OGH 13Os111/17y

OGH13Os111/17y31.1.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ettel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mario P***** wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz, Abs 2 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 20. Juni 2017, GZ 25 Hv 73/16h‑140, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00111.17Y.0131.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mario P***** des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz, Abs 2 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er im Sommer 2015 (US 3) in S***** mit dem Vorsatz, dass Suchtgift in einer das 15‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge in Verkehr gesetzt werde, im Sinn des § 12 dritter Fall StGB dazu beigetragen (US 4 und 8), dass Cannabispflanzen (§ 27 Abs 1 Z 2 SMG), die eine Reinsubstanz von 290 Gramm Delta‑9‑THC und von 3.800 Gramm THCA enthielten (US 4), angebaut werden, indem er den für die Aufzucht der Pflanzen engagierten Gärtner zur Cannabisplantage chauffierte (US 3 f).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 10a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden von der Beschwerde nicht angesprochen) – über schuld‑ oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS‑Justiz RS0106268). Der Einwand, den Beschwerdeführer träfen Sorgepflichten, entfernt sich von diesem Bezugspunkt.

Neben dem Erfordernis der Bezugnahme auf entscheidende Tatsachen nennt das Gesetz fünf Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen:

Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn – nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, somit aus objektiver Sicht – nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995 [insbesondere T3 und T4]).

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS‑Justiz RS0118316).

Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen nicht nebeneinander bestehen können ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/43; RIS‑Justiz RS0119089).

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/39; RIS‑Justiz RS0116732 und RS0118317).

Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RIS‑Justiz RS0099431).

In Bezug auf alle fünf Fehlerkategorien ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (11 Os 53/07i, SSt 2007/68; RIS‑Justiz RS0119370).

Wo das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall), ist überdies der entsprechende Aktenbezug herzustellen (RIS‑Justiz RS0124172).

Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Beschwerde, indem sie die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswürdigung (US 4 bis 8) außer Acht lässt und aus den Verfahrensergebnissen – insbesondere der Aussage des Zeugen Hannes Z***** – im Zusammenhalt mit spekulativen Überlegungen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse ableitet als das Erstgericht.

Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a wird bloß nominell angesprochen.

Auch die Diversionsrüge (Z 10a) verkennt den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Ein Urteil ist nämlich nur dann nichtig aus Z 10a des § 281 Abs 1 StPO, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen oder wenn Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäbe, das Gericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hat ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 659), was die Beschwerde nicht behauptet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte