European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080NC00035.17I.0824.000
Spruch:
Der Hofrat des Obersten Gerichtshofs ***** ist als Mitglied des 6. Senats im Verfahren über die Revision der beklagten Partei zu AZ 6 Ob 204/16t befangen.
Begründung:
Die Klägerin des im Spruch bezeichneten Verfahrens war atypische stille Gesellschafterin der Beklagten, sie hat ihre Anteile gekündigt. In der Klage begehrt sie die Auszahlung des auf ihrem Verrechnungskonto bestehenden Guthabens, das sich aus Vorwegbezügen und einer vertaglich zugesagten Mindestverzinsung zusammensetzt. Das Erstgericht wies das Klagbegehren ab. Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin Folge und änderte die Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn ab. Über die gegen dieses Urteil erhobene ordentliche Revision der beklagten Partei hat der 6. Senat des Obersten Gerichtshofs zu entscheiden.
Das Mitglied des 6. Senats Hofrat ***** zeigte seine mögliche Befangenheit in dieser Rechtssache an.
Seine Ehefrau habe aus gleichartigen, ebenfalls bereits gekündigten atypisch stillen Beteiligungen an der Beklagten noch einen Anspruch auf ein (wenngleich geringfügiges) restliches Auseinandersetzungsguthaben geltend gemacht. Da es nicht auszuschließen sei, dass die Bereitschaft der Beklagten zur Auszahlung dieses Guthabens an seine Ehefrau vom Ergebnis des gegenständlichen Revisionsverfahrens abhängen könnte, bestehe möglicherweise der objektive Anschein seiner Befangenheit in dieser Rechtssache.
Rechtliche Beurteilung
Dazu ist Folgendes festzuhalten:
Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn er an eine Rechtssache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantritt, somit durch sachfremde psychologische Motive eine Hemmung zu unparteiischer Entscheidung gegeben ist. Es kommt nicht nur darauf an, ob sich der Richter befangen fühlt oder nicht, es genügt grundsätzlich schon der Anschein einer Befangenheit (8 Nc 30/15a; 8 Nc 43/15p), wofür freilich zureichende Anhaltspunkte gegeben sein müssen, die geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler die volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (RIS‑Justiz RS0096914).
Nach diesen Grundsätzen kann der vom Senatsmitglied ***** mitgeteilte Sachverhalt objektiv den Anschein seiner Befangenheit begründen, weil ein Verfahrensbeteiligter in Kenntnis dieser Umstände den Eindruck gewinnen könnte, dass ein wirtschaftliches Interesse seiner Ehefrau am Verfahrensausgang seine unparteiische Willensbildung hemmen könnte.
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