European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00221.17V.1121.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht hat den auf § 9 GEG gestützten, von der Gesellschaft gestellten Antrag auf Nachlass der über ihre Gesamtrechtsvorgängerin verhängten Zwangsstrafen zwar zurückgewiesen, die Berechtigung des Antrags aber auch inhaltlich verneint. Das Rekursgericht hat mit ausführlicher Begründung die inhaltliche Berechtigung des Nachlassantrags verneint und dem Rekurs nicht Folge gegeben.
Bei dieser Sachlage ist aber nicht ersichtlich, inwiefern die Vorgangsweise des Rekursgerichts einen Mangel begründen soll, der eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache zu hindern geeignet wäre (§ 66 Abs 1 Z 2 AußStrG). Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Wahl einer bloß unrichtigen Entscheidungsform keine Beschwer begründet. Begründete das Erstgericht, warum es den Antrag für inhaltlich nicht berechtigt hält, kann sich die Rekurswerberin durch den formell ihren Antrag zurückweisenden Beschluss nicht beschwert erachten (vgl RIS‑Justiz RS0122180; 6 Ob 207/05t).
Völlig zutreffend gingen die Vorinstanzen davon aus, dass die Regelung des § 285 Abs 3 UGB idF RÄG 2014 eine lex specialis für die Nachsicht iSd § 9 GEG darstellt. Die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle müssen aber kumulativ vorliegen (vgl 6 Ob 150/16a; 6 Ob 175/17d; Dokalik in U. Torggler, UGB² § 285 Rz 17). Dass die langjährige hartnäckige Verweigerung der Offenlegung kein geringes Verschulden darstellt, bedarf keiner weiteren Ausführungen (vgl 6 Ob 150/16a mwN). Die Gesetzesmaterialien (ErläutRV 367 BlgNr XXV. GP 20) stellen ausdrücklich klar, dass ein geringes Verschulden „bei beharrlicher und lang dauernder Verweigerung der Offenlegung“ nicht in Betracht kommt. Dies entspricht auch der einhelligen Auffassung in der Literatur (Dokalik aaO; Zib in Zib/Dellinger UGB § 285 Rz 16).
Die Revisionsrekursausführungen zu § 12 GEG gehen ins Leere, weil die dort geregelte Abstandnahme von der Einbringung nicht im Nachlassverfahren nach § 285 UGB (§ 9 GEG) zu beurteilen ist. Im Verfahren erster Instanz sowie im Rekursverfahren stützte sich die Antragstellerin ausschließlich auf einen Nachlass gemäß § 9 GEG (§ 285 UGB).
Eine mündliche Verhandlung im Verfahren über die allfällige Nachsicht bereits rechtskräftig verhängter Strafen ist auch von Art 6 EMRK nicht gefordert.Für die Durchführung einer mündlichen (Revisions‑)Rekursverhandlung bestand daher kein Anlass (Grabenwarter/Pabel Europäische Menschenrechts-konvention6, 529 f).
Zusammenfassend bringt der Revisionsrekurs somit keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung.
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