European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00037.17Y.0704.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Selahattin C***** wird für das ihm zur Last liegende Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB nach dieser Gesetzesstelle unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB
zu einer Geldstrafe in der Höhe von 360 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie zu einer gemäß § 43 Abs 1
StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes wird mit 4 (vier) Euro festgesetzt.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.
Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Selahattin C***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 4 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 180 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie zu einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 14. Mai 2016 in S***** die zufolge ihrer starken Alkoholisierung schlafende und somit wehrlose Michaela H***** unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vornahm, indem er sie unter ihrer Kleidung an der nackten Scheide berührte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 zweiter Fall StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.
Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter, vierter und fünfter Fall) sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen, insbesonders jene, nach denen der Beschwerdeführer das Tatopfer unter Hose und Unterhose an der nackten Scheide berührte, weder unvollständig noch offenbar unzureichend oder aktenwidrig begründet.
Diese Urteilsannahmen hat das Erstgericht – den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend (RIS-Justiz RS0108609) – im Wesentlichen aus den für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin Michaela H***** im Verein mit einer Sitz- und Stellprobe, die in dem zu AZ 27 U 250/15h des Bezirksgerichts Salzburg gegen Selahattin C***** anhängig gewesenen Verfahren in dessen Fahrzeug durchgeführt worden war, abgeleitet. Dabei haben die Tatrichter auch die Ergebnisse einer in der Hauptverhandlung erfolgten gleichartigen Beweisaufnahme, durch die ein dem § 205 Abs 2 StGB subsumierbares Geschehen – wie die Rüge selbst einräumt – übrigens nicht ausgeschlossen werden konnte (ON 21 S 11 f), sehr wohl in ihre Erwägungen einbezogen (US 4 f). Die Annahme, das Tatopfer habe den Sachverhalt vor der Kriminalpolizei und vor Gericht „gleichlautend geschildert“, ist Ergebnis einer Würdigung dessen in ihren wesentlichen Teilen korrekt wiedergegebenen Depositionen (US 5). Ein von der Beschwerde behauptetes Fehlzitat (Z 5 fünfter Fall) findet sich im Urteil nicht.
Die
Tatsachenrüge (Z
5a) bekämpft mit dem Verweis auf – vom Erstgericht ohnehin in seine Überlegungen einbezogene (US 4) – Widersprüche und Unsicherheiten in den Angaben der Zeugin Michaela H***** und deren – im Urteil gleichfalls berücksichtigte – Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt bloß die Annahme der Tatrichter von deren Glaubwürdigkeit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0099649). Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsannahme einer unterhalb der Kleidung erfolgten Berührung des Intimbereichs des Opfers werden damit nicht geweckt.
Mit Recht kritisiert demgegenüber die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall), dass das Erstgericht beim Strafausspruch eine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache offenbar unrichtig beurteilt hat, indem es die „gerichtliche Unbescholtenheit“ des Angeklagten zwar formal als Milderungsgrund anführte, ihm im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen aber unter Berücksichtigung des „diversionell erledigten Strafverfahrens zu 27 U 250/15h des Bezirksgerichts Salzburg“ eine gegenüber dem Rechtsgut der sexuellen Integrität gleichgültige und rücksichtslose Einstellung attestierte, wobei es den gegen ihn erhobenen konkreten Tatvorwurf zuvor detailliert festgestellt hatte und die Beteuerungen des Angeklagten, er sei damals nur angeschwärzt und verleumdet worden, mit einem Dolmetscher wäre die Sache anders ausgegangen, als unglaubwürdig beurteilte (US 2, 7). Indem die Tatrichter Selahattin C***** solcherart ohne gesetzlichen Schuldnachweis (Art 6 Abs 2 MRK) gerichtlich strafbares Verhalten unterstellt haben, haben sie der Sache nach das Vorliegen des Milderungsgrundes nach § 34 Abs 1 Z 2 StGB abgelehnt (RIS-Justiz RS0130150; Ebner in WK 2 StGB § 34 Rz 6, vgl auch Ratz , WK-StPO § 281 Rz 713 sowie Schroll , WK-StPO § 198 Rz 39).
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufzuheben.
Bei der damit notwendigen Strafneubemessung war der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten mildernd, erschwerend dagegen kein Umstand.
Davon ausgehend entspräche bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat sowie der Täterpersönlichkeit. Die Voraussetzungen für eine bedingte Nachsicht der gesamten Strafe liegen mit Blick auf die Ausgestaltung der Tat eines Taxilenkers an einer ihm zur Beförderung anvertrauten Person aus spezial- und generalpräventiven Gründen nicht vor, jedoch konnte an Stelle eines sechsmonatigen Strafteils auf eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen erkannt und der restliche Strafteil von vier Monaten Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes war zufolge der nur zu Gunsten des Angeklagten erhobenen Berufung gegen den Strafausspruch mit Blick auf das Verschlechterungsverbot (§§ 16, 295 Abs 2 erster Satz StPO) erneut im gesetzlichen Mindestmaß von 4 Euro festzusetzen.
Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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