OGH 14Os20/18z

OGH14Os20/18z6.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Ibrahim G***** wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 12. Dezember 2017, GZ 13 Hv 82/17f-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00020.18Z.0306.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ibrahim G***** der Verbrechen der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB (I) und der kriminellen Organisation nach § 278a (zweiter Fall) StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er

I/ sich als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung, nämlich der Terrororganisation „IS-Islamic State“ (kurz: IS), bei der es sich um einen auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen handelte, der darauf ausgerichtet war, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten (§ 278c StGB) ausgeführt werden, in dem Wissen, dadurch den IS oder dessen strafbare Handlungen zu fördern, beteiligt, indem er im Februar 2015 vorerst auf dem Landweg von Österreich nach Bosnien-Herzegowina, dann per Flugzeug nach Istanbul und schließlich weiter über den Landweg nach Urfa in die türkisch-syrische Grenzregion fuhr, dies mit dem Ziel, in der Nähe der Stadt Suruc die Grenze zu überqueren, um sich für die Ausbildung zur Begehung von Straftaten nach § 278c StGB zur Verfügung zu stellen und Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten zu leisten weiters indem er vom 1. Jänner 2015 bis zum 10. März 2017 in K***** auf einem von ihm betriebenen „You-Tube-Kanal“ durch das Hochladen von für eine breite Öffentlichkeit zugänglichen Videos einseitig verzerrte propagandistische Informationen über das Leben in vom IS beherrschten Gebieten verbunden mit der Aufforderung, den IS (auch militärisch) zu unterstützen und sich ihm anzuschließen, verbreitete;

II/ durch die unter Punkt I beschriebenen Handlungen sich an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich dem IS, in dem Wissen, dadurch diesen oder dessen strafbare Handlungen zu fördern, als Mitglied beteiligt, wobei die Verbindung, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohten oder schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei oder des unerlaubten Verkehrs mit Kampfmitteln ausgerichtet war, dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebte und andere zu korrumpieren oder einzuschüchtern oder sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungshandlungen abzuschirmen suchte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a und b StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet zum Schuldspruch I, die Feststellungen reichten „weder in objektiver noch subjektiver Hinsicht“ aus, ohne im Einzelnen darzulegen, weshalb dies so sei oder welcher weiteren Konstatierungen es bedurft hätte und verfehlt damit die prozessordnungsgemäße Ausführung (RIS-Justiz RS0099620). Gleiches gilt für die pauschale Kritik, der Schuldspruch II sei „unbegründet“.

Der Einwand, die Feststellungen zum Schuldspruch I seien „durch keine Beweisergebnisse gedeckt“, macht keinen Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt geltend, sondern kritisiert die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Weshalb Feststellungen, „wonach der Angeklagte eine konkrete Kontaktaufnahme und Kenntnis von Mitgliedern des IS gehabt hätte“, erforderlich gewesen wären, bleibt– schon mit Blick auf rechtlich gleichwertige Strafbarkeit des Versuchs (RIS-Justiz RS0122138) – unklar.

Nach dem Urteilssachverhalt wurde das Vorhaben des Beschwerdeführers nach Syrien einzureisen, um sich dort an den terroristischen Aktivitäten des IS zu beteiligen, lediglich durch „unerwartetes Auftreten der türkischen Polizei“ (hier vor der syrischen Grenze) verhindert, er wurde festgenommen und nach mehreren Tagen in Haft aus der Türkei abgeschoben (US 5). Weshalb auf dieser Basis, Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB) anzunehmen sei, legt die – das Element der Freiwilligkeit ignorierende – weitere Rüge (Z 9 lit b) nicht dar. Einen Feststellungsmangel macht der Beschwerdeführer übrigens in diesem Zusammenhang (auch mit Blick auf eine vage angesprochene Versuchsuntauglichkeit im Sinn des § 15 Abs 3 StGB) nicht geltend ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 602 und 634).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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