OGH 3Ob19/18t

OGH3Ob19/18t21.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der betroffenen Person Mag. M* Z*, geboren am * 1957, *, vertreten durch Dr. Hans Pucher, Rechtsanwalt in St. Pölten, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betroffenen Person gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 22. Februar 2012, GZ 23 R 81/12b‑141, und über den Revisionsrekurs der betroffenen Person gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 9. November 2017, GZ 23 R 418/17v‑219, mit dem aus Anlass des Rekurses der betroffenen Person gegen den Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 15. Oktober 2015, GZ 17 P 42/15m-202, dieser Beschluss sowie bestimmte Teile des ihm vorangegangenen Verfahrens als nichtig aufgehoben wurden, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121032

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichts vom 22. Februar 2012 (ON 141) wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Der Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichts vom 9. November 2017 (ON 219) wird als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen.

 

Begründung:

Für die Betroffene wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 25. Februar 2010 Rechtsanwalt Dr. A* S* zum Sachwalter bestellt. Mit Beschluss vom 2. Juni 2010 gewährte das Erstgericht der Betroffenen die Verfahrenshilfe, unter anderem auch durch die Beigabe eines Rechtsanwalts. Das Verfahren ist durch zahlreiche Eingaben, Verfahrenshilfeanträge und Rechtsmittel der Betroffenen geprägt.

Dem Rekurs der Betroffenen gegen den Bestellungsbeschluss gab das Rekursgericht nicht Folge. Der dagegen von der (durch den Verfahrenshelfer vertretenen) Betroffenen erhobene Revisionsrekurs wurde mit Beschluss des Senats vom 4. August 2010 zu 3 Ob 130/10d zurückgewiesen.

Das Rekursgericht wies am 22. September 2010 den durch den bestellten Verfahrenssachwalter namens der Betroffenen erhobenen Rekurs gegen den Sachwalterbestellungsbeschluss unter Hinweis auf den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels zurück. Der Senat gab mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 zu 3 Ob 213/10k dem dagegen vom Verfahrenssachwalter namens der Betroffenen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs Folge und trug dem Rekursgericht eine inhaltliche Behandlung des Rekurses auf. Mit Beschluss vom 26. Jänner 2011 (ON 109) gab das Rekursgericht dem Rekurs nicht Folge.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung ON 109 stellte die Betroffene einen Verfahrenshilfeantrag durch Beigabe eines Rechtsanwalts. Dieser Antrag wurde abgewiesen, einem dagegen erhobenen Rekurs wurde nicht Folge gegeben.

Zu einem am 15. Juni 2011 gegen die Entscheidung ON 109 erhobenen „außerordentlichen Revisionsrekurs“ erteilte das Erstgericht einen befristeten Verbesserungsauftrag, dem die Betroffene nicht nachkam. Vielmehr stellte sie am 4. Juli 2011 (ON 125) diesbezüglich einen „Unterbrechungsantrag“. Gleichzeitig beantragte sie „die Feststellung (Überprüfung), ob der Sachwalterbestellungsbeschluss rechtskräftig ist“.

Mit Beschluss vom 4. August 2011 wies das Erstgericht den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ zurück und die Anträge ON 125 ab.

Dem von der Betroffenen dagegen erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 22. Februar 2012 (ON 141) nicht Folge. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.

In der Folge stellte die Betroffene kaskadenartig Verfahrenshilfeanträge bezogen zunächst auf die Einbringung eines Revisionsrekurses gegen die Entscheidung ON 141 bzw sukzessive zur Einbringung weiterer Rechtsmittel gegen die ihre Verfahrenshilfeanträge abweisenden Beschlüsse der Vorinstanzen.

Mit einem Schreiben vom 21. September 2015 beantragte die Betroffene die Vorlage einer ihrer Eingaben an das Rekursgericht. Bei dieser Eingabe handle es sich um einen Rekurs (gegen die Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags).

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 15. Oktober 2015 (ON 202) mit der Begründung ab, dass es sich dabei um einen Verfahrenshilfeantrag und nicht um einen Rekurs handle.

Mit dem angefochtenen Beschluss des Rekursgerichts vom 9. November 2017 (ON 219) hob dieses den angefochtenen Beschluss ON 202 sowie Teile des ihm vorangegangenen (die zahlreichen Verfahrenshilfeanträge betreffenden) Verfahrens als nichtig auf. An den Verfahrenshelfer seien ab der (im Jänner 2011) erfolgten Zustellung der Entscheidung 3 Ob 213/10k keine weiteren Zustellungen vorgenommen worden. Diese Nichtigkeit sei von Amts wegen wahrzunehmen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob einer betroffenen Person, die gegen eine Entscheidung den Rechtszug bereits ausgeschöpft habe, aufgrund eines Rekurses des Verfahrenssachwalters ein neuerlicher Rechtszug zum Obersten Gerichtshof zur Verfügung stehe.

Rechtliche Beurteilung

A. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Rekursentscheidung ON 141:

1. Der Entscheidung liegt der einen Revisionsrekurs betreffenden Verbesserungsauftrag des Erstgerichts zugrunde. Die Betroffene gab dazu bekannt, dass sie dem Verbesserungsauftrag „derzeit“ nicht nachkommen könne und daher eine „Unterbrechung“ beantrage. Wenn die Vorinstanzen in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer Unterbrechung verneinten, bedarf dies keiner Korrektur durch Sachentscheidung. Nach dem klaren Wortlaut des § 10Abs 5 Satz 2 AußStrG kann die für eine Notfrist eingeräumte Verbesserungsfrist nämlich nicht verlängert werden. Gerade eine solche Verlängerung wurde aber von der Betroffenen mit ihrem Antrag auf Unterbrechung angestrebt.

2. Im Übrigen nimmt der Revisionsrekurs weder zur Zurückweisung des unverbesserten „Revisionsrekurses“ noch zur Abweisung des Antrags auf Überprüfung der Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses inhaltlich Stellung. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels kann somit auch nicht auf diese Teile der Entscheidung gestützt werden.

3. Die gerügte Mangelhaftigkeit ist nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die Ausführungen zur Verfahrensrüge beschränken sich darauf, dem Rekursgericht vorzuwerfen, es habe zusätzliche Sachverhaltselemente angeführt bzw „sonst gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz“ verstoßen. Welche zusätzlichen Feststellungen das Rekursgericht in Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes getroffen haben soll, wird nicht ansatzweise behauptet. Eine weitere Behandlung der behaupteten Mangelhaftigkeit scheitert auch daran, dass jegliche Hinweise zur Relevanz fehlen.

4. Mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

B. Zum Revisionsrekurs gegen die Rekursentscheidung ON 219:

1. Der von der Betroffenen erhobene Revisionsrekurs ist absolut unzulässig.

2.1 Gemäß § 62 Abs 2 Z 2 AußStrG sind auch in außerstreitigen Verfahren Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Rekursgerichts über die Verfahrenshilfe jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0017155). Solche Beschlüsse sind– auch im außerstreitigen Verfahren – absolut unanfechtbar und damit einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (RIS-Justiz RS0052781 [T3]; jüngst 3 Ob 231/17t); dies selbst bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG und unabhängig davon, ob die Entscheidung die Bewilligung und den Umfang der Verfahrenshilfe, deren Versagung oder die Ablehnung einer Sachentscheidung aus verfahrensrechtlichen Gründen zum Inhalt hat (vgl RIS-Justiz RS0052781 [T1, T4, T9, T10], RS0036078 [T8, T10 bis T13]).

2.2 Entscheidungen im Sinn des § 62 Abs 2 Z 2 AußStrG „über die Verfahrenshilfe“ sind auch Formalentscheidungen, die eine meritorische Erledigung von Rechtsmitteln gegen solche Entscheidungen ablehnen (RIS‑Justiz RS0044213). Darunter fällt der erstgerichtliche Beschluss ON 202. Gegenstand des dagegen erhobenen Rekurses war die Frage, ob die Betroffene einen neuen Verfahrenshilfeantrag (zur Erhebung eines Rekurses gegen einen Verfahrenshilfebeschluss) gestellt oder bereits Rekurs gegen die Entscheidung über einen Verfahrenshilfeantrag erhoben hat. Beide Fälle sind von § 62 Abs 2 Z 2 AußStrG erfasst.

2.3 Soweit die Betroffene in ihrem Rechtsmittel erkennbar die Prüfung der Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters im Allgemeinen und die eines Rechtsanwalts im Besonderen anstrebt, übersieht sie den oben dargelegten Gegenstand des Rekursverfahrens.

2.4 Der zweitinstanzliche Beschluss ist demnach absolut unanfechtbar und das dagegen erhobene Rechtsmittel – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs – zurückzuweisen.

Stichworte