OGH 3Ob174/17k

OGH3Ob174/17k25.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. D*****, vertreten durch Dr. Gunter Griss, Rechtsanwalt in Graz, 2. Verlassenschaft nach dem am 20. Oktober 2008 verstorbenen B*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Mag. Wilhelm Holler, emeritierter Rechtsanwalt, dieser vertreten durch Dr. Gabriele Krenn, Rechtsanwältin in Graz, wider die beklagte Partei C*****, vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser, Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, wegen Anfechtung, infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 104.111,35 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 1. Juni 2017, GZ 3 R 227/16y‑106, womit das Urteil des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom 9. September 2016, GZ 101 C 57/14s‑100, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00174.17K.1025.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei die mit 2.312,10 EUR (hierin enthalten 385,35 EUR USt) und der zweitklagenden Partei die mit 2.119,14 EUR (hierin enthalten 353,19 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

1. Dem von der Beklagten auch in dritter Instanz wiederholten, von den Vorinstanzen verneinten Einwand der Unschlüssigkeit des Klagebegehrens ist zu erwidern, dass der erkennende Senat bereits zu 3 Ob 87/09d und 3 Ob 72/10z (jeweils im Zusammenhang mit der bücherlichen Anmerkung der hier zu beurteilenden Anfechtungsklage) Folgendes klargestellt hat: Das Klagevorbringen kann im Hinblick auf die im Anfechtungsrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise nur so verstanden werden, dass die vom Vater des Erstklägers und dessen (zweiter) Ehegattin, der Beklagten, gewählte Vorgangsweise beim Erwerb der Liegenschaft (Begründung von Alleineigentum der Beklagten, obwohl der Kaufpreis zu rund 95 % aus Mitteln des Vaters finanziert wurde) die wirtschaftliche Bedeutung und Zielsetzung hatte, einen Eigentumserwerb durch den Vater zu vermeiden, um seinem Vermögen und damit den ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Klägern ein Befriedigungsobjekt in Form einer Liegenschaft zu entziehen. Daran ist festzuhalten.

2. Im Hinblick darauf ist auch der Behauptung der Beklagten, die Klage sei verfristet, weil die Einverleibung ihres (Allein-)Eigentums an der Liegenschaft mit der tatsächlich angefochtenen Rechtshandlung – nämlich der Schenkung des für den Erwerb der Liegenschaft erforderlichen Geldbetrags durch den Vater oder aber dem Erwerb der Liegenschaft mit dem Geld des Vaters – nichts zu tun habe, die Grundlage entzogen.

3. Die Vorinstanzen haben auch den Verjährungseinwand der Beklagten zu Recht verneint: Die Söhne des Vaters aus erster Ehe (ua der Erstkläger und sein in der Folge verstorbener Bruder [Zweitkläger]) haben bereits am 5. September 2000 einen Unterhaltsfestsetzungsantrag gegen den Vater eingebracht. In der Anfechtungsklage bezifferten sie ihre Unterhaltsansprüche aufgrund einer im Unterhaltsverfahren erlassenen einstweiligen Verfügung gemäß § 382a EO. Nach Rechtskraft der endgültigen Entscheidung über ihre Ansprüche mit Beschluss vom 11. Mai 2011 dehnten sie bereits in der (nächsten) Verhandlung vom 17. August 2011 ihre (Anfechtungs-)Begehren entsprechend aus. Demgemäß konnten – entgegen der Ansicht der Beklagten – die ihr gegenüber bestehenden Anfechtungsansprüche des Erstklägers hinsichtlich der ihm pro futuro zuerkannten Unterhaltsansprüche für den Zeitraum 11. Mai 2011 bis 20. August 2012 (drei Jahre vor Schluss der Verhandlung erster Instanz) keinesfalls verjähren.

4. Mit ihrer Argumentation, die Anfechtung sei nicht befriedigungstauglich, weil als Alternative zum Erwerb der Liegenschaft mit dem Geld des Unterhaltsschuldners keinesfalls nur der Erwerb der Liegenschaft durch den Unterhaltsschuldner selbst in Betracht komme, sondern auch ein Erwerb durch die Beklagte aus ihren eigenen Mitteln oder durch anderweitige Fremdfinanzierung, entfernt sich die Revisionswerberin in unzulässiger Weise von den Feststellungen der Vorinstanzen: Danach war der Erwerb der ganz überwiegend vom Vater finanzierten Liegenschaft durch die Beklagte allein darauf zurückzuführen, dass der Vater (ein US-amerikanischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in den USA) in Anbetracht der Unterhaltsansprüche seiner Kinder aus erster Ehe kein – ein potenzielles Exekutionsobjekt bildendes – Liegenschaftsvermögen in Österreich erwerben wollte. Ausgehend davon sind die Vorinstanzen zutreffend von der Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung ausgegangen.

5. Die Vorinstanzen haben aus dem festgestellten Sachverhalt zu Recht auch die (Kenntnis der) Benachteiligungsabsicht des Vaters abgeleitet.

6. Das Begehren einer Anfechtungsklage hat sich auf Duldung der Exekution in das dem Anfechtungskläger durch das angefochtene Rechtsgeschäft entzogene Exekutionsobjekt oder auf Unterlassung von Handlungen, die eine solche Exekution verhindern könnten, zu richten (RIS‑Justiz

RS0050318 [T2]).

Daraus wäre zwar abzuleiten, dass die Befriedigung der der Anfechtungsklage zugrunde liegenden Unterhaltsansprüche der Kläger grundsätzlich mit dem Wert jenes Anteils an der Liegenschaft zu begrenzen wäre, den der Vater im hypothetischen Fall fehlender Benachteiligungsabsicht (also bei rechtmäßigem Alternativverhalten) erworben hätte.

Die Beklagte hat jedoch in erster Instanz– angesichts ihres Standpunkts, die Anfechtung sei überhaupt nicht berechtigt, nicht überraschend – kein Vorbringen dazu erstattet, in welchem Umfang der Vater in diesem Fall (hypothetisch) Miteigentum erworben hätte. Im Hinblick darauf handelte es sich bei ihrem Berufungsvorbringen, eine schrankenlose Exekutionsführung der Kläger sei durch die Feststellungen nicht gedeckt, weil sie die Liegenschaft nicht ausschließlich mit Mitteln des Unterhaltsschuldners erworben, sondern vielmehr einen „nicht unerheblichen“ Beitrag zum Kaufpreis (nach den Feststellungen rund 5 %) geleistet habe, aber um eine unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung.

Dadurch, dass das Berufungsgericht diesen Einwand dennoch aufgriff und das Ersturteil, vom Erstkläger unbekämpft, dahin abänderte, dass es – nur – die Hereinbringung des laufenden Unterhalts des Erstklägers durch Exekution in die Liegenschaft mit 95 % des Verwertungserlöses der Liegenschaft „deckelte“, kann sich die Beklagte nicht beschwert erachten.

7.

 Die Anfechtungsbefugnis eines Gläubigers, dessen Forderung vollstreckbar ist, setzt nach § 8 Abs 1 AnfO unter anderem voraus, dass die Exekution in das Vermögen des Schuldners nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder die Aussichtslosigkeit einer noch nicht durchgeführten Exekution vorauszusehen ist. Die Befriedigungsverletzung besteht damit in der Fruchtlosigkeit oder Aussichtslosigkeit der Exekution gegen den Schuldner; es muss also die Forderung vollstreckbar und uneinbringlich sein (RIS-Justiz

RS0050585 [T1]). Die Behauptungs- und Beweislast trifft den Anfechtungskläger. Die Uneinbringlichkeit ist dabei entweder aus der Ergebnislosigkeit der schon betriebenen Exekution oder aus der vorhersehbaren Aussichtslosigkeit einer erst zu betreibenden Exekution zu erschließen. Der Beweis einer Befriedigungsverletzung ist schon dann als erbracht anzusehen, wenn die Aussichtslosigkeit der anstehenden Exekutionsführung wahrscheinlich ist (RIS‑Justiz RS0086611). Der Gläubiger muss eine voraussichtlich erfolglose Exekution nicht etwa dazu betreiben, um dadurch den Beweis der Uneinbringlichkeit anzutreten (RIS‑Justiz

RS0050303; zu alldem jüngst 3 Ob 73/17g).

Richtig ist, dass gemäß der auf Grundlage des § 1 Abs 3 Auslandsunterhaltsgesetz BGBl 1990/160 erlassenen (nach wie vor geltenden) Verordnung BGBl 1990/479 die Gegenseitigkeit in vollem Umfang, auch hinsichtlich der exekutiven Durchsetzung vollstreckbarer gerichtlicher Entscheidungen mit diversen Staaten und Gebieten der Vereinigten Staaten von Amerika, insbesondere dem Bundesstaat Florida, in dem der Vater mittlerweile lebt, verbürgt ist. Damit ist aber noch nichts über die Möglichkeit der Exekutionsführung im hier vorliegenden Fall gesagt: Ist dieser doch durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass in der anlässlich der (im US-Bundesstaat Wisconsin erfolgten) Scheidung der Ehe der Eltern des Erstklägers getroffenen Vereinbarung („final stipulation“) ausdrücklich geregelt wurde, der Gerichtsstand für Streitigkeiten, die sich auf die Kinder der Parteien beziehen, solle am jeweiligen, zum Zeitpunkt der Entstehung des Streits bestehenden Wohnort der Kinder – und damit in Österreich – (gelegen) sein.

An die von den Vorinstanzen aufgrund dieser Vereinbarung in Verbindung mit dem von den Klägern vorgelegten Rechtsgutachten getroffenen Feststellungen, aus denen sich ergibt, dass im konkreten Fall in den USA kein Exekutionsverfahren gegen den Vater wegen Unterhaltsansprüchen der Kläger, sei es aufgrund der „final stipulation“, sei es aufgrund eines in der Folge erwirkten (österreichischen) Titels, (mehr) geführt werden kann, ist der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, gebunden.

8. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO, weil die Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision hinwiesen. Bemessungsgrundlage für die Revisions-beantwortung der Zweitklägerin ist allerdings nur der von ihr begehrte Betrag von (restlich) 33.695,60 EUR.

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