OGH 12Os79/17k

OGH12Os79/17k21.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wukovits, LL.M., als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung der Victoria S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 7. April 2017, GZ 16 Hv 48/16i‑95, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00079.17K.0921.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Victoria S***** im dritten Rechtsgang nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil sie unter dem Einfluss eines ihre Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer Manie mit psychotischen Symptomen (F31.2), welche aus einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, emotional instabilen, histrionischen und dissozialen Anteilen (F61.0) und einer bipolaren affektiven Störung bzw einer schizoaffektiven Psychose resultiert, am 22. Dezember 2015 in H***** den Polizeibeamten Thomas O***** gefährlich mit dem Tod einer ihm schutzbefohlenen Person bedrohte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem sie ihm gegenüber telefonisch über den polizeilichen Notruf zusammengefasst angab, sie befinde sich in H***** auf der Landstraße und habe vor, jemanden umzubringen und sie werde demnächst nach L***** gehen und dort einen Türken abstechen, es sei kein Spaß, es sei kein Verarschen, also eine Tat begangen hat, die ihr, wäre sie zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen, als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB zuzurechnen gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5, Z 9 lit a und Z 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen, der keine Berechtigung zukommt.

Dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter den Bedeutungsinhalt der von der Betroffenen gegenüber Thomas O***** im Rahmen des Telefonats getätigten Äußerungen aus den im Akt befindlichen Tonträgern und dem von der Verteidigerin vorgelegten Transkript (ON 94 S 21 ff) erschlossen und diesem zugrunde gelegt, dass sie es ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand, einen anderen gefährlich mit dem Tod ihm schutzbefohlener Personen (US 7), also vor allem in ihrer unmittelbaren Umgebung bzw Nähe befindlicher Menschen (US 9; vgl auch 12 Os 160/16w), zu bedrohen.

Bei der Annahme dieses Bedeutungsinhalts hat das Erstgericht die Gesamtheit der von Victoria S***** gegenüber Thomas O***** getätigten Äußerungen und insbesondere ihren abschließenden Hinweis „ich warte“ berücksichtigt (US 3, 7, 10). Der auf die unvollständige Wiedergabe einzelner Textpassagen gegründete Vorwurf der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) geht schon deshalb ins Leere, weil er keine unrichtige Wiedergabe eines Beweismittelinhalts durch formalen Vergleich von

Zitat- und Aktenlage anspricht, sondern bloß – im kollegialgerichtlichen Verfahren unbeachtlich – die aus den Verfahrensresultaten gezogenen Schlussfolgerungen kritisiert (RIS‑Justiz RS0099547 [T8, T14]).

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) im Wege eigenständiger Würdigung des Gesprächsinhalts die Sachverhaltsgrundlage für die tatrichterliche Beurteilung, die Drohungen seien jedenfalls geeignet gewesen, dem Polizeibeamten begründete Besorgnis einzuflößen, die Betroffene sei willens und in der Lage, das angedrohte Übel zu realisieren (US 3, 7, 10), in Zweifel zu ziehen trachtet, verfehlt sie den vom Gesetz geforderten, im Urteilssachverhalt

gelegenen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

Dass der Tatbestand der gefährlichen Drohung die Spezifizierung der von der Übelszufügung betroffenen (Sympathie‑)Person voraussetzen sollte, wird von der Beschwerde nur begründungslos behauptet, nicht jedoch methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (vgl RIS‑Justiz RS0116565, RS0116569).

Das gegen die Annahme gerichtete Vorbringen, auch eine Person in L***** sei Ziel der Drohung gewesen, thematisiert schon deshalb keine entscheidende Tatsache, weil sich die angekündigte Übelszufügung nach den Urteilsfeststellungen (US 3) vor allem gegen in unmittelbarer Nähe befindliche Menschen richtete.

Die von der Rüge vermisste Konstatierung eines zumindest bedingten Vorsatzes der Betroffenen, Thomas O***** mit dem Tod einer ihm schutzbefohlenen Person gefährlich zu bedrohen, findet sich auf US 4 (vgl auch US 7, 10).

Weshalb die festgestellte Absicht, den genannten Beamten durch diese Ankündigung in Furcht und Unruhe zu versetzen, den Tatbestandsvoraussetzungen des § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB nicht genügen und – trotz der vom Erstgericht angenommenen bewussten Wortwahl der Nichtigkeitswerberin und ihres Wissens um den von ihr ausgelösten sofortigen Polizeieinsatz (US 4) – ohne Sachverhaltsbezug geblieben sein sollte, legt die Beschwerde nicht nachvollziehbar dar.

Indem die Sanktionsrüge (Z 11) unter Hinweis auf die Ausführungen der Rechtsrüge die Verwirklichung einer Anlasstat bestreitet, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

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