European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00002.18V.0123.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
In seiner außerordentlichen Revision stellt der 1963 geborene Kläger in den Vordergrund, dass das Erfordernis der Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit durch zumindest 90 Pflichtversicherungsmonate in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag 1. Juni 2016 (§ 255 Abs 2 ASVG) im Hinblick auf die Gewährung einer befristeten Invaliditätspension im Zeitraum von 1. Jänner 2013 bis 30. April 2014 zu reduzieren sei.
Der Kläger erwarb im Zeitraum von 1. Februar 2000 bis 1. Juni 2016 als Buslenker im Linienverkehr 155 Beitragsmonate. Am 20. Dezember 2005 bestand er die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Berufskraftfahrer. Im Zeitraum von 1. Jänner 2006 bis 31. Mai 2016 liegen 84 Beitragsmonate.
Rechtliche Beurteilung
Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung wird vom Kläger in der außerordentlichen Revision nicht dargestellt.
1.1. Für die Frage des Erhalts des Berufsschutzes nach § 255 Abs 2 ASVG ist gemessen am Konzept des Gesetzgebers und zur Vermeidung einer dem Gleichheitssatz widersprechenden Rechtslage das Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke hinsichtlich der Frage der Erstreckung der Rahmenfrist anzunehmen, die im Hinblick auf das Gebot der verfassungskonformen Interpretation im Wege der analogen Anwendung des § 255 Abs 4 Z 1 ASVG zu schließen ist (RIS‑Justiz RS0129361). Mit dieser Rechtsprechung stehen die Urteile der Vorinstanzen in Einklang.
1.2. Wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat, findet der Standpunkt des Klägers, die nach § 255 Abs 2 ASVG geforderten 90 Beitragsmonate der Pflichtversicherung mit qualifizierter Berufstätigkeit seien gleichzeitig um die Zeiten eines Pensionsbezugs zu kürzen, in § 255 Abs 2 ASVG keine Grundlage. Vielmehr wird die Situation des Klägers in Form der Ausdehnung des Rahmenzeitraums berücksichtigt, weshalb kein weiterer Bedarf nach einer Reduktion der geforderten 90 Beitragsmonate der Pflichtversicherung einer qualifizierten Berufstätigkeit (wie vom Kläger gewünscht) gegeben ist.
2. Auch die Ansicht des Berufungsgerichts, es liege kein Fall des § 255 Abs 2 Satz 3 ASVG vor, weil diese Regelung als Ausnahmeregelung nicht gilt, wenn ein Versicherter – wie der Kläger – erst nachträglich eine Lehrabschlussprüfung absolviert hat, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (10 ObS 50/12v, SSV-NF 26/33; 10 ObS 86/16v mit ausführlicher Stellungnahme zur Kritik im Schrifttum). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Unter Bedachtnahme auf den Eintritt in das Berufsleben ist beim Kläger ein Zeitraum von weit mehr als 15 Beobachtungsjahren gegeben, sodass ihm nach der Wertung des Gesetzgebers ein für die Erfüllung der Mindestversicherungszeit von 90 Pflichtversicherungsmonaten einer qualifizierten Erwerbstätigkeit ausreichender Rahmenzeitraum von 15 Jahren vor dem Stichtag (unter Bedachtnahme auf die Erstreckung) zur Verfügung steht.
3. Mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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