European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0230DS00006.17K.0828.000
Spruch:
Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Erkenntnis, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der Tat als Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt und demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und der Beschuldigte für das ihm weiterhin zur Last liegende Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt zu einer Geldbuße von 800 Euro verurteilt.
Im Übrigen wird der Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld nicht Folge gegeben.
Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird der Beschuldigte auf die Strafneubemessung verwiesen.
Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde– soweit hier von Bedeutung – ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldbuße von 1.000 Euro verurteilt.
Danach hat er mit Telefaxschreiben vom 26. Juni 2015 an Rechtsanwalt Dr. W***** und durchschriftlich an dessen Mandanten, Nikolaus T*****, und somit in einer für Dritte wahrnehmbaren Weise Rechtsanwalt Dr. W***** einen Beratungsfehler und somit eine disziplinär zu ahndende Berufspflichtenverletzung und standeswidriges Verhalten vorgeworfen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen gerichteten Nichtigkeitsberufung (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) zuwider hat der Disziplinarrat die vom Beschuldigten in subjektiver und objektiver Hinsicht zugestandene Umgehung des Rechtsanwalts einer anderen Partei durch gleichzeitige Übersendung einer an diesen gerichteten Telefaxnachricht an dessen Mandanten zu Recht als schuldhafte Verletzung der in § 9 Abs 1 RAO, § 18 erster Halbsatz RL‑BA 1977 (vgl § 59 Abs 3 RL‑BA 2015) geregelten Vorschriften gewertet. Es trifft zwar zu, dass eine derartige direkte Kontaktaufnahme mit dem gegnerischen Mandanten nicht ausnahmslos verboten ist (vgl RIS‑Justiz RS0056068). Mag auch der Beschuldigte im Schreiben an den gegnerischen Anwalt auf die unter einem vorgenommene Übermittlung des Schreibens an dessen Mandanten hingewiesen haben, so liegt doch eine verpönte Einflussnahme auf den Mandanten auf der Hand: Durch Hinweis auf einen Beratungsfehler und das (weit überhöht dargestellte) Kostenrisiko von 13.000 Euro sollte der Mandant bewegt werden, eine Klagsführung im Exekutionsverfahren zu unterlassen (vgl Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO9 § 18 RL‑BA 1977 Rz 3, Feil/Wennig, AnwR8 § 9 RAO Rz 11).
Aber auch zum weiteren Vorwurf, der Beschuldigte habe den Gegenanwalt durch einen Hinweis auf dessen Beratungsfehler gegenüber dem Mandanten unnötig in den Streit gezogen und persönlich angegriffen (§ 18 zweiter Halbsatz RL‑BA 1977) also eines weiteren Aspekts des vorliegend verfassten und abgesendeten Schreibens, liegen noch hinreichende Feststellungen vor (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19).
Der Disziplinarrat konstatierte, dass gelegentlich des Vergleichsabschlusses am 19. Februar 2015 keine weiteren Vereinbarungen (insbesondere darüber, wer für die grundbücherliche Durchführung des Vergleichs Sorge zu tragen hätte) getroffen wurden (ES 9). Der Passus in Punkt 3 des Vergleichs: „Sollten seitens des zuständigen Grundbuchsgerichts irgendwelche Aufsandungserklärungen oder Grundbuchsurkunden ergänzender Art benötigt werden, wird der Beklagte die hiefür notwendigen Erklärungen in der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Form auf Kosten der Klägerin abgeben“, spricht allerdings klar dafür, dass es Sache der Klagsseite gewesen wäre, für die grundbücherliche Durchführung Sorge zu tragen.
Ungeachtet dessen, dass in der Folge (wegen Exekutionsführung durch den Beschuldigten) vom gegnerischen Anwalt seinerseits Vorwurf eines disziplinären Verhaltens erhoben wurde, war bei der gegebenen Sachlage die replizierende Drohung mit einer Disziplinaranzeige des Beschuldigten mit kulminierendem Vorwurf, diesfalls sei die Feststellung eines Beratungsfehlers Dris. W***** mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, überschießend und gleichfalls disziplinär.
Die Schuldberufung vermag mit dem bloßen Hinweis darauf, dass Dr. W***** als erster eine Disziplinaranzeige androhte, keine für die Beweiswürdigung relevante Tatsache aufzuzeigen.
Aus Anlass der Berufung überzeugte sich der Oberste Gerichtshof vom Vorliegen einer von Amts wegen wahrzunehmenden materiellen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO). Der neben dem Vergehen der Berufspflichtenverletzung auch angelastete Vorwurf der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes hat– von (hier nicht vorliegenden) Fällen schwerwiegenden Verschuldens abgesehen – dem Erkenntnis nicht zu entnehmende und nach dem Akteninhalt auch nicht indizierte Konstatierungen zur Voraussetzung, dass das inkriminierte Verhalten einem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelangte (RIS‑Justiz RS0054876, Engelhart/Hofmann/Lehner/ Rohregger/Vitek, RAO9 § 1 DSt Rz 12 f, Feil/Wennig, AnwR8 § 1 DSt S 859).
Bei der durch die Teilkassation erforderlichen Strafneubemessung für das dem Beschuldigten weiterhin zur Last liegende Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt war eine disziplinarrechtliche Vorstrafe als erschwerend zu werten, während Milderungsgründe nicht vorliegen.
Die reduzierte Sanktion erweist sich als dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Beschuldigten unter Annahme der durchschnittlichen Einkünfte eines Rechtsanwalts angemessen.
Für einen Schuldspruch ohne Strafe oder etwa einen schriftlichen Verweis bleibt daher kein Raum.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 54 Abs 5 DSt.
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