zu leisten.

Der Minderjährige beantragte die Erhöhung des Unterhaltsbeitrags des Vaters auf monatlich 792,22 EUR ab 1. April 2017.

Der Vater sprach sich dagegen aus und beantragte seinerseits, seine Unterhaltsverpflichtung ab 1. Mai 2017 auf 100 EUR herabzusetzen.

Das Erstgericht wies das Erhöhungsbegehren des Minderjährigen zur Gänze ab, gab dem Herabsetzungsbegehren des Vaters teilweise Folge, setzte den Unterhalt mit 125 EUR von 1. Mai 2017 bis 31. August 2017 und mit 140 EUR ab 1. September 2017 fest und wies das darüber hinausgehende Begehren des Vaters ab.

Der Vater ließ diesen Beschluss unangefochten.

Dem Rekurs des Minderjährigen gab das Rekursgericht nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels Rechtsfragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Minderjährigen, mit dem er beantragt, seinem Erhöhungsbegehren zur Gänze stattzugeben; hilfsweise, wird beantragt, den Beschluss im angefochtenen Umfang aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

1. Im vorliegenden Unterhaltsbemessungs-verfahren hat das Rekursgericht zu Recht keine Bewertung des Entscheidungsgegenstands gemäß § 59 Abs 2 AußStrG vorgenommen, da der Streitgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist und ausschließlich in einem Geldbetrag besteht (RIS‑Justiz RS0122735 [T8, T12]). Für den Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts in Unterhaltsbemessungsverfahren ist der 36‑fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben hingegen unberücksichtigt zu bleiben (RIS‑Justiz RS0122735; vgl RS0046543).

2. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die „Zulassungsvorstellung“ ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

3. Hier wurde der Beschluss des Erstgerichts im Umfang der Differenz zwischen dem herabgesetzten Unterhaltsbetrag von 125 EUR (bzw 140 EUR) und dem vom Minderjährigen begehrten Betrag von 792,22 EUR bekämpft; somit waren zwischen den Parteien noch monatlich 667,22 EUR (bzw 652,22 EUR) vor dem Rekursgericht strittig; dessen Entscheidungsgegenstand beträgt daher jedenfalls weniger als 30.000 EUR.

4. Dem Rechtsmittelwerber steht damit nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Das Rechtsmittel war nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat daher – auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (8 Ob 83/17a; 2 Ob 11/15d; 10 Ob 9/08h = RIS‑Justiz RS0109623 [T13]).

5. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623 [T14]).

Stichworte