OGH 12Os36/18p

OGH12Os36/18p19.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dariusz C***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Dezember 2017, GZ 93 Hv 36/17w‑155, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00036.18P.0419.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dariusz C***** des Verbrechens (richtig: der Verbrechen; EvBl 2016/14, 84, 12 Os 58/15v) des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A./) und der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 23. Juli 2010 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zumindest einem weiteren noch auszuforschenden Mann als Mittäter (§ 12 StGB)

A./ Teresa S***** und Franz S***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von 2.000 Euro, ein Mobiltelefon und Goldschmuck in nicht mehr genau feststellbarem Gesamtwert, mit dem Vorsatz weggenommen bzw abgenötigt, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie diese beim Öffnen von deren Wohnung von hinten in die Wohnung hineinstießen und Teresa S***** zu Boden warfen, einer von ihnen das Gesicht von Teresa S***** gegen den Boden drückte und diese am Hals kurz würgte und mit einem mitgebrachten Klebeband an Händen und Füßen sowie über dem Mund knebelten, währenddessen der andere Franz S***** aufforderte, die Aufbewahrungsorte von deren Wertsachen bekannt zu geben, wobei sie eine Pistolenattrappe und ein geöffnetes Klappmesser mit rund acht Zentimeter Klingenlänge Teresa und Franz S***** bei der Tatbegehung vorzeigten und damit zu verstehen gaben, dass sie dieses Messer bei Gegenwehr einsetzen werden;

B./ im Zuge der unter Punkt A./ genannten Tat sich unbare Zahlungsmittel, über die sie nicht verfügen durften, nämlich drei Bankomatkarten der Teresa S***** und eine Kreditkarte des Franz S*****, mit dem Vorsatz verschafft, dass er oder ein Dritter durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben sich die Tatrichter mit den nicht unmittelbar mit dem Äußeren und vor allem dem Alter des Angeklagten übereinstimmenden Angaben der Teresa S***** auseinandergesetzt (insbesondere US 14) und damit deren vom Beschwerdeführer relevierte Aussage zu einem – auch nach dessen Aussehen – „jungen Mann“ (ON 138 S 12 und 16 iVm ON 154 S 2) sehr wohl erwogen, ohne – dem Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe entsprechend – zur Wiedergabe aller Details ihrer Angaben verhalten gewesen zu sein (RIS‑Justiz

RS0098778).

Weshalb im Übrigen entscheidend sei, wer konkret von den beiden arbeitsteilig zusammenwirkenden Mittätern Teresa S***** fesselte und den von ihr getragenen Schmuck wegnahm, legt das Rechtsmittel auch mit dem Hinweis auf ihre Aussage, dass dies der junge gewesen sei (ON 138 S 17), nicht dar, zumal sie auch den anderen Täter kaum beschreiben konnte (ON 138 S 16 f).

Mit seiner Kritik an den Überlegungen des Schöffensenats zu den wegen ihres fortgeschrittenen Alters, des länger zurückliegenden Tatzeitpunkts und des in traumatischer Weise Erlebten kritisch zu betrachtenden Angaben der Teresa S***** (US 8, 14 dritter Absatz), wendet sich der Beschwerdeführer bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Weshalb die Sicherung der DNA des Angeklagten im Vorraum, wo Teresa S***** gefesselt wurde, für dessen Verantwortung spreche, wonach sein ehemaliges Klebeband von anderen Tätern bei der Tatbegehung benutzt worden sei, macht die Rüge nicht deutlich und entzieht sich so einer sachbezogenen Erwiderung.

Bei seinem punktuellen Einwand mangelnder Erörterung der über entsprechende Nachfrage erfolgten Klarstellung der spurenkundlichen Sachverständigen, es sei möglich, dass eine weitere, denselben Latexhandschuh tragende Person nicht nachgewiesen werden könne, falls sie ein schlechter Spurenträger sei (ON 138 S 19), orientiert sich der Nichtigkeitswerber der Verfahrensordnung zuwider nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl RIS‑Justiz RS0119370, RS0116504; Ratz, WK‑StPO § 281

Rz 394), in denen die Tatrichter insbesondere unter Berücksichtigung des DNA‑Treffers des Angeklagten an der Innenseite abgerissener, auf dem verwendeten Klebeband befindlicher Fingerkuppen von Einweghandschuhen, seiner je nach ihm zugänglicher Beweislage wechselnder Verantwortung und der Gesamtheit der Expertise die Verantwortung des Beschwerdeführers verwarfen, sich die Einweghandschuhe zwecks Wiederverwendung von den Fingern gezupft und sie anderen Personen übergeben zu haben (US 11 bis 14).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) im Wesentlichen das Vorbringen der Mängelrüge wiederholt und überdies darauf hinweist, dass auch die von Teresa S***** vor der Polizei vom zweiten Täter abgegebene Beschreibung auch unter Verweis auf im Akt befindliche Lichtbilder (ON 103 S 5 und 47) nicht auf ihn zutreffe, werden erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen nicht geweckt (RIS‑Justiz RS0119583).

Die Nichtigkeitsbeschwerde, deren Ergänzung durch den Angeklagten in einem von ihm verfassten Schriftsatz wegen der in § 285 Abs 1 StPO statuierten

Einmaligkeit der Rechtsmittelausführung im Hinblick auf die vom Verteidiger eingebrachte Rechtsmittelschrift unbeachtlich ist (Ratz, WK‑StPO § 285 Rz 7), war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte