European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00003.18V.0124.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Begründung:
Das Erstgericht sprach mit Beschluss aus, dass der Vergabeakt des Bundesverwaltungsgerichts retourniert und der Klägerin aufgetragen werde, bis spätestens 16. 11. 2017 allfällige weitere Kopien jener Teile des Akts vorzulegen, auf die sie ihr Vorbringen stützen wolle.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin zurück, weil prozessleitende Verfügungen nicht abgesondert anfechtbar sind. Der Revisionsrekurs wurde nachträglich mit der Begründung zugelassen, dass die Entscheidung im Hinblick auf 3 Ob 57/17d der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs widersprechen könnte.
Der vom Erstgericht gefasste Beschluss ist ein im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme stehender verfahrensleitender Beschluss (3 Ob 28/11f, 3 Ob 57/17d = RIS‑Justiz RS0126770). Das Rekursverfahren ist in diesem Fall einseitig (§ 521a Abs 1 ZPO), was auch im Revisionsrekursverfahren gilt (3 Ob 57/17d).
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Beschluss des Rekursgerichts, mit dem ein an dieses gerichteter Rekurs zurückgewiesen wurde, nur wegen einer erheblichen Rechtsfrage und nur dann anfechtbar, wenn der Entscheidungsgegenstand die gesetzlichen Streitwertgrenzen übersteigt (4 Ob 9/17b; RIS‑Justiz RS0044501 [T7]).
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidung hängt entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO – Ausspruch des Rekursgerichts nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ab:
1. Der Revisionsrekurswerberin ist zuzugestehen, dass grundsätzlich im zivilgerichtlichen Verfahren ergangene Beschlüsse immer anfechtbar sind, wenn ihre Anfechtung nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, und dass dies auch für vom Gericht gefasste Beschlüsse, die gesetzlich nicht vorgesehen sind, gilt, sofern die Zulässigkeit der Anfechtung nicht mangels Beschwer zu verneinen ist (RIS‑Justiz R0122109). Rechtsmittelausschlüsse sind einschränkend zu interpretieren (4 Ob 9/17b).
2. Allerdings übersieht die Rechtsmittelwerberin mit ihrer Argumentation, dass das Gesetz aus verfahrensökonomischen Gründen die Anfechtung von Verfügungen im Beweisverfahren einschränkt.
Weder ein Beschluss nach § 301 ZPO, mit dem über einen Antrag einer Partei auf Beischaffung von Urkunden entschieden wird, noch die Veranlassung der Beischaffung von Urkunden durch den Richter nach § 183 Abs 1 Z 3 ZPO sind gesondert anfechtbar (§§ 319 Abs 1, 186 Abs 2 ZPO). Das gilt grundsätzlich auch für abweisende Beschlüsse (vgl RIS‑Justiz RS0040520 zu § 319 Abs 2 ZPO). Die Ansicht des Rekursgerichts hält sich damit im Rahmen der Judikatur, wird doch mit der vom Erstgericht angeordneten Rücksendung des zunächst beigeschafften Akts keine andere Verfahrenslage geschaffen, als wenn der Antrag auf Beischaffung gleich abgewiesen worden oder die Beischaffung unterblieben wäre.
3. Der Auftrag an die Klägerin nun im Hinblick darauf allfällige weitere Kopien von Aktenteilen, auf die sie ihr Vorbringen stützen will, innerhalb einer bestimmten Frist vorzulegen, ist in diesem Zusammenhang nicht als (unbedingte) Pflicht zur Vorlage von Urkunden, die die Klägerin nicht hat (arg: „allenfalls“) zu verstehen, sondern es wird ihr zur Beweisführung iSv § 180 Abs 2 ZPO eine Frist gesetzt, eben allfällige Urkunden vorzulegen. Auch dieser Beschluss ist nach § 186 Abs 2 ZPO nicht bekämpfbar.
4. Die von die Klägerin zitierte Entscheidung 3 Ob 57/17d betraf einen anderen Sachverhalt, weil es dort um die Übermittlung eines Kopiensatzes eines dem Erstgericht in der mündlichen Streitverhandlung übergebenen Urkundenkonvoluts nach § 297 ZPO, der in § 319 Abs 1 ZPO nicht genannt wird, ging.
5. Art 6 EMRK steht Rechtsmittel-beschränkungen nicht entgegen (RIS‑Jusitz RS0044057 [T11]; RS0043962). Inwieweit Art 83 Abs 2 B‑VG über das Recht auf den gesetzlichen Richter hier konkret relevant sein sollte, ist nicht nachvollziehbar.
6. Soweit die Rechtsmittelwerberin letztlich meint, dass die „Bereinigung“ des Vergabeakts auf für sie relevante Aktenstücke nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts, sondern des Erstgerichts sei, ist darauf zu verweisen, dass der Antrag auf Beischaffung ganzer Akten, aus denen sich das Gericht von Amts wegen für den Prozess relevante Urkunden heraussuchen soll, unzulässig ist; es muss vielmehr der Inhalt der Verfügungen und Erklärungen angeführt werden, die durch die Beischaffung der vom Beweisführer angeführten Akten bewiesen werden soll (1 Ob 75/17m, RIS‑Justiz RS0040252).
7. Es wird daher keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 und 50 ZPO.
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