Spruch:
Dem Revisionsrekurs der zweitantragstellenden Verlassenschaft wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts in Ansehung der Zweitantragstellerin wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
In ihrer Anfechtungsklage brachten die Antragsteller vor, das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz habe mit einstweiliger Verfügung vom 14. März 2002 den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhalt ab 5. Februar 2002 für den mj Dominik mit 130,90 EUR und für den mittlerweile verstorbenen mj Benedict mit 136,50 EUR festgesetzt. Diese Entscheidung sei rechtskräftig. Mangels Vermögens des Unterhaltsschuldners in Österreich seien die Unterhaltsforderungen nicht durchsetzbar. Anträge auf Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse über den 1. Juni 2005 hinaus seien mit der Begründung abgewiesen worden, dass Vermögen des Unterhaltsschuldners in den USA vorhanden und dort nicht Exekution versucht worden sei. Tatsächlich sei aufgrund des Inhalts des vor dem amerikanischen Gericht zwischen den Eltern abgeschlossenen Scheidungsvergleichs eine Exekutionsführung in den USA unmöglich, weil kein Bundesstaat der USA in dieser Angelegenheit weiter tätig sein könne. Nunmehr habe der Unterhaltsschuldner aber seiner zweiten Gattin (der Antragsgegnerin) den Großteil des Kaufpreises für den Erwerb einer Liegenschaft in Österreich geschenkt. Laut Kaufvertrag habe der Kaufpreis 3 Mio ATS betragen, davon habe der Unterhaltsschuldner ca 2.850.000 ATS bezahlt; die Antragsgegnerin habe laut ihren eigenen Aussagen nur etwa 100.000 ATS zum Kaufpreis beigetragen. Angefochten werde der Erwerb der Liegenschaft mit dem Geld des Unterhaltsschuldners durch die Antragsgegnerin. Die Schenkung an die Antragsgegnerin erfülle alle Tatbestandsmerkmale einer nach § 2 Z 3 AnfO anfechtbaren Übertragung. Die Schenkung stelle eine benachteiligende Handlung des Schuldners dar. Darüber hinaus erfülle die Schenkung auch alle Tatbestandsmerkmale des § 2 Z 1 AnfO, weil sie in der der Antragsgegnerin bekannten Absicht vorgenommen wurde, die Antragsteller zu benachteiligen. Wie sich auch aus Äußerungen des Unterhaltsschuldners ergebe, habe dieser die Absicht, dafür zu sorgen, in Österreich niemals über pfändbares Vermögen zu verfügen. Die Antragsgegnerin sei schuldig, dem Erstantragsteller 5.759,90 EUR an rückständigem Unterhalt samt 4 % Zinsen sowie beginnend mit 1. Februar 2009 monatlich 130,90 EUR zu zahlen; der zweitantragstellenden Verlassenschaft 5.596,50 EUR samt 4 % Zinsen an rückständigem Unterhalt; dies bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft. Beide klagenden Parteien verbanden die Klage mit dem Antrag, die Klage ob der Liegenschaft gemäß § 20 Abs 1 AnfO im Grundbuch anzumerken.
Das Erstgericht verfügte in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2009 die beantragte Anmerkung der Klage im Grundbuch in Ansehung beider Antragsteller.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge und wies den Anmerkungsantrag in Ansehung beider Antragsteller ab. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Über die Bewilligung der Anmerkung der Anfechtungsklage sei allein aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu entscheiden. Voraussetzung für die Anmerkung der Anfechtungsklage sei, dass die Leistung des Anfechtungsgegners eine grundbücherliche Eintragung erfordere. Dies sei hier nicht der Fall, da nach dem Klagevorbringen nur die Schenkung eines Bargeldbetrags in Höhe von 2.850.000 ATS des Unterhaltsschuldners an die Antragsgegnerin angefochten werde. Wenn die Antragsgegnerin mit diesem Geld eine Liegenschaft erworben habe, sei ihr die Liegenschaft nicht durch einen anfechtbaren Vorgang überlassen worden. Es werde weder der Erwerb der Liegenschaft angefochten, noch suchten die Antragsteller Befriedigung aus der Liegenschaft. Die Liegenschaft sei durch die anfechtbare Rechtshandlung selbst nicht betroffen, sondern stelle lediglich ein mögliches Exekutionsobjekt zur Durchsetzung des geltend gemachten Anfechtungsanspruchs dar. Dies führe zur Unzulässigkeit der Anmerkung der Anfechtungsklage. Auf die Frage der Prozessfähigkeit des ruhenden Nachlasses ging das Rekursgericht nicht ein.
Bei ihren Entscheidungen hatten beide Vorinstanzen dem bereits bei Antragstellung auf Klageanmerkung gegebenen und fortdauernden Mangel der gesetzlichen Vertretung des zweitantragstellenden Nachlasses keine Beachtung geschenkt.
Der Oberste Gerichtshof stellte mit seiner Entscheidung 3 Ob 87/09d vom 23. Juni 2009 die Entscheidung des Erstgerichts in Ansehung des Erstantragstellers wieder her. In Ansehung des Zweitantragstellers wurde der Mangel der gesetzlichen Vertretung aufgegriffen und zu dessen Behebung ein Sanierungsverfahren eingeleitet. Der Verlassenschaftskurator wurde aufgefordert, binnen zwei Wochen bekannt zu geben, ob die im Namen des Nachlasses erhobene Anfechtungsklage samt Antrag auf Anmerkung der Klage nach § 20 AnfO sowie die weitere Verfahrensführung samt Revisionsrekurs genehmigt werde. Bejahendenfalls wurde der Verlassenschaftskurator aufgefordert, binnen drei Monaten die verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung zu erwirken und diese dem Obersten Gerichtshof zu übermitteln. Nach mehreren Fristverlängerungen liegen nun die Genehmigungen des Verlassenschaftskurators und des Verlassenschaftsgerichts vor und kann über den Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin entschieden werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
1. Zur Bewertung:
Ist die Anfechtungsklage auf geldgleiche Ansprüche gerichtet, ist eine Bewertung des zu schützenden Anspruchs nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0042521). Dies trifft auch auf den Antrag auf Anmerkung der Anfechtungsklage nach § 20 AnfO zu (7 Ob 33/03h).
Der sich aus § 58 JN ergebende Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt 4.000 EUR (136,50 EUR x 36 = 4.914 EUR). Da das Datum der Entscheidung erster Instanz vor dem 30. Juni 2009 liegt, ist die in § 502 Abs 1 ZPO idF des Budgetbegleitgesetzes BGBl 52/2009 enthaltene Wertgrenze von 5.000 EUR noch nicht anwendbar (Art 16 Abs 4 BGBl 52/2009).
2. Die Anmerkung der Anfechtungsklage in Ansehung des zweitantragstellenden Nachlasses ist aus denselben Gründen zu bewilligen, wie sie sich bereits aus Pkt I.) der in Ansehung des Erstantragstellers ergangenen Vorentscheidung 3 Ob 87/09d (ON 21) ergeben:
Gemäß § 20 Abs 1 AnfO ist Voraussetzung der Anmerkung der Anfechtungsklage, dass zur Durchführung des behaupteten Anfechtungsanspruchs Eintragungen ins Grundbuch zu vollziehen sein werden, was dann der Fall ist, wenn sich aus dem Klagebegehren ergibt, dass die Befriedigung des Anfechtungsgläubigers aus der Liegenschaft gesucht wird, diese also von der anfechtbaren Rechtshandlung betroffen ist (3 Ob 37/07i; 2 Ob 507/92). Davon ist auszugehen, wenn der Anfechtungsgläubiger Befriedigung aus der Liegenschaft sucht, die dem Anfechtungsgegner durch einen anfechtbaren Vorgang überlassen wurde. Wird eine Liegenschaft schenkungsweise, aber anfechtbar überlassen, wird bei der Einzelanfechtung regelmäßig nur die Duldung der Zwangsvollstreckung in die Liegenschaft zugunsten und bis zur Höhe der Forderung des Anzufechtenden begehrt. Auch bei dieser „Ersatzleistung im besonderen Sinne der Einzelanfechtung“ ist die Anmerkung zulässig (König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung4, Rz 17/104). Verhindert werden sollen schlechtgläubige Verfügungen des Anfechtungsgegners, der Liegenschaftseigentümer aufgrund eines angefochtenen Rechtsgeschäfts wurde, und in der Zeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Anfechtungsprozess zum Nachteil des Anfechtungsklägers die Liegenschaft weiter veräußern könnte, wodurch wegen des Gutglaubensschutzes des Erwerbers einem obsiegenden Anfechtungskläger der Befriedigungsfonds entzogen werden könnte (RIS-Justiz RS0050390; 6 Ob 145/99p). Hingegen wäre die Anmerkung nicht zulässig, wenn allein die Schenkung eines Bargeldbetrags an den Anfechtungsgegner angefochten wird. In diesem Fall wären zur Durchführung des Anfechtungsanspruchs tatsächlich keine grundbücherlichen Eintragungen in Ansehung jener Liegenschaft denkbar bzw erforderlich, die mit dem Bargeldbetrag erworben wurde; die Liegenschaft wäre nicht Objekt der anfechtbaren Rechtshandlung. Sie könnte - neben dem übrigen Vermögen der Antragsgegnerin - lediglich als Exekutionsobjekt zur künftigen Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs dienen. Dies wäre für die Bewilligung der Anmerkung der Anfechtungsklage nicht ausreichend (Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger Österreichisches Insolvenzrecht4, § 43 Rz 21). Wären im Rahmen des Anfechtungsverfahrens keine grundbücherlichen Eintragungen erforderlich, fiele auch der Zweck der Anmerkung nach § 20 AnfO weg, den guten Glauben Dritter (etwa eines zukünftigen Käufers der Liegenschaft) auszuschließen.
3. Ob nun die Schenkung eines Bargeldbetrags oder die Schenkung einer Liegenschaft angefochten wird, ist aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu beurteilen.
3.1. Zum Urteilsantrag ist vorerst auszuführen:
Bei Prüfung eines Anfechtungsanspruchs ist generell darauf abzustellen, welcher Zustand gegeben wäre, wenn das vom Schuldner aufgegebene oder veräußerte Vermögen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet worden wäre (7 Ob 66/97z; Feil, Konkursordnung, § 1 AnfO Rz 2 und § 2 AnfO Rz 13 f). Wurde durch die anfechtbare Rechtshandlung dem Schuldner ein Geldbetrag entzogen, kann der Anfechtungsgläubiger demnach vom Anfechtungsgegner selbst Geld beanspruchen (RIS-Justiz RS0005227). Ist durch eine anfechtbare Rechtshandlung eine Sache an den Anfechtungsgegner veräußert oder geschenkt worden, so kann der Gläubiger verlangen, dass der Anfechtungsgegner ihm zur Hereinbringung seiner Geldforderung die Exekution auf die Sache gestattet, als ob die Sache vom Schuldner nicht veräußert oder verschenkt worden wäre. Die Anfechtungsklage muss in diesem Fall den Gegenstand, in den die Forderung vollstreckt werden soll, angeben und das Begehren enthalten, dass der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung zur Befriedigung der gegnerischen Forderung in diesen Gegenstand zu dulden habe (RIS-Justiz RS0050305; 3 Ob 216/01p). Auch ein auf Zahlung bei Exekution in dieses Objekt lautendes Klagebegehren wird aber als zulässig und üblich angesehen (MGA KO10 § 12 AnfO Nr 12; 6 Ob 167/99y mwN).
3.2. Das Rekursgericht legte dem Klagevorbringen das Verständnis bei, die behauptete anfechtbare Rechtshandlung iSd § 20 AnfO bestehe nicht in der Schenkung der Liegenschaft, sondern in der Schenkung eines Bargeldbetrags von 2,9 Mio ATS an die Antragsgegnerin. Dem ist im Hinblick auf die im Anfechtungsrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht zuzustimmen. Nach dieser sind Vereinbarungen und Vorgänge nach dem wirtschaftlichen Zweck zu betrachten, dem sie dienen (König 4 aaO Rz 2/27 und Rz 3/47). Davon ausgehend ist das Klagevorbringen nur so zu verstehen, dass die vom Vater des Erstantragstellers und dessen verstorbenen Bruders des mj Benedict L***** sowie der zweiten Ehegattin des Vaters gewählte Vorgangsweise beim Erwerb der Liegenschaft die wirtschaftliche Bedeutung und Zielsetzung hatte, den Eigentumserwerb an der Liegenschaft durch den Vater zu vermeiden und die Liegenschaft direkt in das Eigentum der zweiten Ehegattin gelangen zu lassen. Dem Klagevorbringen ist in ausreichender Weise die Behauptung zu entnehmen, es liege eine von den Parteien des Rechtsgeschäfts bewusst gewählte „Gestaltung“ zur Vermeidung von anfechtungsrechtlichen Konsequenzen vor. Liegt nach den Klagebehauptungen die wirtschaftliche Zielsetzung der von den Parteien praktizierten Vorgangsweise darin, dem Vermögen des Unterhaltsschuldners und damit dem zweitantragstellenden Nachlass ein Befriedigungsobjekt in Form einer Liegenschaft zu entziehen, betrifft die Anfechtung diese Liegenschaft und kann die Klage angemerkt werden. Die Erfolgsaussichten der Klage sind im Bewilligungsverfahren nicht zu prüfen (Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 43 KO Rz 51; RIS-Justiz RS0050402).
Auch dem Revisionsrekurs der zweitantragstellenden Verlassenschaft war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
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