OGH 14Os35/17d

OGH14Os35/17d4.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juli 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Limberger, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Rama B***** wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 8. Februar 2017, GZ 38 Hv 88/16d-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00035.17D.0704.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rama B***** des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1) StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 28. August 2016 in G***** Christian Br***** und Barbara Gr***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Schmuck, Münzen und sonstige Wertsachen im 5.000 Euro übersteigenden Gesamtwert von jedenfalls 15.000 Euro, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 und 3 StGB) durch Einbruch in eine Wohnstätte weggenommen, indem er unter Zuhilfenahme eines Schraubenziehers ein Fenster des Einfamilienhauses (der Opfer) gewaltsam öffnete, so in das Wohnhaus gelangte und dort zumindest eine Tür aufbrach.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 8, 10 und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Der Umstand, dass im Urteil der Wert der weggenommenen Gegenstände („Schmuck, Münzen und sonstige Wertsachen“) mit „jedenfalls 15.000 Euro“, in der Anklage mit „ca. EUR 14.956,00“ beziffert wurde, begründet dem darauf bezogenen Beschwerdevorbringen (Z 8) zuwider keine Anklageüberschreitung. Denn der Wegfall oder das Hinzukommen von Beutestücken eines einzigen diebischen Zugriffs berührt, ebenso wenig wie deren unterschiedliche Bewertung, nicht die Identität der Tat (RIS‑Justiz RS0118720 [T3]; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 522).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) sagt nicht, weshalb der durch – zulässigen (vgl RIS‑Justiz RS0119090 [T4]) – Verweis auf den Urteilsspruch festgestellte Wert der Beutestücke (US 3 iVm US 1) keine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die Annahme der Qualifikation nach § 128 Abs 1 Z 5 StGB sei und welche weiteren Feststellungen hiefür erforderlich gewesen wären (RIS-Justiz RS0099620).

Gleiches gilt für den Einwand gegen die – im Übrigen mängelfrei begründeten – Konstatierungen zu einem auf einen 5.000 Euro übersteigenden Beutewert gerichteten Vorsatz des Beschwerdeführers (US 3 iVm US 5). Im Ergebnis bekämpft dieses Vorbringen bloß die Feststellungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Ebenso wenig wird gesagt, warum durch das konstatierte Aufbrechen eines Fensters unter Zuhilfenahme eines Schraubenziehers (US 1, 3 und 4) die Einbruchsqualifikation nach § 129 Abs 1 Z 1 StGB nicht verwirklicht worden sein sollte.

Soweit der Sache nach auch die Annahme von Gewerbsmäßigkeit kritisiert wird, legt die Rüge nicht dar, weshalb das behauptete Nichtvorliegen der in § 70 Abs 1 Z 1 StGB genannten Kriterien im Hinblick auf die (nicht substantiiert bekämpften) – der Ansicht der Generalprokuratur zuwider auch mit Blick auf die von der Rechtsprechung verlangten Voraussetzungen (RIS-Justiz RS0130965) hinreichend deutlichen ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 19) – Konstatierungen zu den Voraussetzungen des § 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall StGB entscheidend sein soll (vgl 14 Os 131/16w). Die Frage, ob ein (nicht näher spezifizierter Schraubenzieher unter den vorliegenden Tatumständen bereits ein besonderes Mittel im Sinn des § 70 Abs 1 Z 1 StGB darstellt (vgl Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 70 Rz 13/2) kann daher dahinstehen.

Im Übrigen hat das Erstgericht – von der Rüge übergangen – die Feststellung des Einsatzes besonderer Fähigkeiten damit begründet, dass der Beschwerdeführer sich diese „durch die vorausgehenden Einbrüche“ (welche im Urteil durch Ausführungen zu [früheren] Verurteilungen konkretisiert wurden) „unter Verwendung von Werkzeug angeeignet“ habe (US 3).

Bleibt mit Blick auf die Stellungnahme der Generalprokuratur anzumerken, dass das Urteil auch im Zusammenhang mit der festgestellten (von der Rüge nicht thematisierten) Intention des Beschwerdeführers, sich (auf die inkriminierte Weise) über längere Zeit hindurch ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (US 3), ausreichenden Sachverhaltsbezug aufweist (vgl RIS-Justiz RS0119090), wird doch auf mehrere einschlägige Verurteilungen in der Schweiz, seinen „spätestens nach seiner Haftentlassung“ gefassten Entschluss, „nunmehr in Österreich wiederholt schwere Diebstähle durch Einbruch in Wohnstätten zu begehen“, die Absicht, sich dadurch „Einkommen zur Deckung seines Lebensunterhalts“ zu verschaffen, seine ansonsten „triste Einkommenssituation“ und den „nicht unerheblichen Aufwand“ der Anreise nach Österreich zur (tatsächlich) wiederholten Begehung derartiger Taten verwiesen (US 2, 3 und 5).

Dem Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11 dritter Fall) zuwider ist eine vom Erstgericht gewollte Korrektur der Strafaussprüche der im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Urteile (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 724) nicht erkennbar. Weshalb die Tatrichter sich näher „mit den anderen Einbruchsdiebstählen“ auseinandersetzen oder ausdrücklich hätten darlegen müssen, welche Strafe sie bei gemeinsamer Aburteilung sämtlicher Taten verhängt hätten, wird nicht erklärt.

Die (inhaltlich) geäußerte Kritik, die Annahme der Voraussetzungen des § 39 StGB sei zu Unrecht erfolgt (Z 11 erster Fall), übergeht die Feststellungen zu vier in der Schweiz erlittenen Verurteilungen wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender Taten (US 2 f).

Die Behauptung, dass das Erstgericht „durch unvertretbare und völlig verfehlte Anwendung des § 39 StGB“ (vgl hingegen die innerhalb des durch §§ 31 und 130 Abs 3 StGB gesteckten Rahmens ausgemessene Strafe) „eine Ermessensentscheidung, die lediglich im Berufungsverfahren überprüft werden kann, erst gar nicht traf“, ist ebenso unverständlich wie das Vorbringen, die Tatrichter hätten „angesichts der fehlenden inhaltlichen Bezugnahme auf die anderen Urteile in der rechtlichen Beurteilung“ (der Sache nach) keine Zusatzstrafe verhängt (vgl aber US 1 f und 7).

Weshalb die Tatrichter auf Basis des Urteilssachverhalts (US 3) zu Unrecht von vollendeter statt von versuchter Tat ausgegangen seien (Z 11 zweiter Fall), wird nicht erklärt.

Schließlich wertete das Erstgericht nicht „die leugnende Verantwortung“ des Beschwerdeführers erschwerend (vgl RIS-Justiz RS0090897). Vielmehr führte es im Rahmen der Strafbemessungserwägungen – zutreffend (vgl Ebner in WK² StGB § 34 Rz 38; RIS-Justiz RS0091512) – aus, dass den bloß zur objektiven Tatseite (auch dort nur teilweise) geständigen Angaben des Beschwerdeführers (vgl US 4) unter dem Aspekt eines wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung (§ 34 Abs 1 Z 17 zweiter Fall StGB) kein besonderes Gewicht zukommt, weil er „sein Fehlverhalten“ bloß unter dem Druck eindeutig belastender Ermittlungsergebnisse (DNA‑Treffer) zugestanden habe (US 6).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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