OGH 14Os48/17s

OGH14Os48/17s4.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juli 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Limberger, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Monika W***** wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 5 U 155/15a des Bezirksgerichts Villach, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 29. August 2016, GZ 5 U 155/15a‑28, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00048.17S.0704.000

 

Spruch:

 

Der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 29. August 2016, GZ 5 U 155/15a‑28, verletzt § 470 Z 1 StPO.

Dieser Beschluss wird zur Klarstellung beseitigt und die Akten werden dem Landesgericht Klagenfurt zur Entscheidung über die Berufung der Monika W***** gegen das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 11. April 2016, GZ 5 U 155/15a‑23, zugeleitet.

 

Gründe:

Monika W***** wurde mit (gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 11. April 2016, GZ 5 U 155/15a‑23, je eines Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (1) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (2) schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt. Die in der Hauptverhandlung anwesende, anwaltlich nicht vertretene Angeklagte gab nach Verkündung des Urteils keine Rechtsmittelerklärung ab, ließ aber in der Folge die Frist des § 466 Abs 1 StPO ungenützt verstreichen.

Ein am 7. Juni 2016 persönlich beim Bezirksgericht Villach eingebrachtes, als „Vorstellung gegen den Zahlungsbefehl“ und „Einspruch“ bezeichnetes Schreiben der Monika W*****, in dem sie bestritt, die ihr im Urteil zur Last gelegten Taten begangen zu haben (ON 27), wertete das Bezirksgericht Villach inhaltlich als Berufung gegen das oben bezeichnete Urteil und wies diese mit Beschluss vom 29. August 2016 (ON 28) als verspätet zurück. Diese Entscheidung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Über entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 15. März 2017 (ON 31) legte das Erstgericht den Akt dem Landesgericht Klagenfurt (AZ 7 Bl 43/17t) zur Entscheidung über die Berufung der Monika W***** vor.

Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, steht der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 29. August 2016, GZ 5 U 155/15a‑28, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Zur Zurückweisung einer Berufung gegen das Urteil eines Bezirksgerichts – in analoger Anwendung des § 285a Z 1 erster Fall StPO, auf den § 471 StPO gerade nicht verweist – fehlt dem Bezirksgericht die Kompetenz. Sie kommt im bezirksgerichtlichen Verfahren gemäß § 470 Z 1 StPO ausschließlich dem Landesgericht als Berufungsgericht zu (Fabrizy, StPO12 § 467 Rz 4; vgl auch 11 Os 35/13a, 11 Os 36/13y, 11 Os 37/13w, 11 Os 38/13t).

Der angefochtene, außerhalb seiner Zuständigkeit gefasste Beschluss des Bezirksgerichts Villach verletzt demnach § 470 Z 1 StPO, vermag jedoch keine Wirkung zu erzeugen und ist daher unbeachtlich. Er war demzufolge nur zur Klarstellung zu beseitigen (Ratz, WK‑StPO § 292 Rz 45; vgl auch Lewisch, WK‑StPO Vor §§ 352–363 Rz 87 ff und Ratz, WK‑StPO § 285b Rz 6; RIS‑Justiz RS0116267; RS0116270 [insbesondere T3; 14 Os 46/14t]).

Über die Berufung der Monika W***** gegen das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 11. April 2016, GZ 5 U 155/15a‑23, wird das Landesgericht Klagenfurt zu entscheiden haben.

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