OGH 17Os13/17s

OGH17Os13/17s25.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. September 2017 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert R***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 20. Februar 2017, GZ 36 Hv 151/16m‑25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0170OS00013.17S.0925.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert R***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 2. Juni 2015 in L***** als Polizeibeamter der gleichnamigen Polizeiinspektion mit dem Vorsatz, dadurch Vanessa G***** an ihrem Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er ohne dienstliche Veranlassung in seiner Dienststelle Einsicht in einen kriminalpolizeilichen Ermittlungsakt, dessen Geschäftszahl er zuvor durch missbräuchliche Abfrage im Polizei-Aktenprotokollierungs- und Dokumentationssystem („PAD“) ermittelt hatte, insbesondere in das dort einliegende Protokoll über die Zeugenvernehmung der Vanessa G*****, nahm und dadurch gezielt deren Mobiltelefonnummer zwecks Kontaktaufnahme in Erfahrung brachte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) unter Berufung auf eine Kommentarstelle ( Bertel in WK 2 StGB § 302 Rz 80) vertretene Ansicht, „die PAD-Abfragen und die Einsicht in den Papierakt“ seien „nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung begangen“ worden, legt nicht dar, weshalb ein Polizeibeamter, der durch Abfrage (ausschließlich) für die Erfüllung dienstlicher Aufgaben eingerichteter elektronischer Datenbanken und durch Einsichtnahme in einen kriminalpolizeilichen Ermittlungsakt gezielt personenbezogene Daten ermittelt, nicht eine ihm (abstrakt [vgl RIS-Justiz RS0096134]) zukommende Befugnis zum (hoheitlichen) Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 Abs 2 DSG; vgl etwa §§ 74 Abs 2, 91 Abs 2 StPO) in Anspruch nehmen, mithin ein Amtsgeschäft in Vollziehung der Gesetze vornehmen, soll (vgl RIS‑Justiz RS0095301).

Die Diversionsrüge (Z 10a) geht nicht von der Gesamtheit der Urteilsannahmen aus (RIS‑Justiz RS0119091), setzt sie sich doch mit den – zutreffenden (vgl RIS‑Justiz RS0126734) – Erwägungen des Erstgerichts, „dass die nicht einmal bedingte Unrechtseinsicht oder die partielle Übernahme der Verantwortung des Angeklagten“ (der schon das objektive Tatgeschehen in Abrede stellte) einem Vorgehen nach dem 11. Hauptstück entgegenstand (US 10), nicht auseinander. Angesichts des Erfordernisses kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS‑Justiz RS0124801) bedarf das weitere zu diesem Nichtigkeitsgrund erstattete Vorbringen keiner Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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