OGH 12Ns39/17g

OGH12Ns39/17g22.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Melounek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian H***** wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1 Z 2 StGB, AZ 4 U 24/15f des Bezirksgerichts Gmunden, über die Anträge des Verurteilten auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Einsichtnahme der Generalprokuratur in die Akten in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120NS00039.17G.0622.000

 

Spruch:

Die Anträge auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers werden abgewiesen.

 

Gründe:

Mit Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 10. Juni 2015, GZ 4 U 24/15f‑18, wurde Christian H***** des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. November 2014 in A***** Patricia K***** durch eine geschlechtliche Handlung vor ihr unter Umständen, unter denen dies geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, belästigt, indem er im Großraumabteil des Regionalexpresszugs ***** auf der Fahrt nach T***** gegenüber der Genannten sitzend seinen Penis aus der Hose holte und daran manipulierte.

Mit Entscheidung vom 14. Dezember 2015 gab das Landesgericht Wels, AZ 24 Bl 101/15a, der wegen Nichtigkeit und gegen die Aussprüche über die Schuld und die Strafe erhobenen Berufung des anwaltlich vertretenen Angeklagten sowie der zum Nachteil des Genannten gegen den Strafausspruch ausgeführten Berufung der Staatsanwaltschaft jeweils keine Folge und bestätigte das Ersturteil (ON 28 im U‑Akt).

Die Rechtsmittelentscheidung wurde dem Verteidiger des Verurteilten am 17. Februar 2016 zugestellt.

Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 26. Jänner 2017, AZ 12 Os 118/16v, wurde der Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens zurückgewiesen, weil der Erneuerungsantrag entgegen § 363b Abs 2 Z 1 StPO nicht von einem Verteidiger unterfertigt sowie nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist (vgl Art 35 Abs 1 EMRK) eingebracht worden war.

Mit weiterem Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 2. März 2017, AZ 12 Os 16/17w, wurde unter anderem ein Antrag des Christian H***** auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 364 StPO gegen die Versäumung der sechsmonatigen Frist des auf Erneuerungsanträge gemäß § 363a StPO, die sich nicht auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte berufen können, analog anzuwendenden Art 35 Abs 1 EMRK abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Mehrere in diesem Zusammenhang gestellte Anträge auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers blieben erfolglos.

Nunmehr beantragte der Verurteilte am 3. und 4. Mai 2017 die Bewilligung der Verfahrenshilfe für „die gesamte Erneuerung des Verfahrens am Obersten Gerichtshof“, allfällige Befangenheitsanträge sowie zur Anregung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes im Zusammenhang mit dem Verfahren AZ 4 U 24/15f des Bezirksgerichts Gmunden.

Da sich am Ablauf der Sechsmonatsfrist des Art 35 Abs 1 EMRK nichts geändert hat, waren diese Anträge wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit der angestrebten Prozesshandlung abzuweisen (RIS‑Justiz RS0127077). Die Stellung „allfälliger“ Befangenheitsanträge lässt die notwendige Konkretisierung einer in Aussicht genommenen Prozesshandlung vermissen, die eine Beurteilung der Voraussetzungen des § 61 Abs 2 StPO ermöglichen würde. Soweit Christian H***** Verfahrenshilfe zwecks Anregung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes anstrebt, ist er darauf zu verweisen, dass ihm in diesem Umfang vom Bezirksgericht Gmunden bereits ein Verfahrenshilfeverteidiger beigegeben wurde. Daran vermag auch das von ihm am 3. April 2017 übermittelte Schreiben von Rechtsanwalt Dr. Norbert S***** vom 1. Dezember 2017, dass der Akt mangels Zustellung weiterer gerichtlicher Entscheidungen abgeschlossen ist, nichts zu ändern.

Die weiters am 15. Mai 2017 begehrte Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Erneuerung des Verfahrens betreffend den Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 5. Oktober 2016, GZ 4 U 24/15f‑105, und der Beschwerdeentscheidung des Landesgerichts Wels vom 15. November 2016, AZ 24 Bl 114/16i lässt – abgesehen von der Zitierung nach Ansicht des Antragstellers verletzter grundrechtsrelevanter Bestimmungen – jegliche Begründung vermissen, wodurch er sich konkret beschwert erachtet, sodass das Begehren auch insoweit abzuweisen war, zumal auch hier das Vorliegen der Voraussetzungen des § 61 Abs 2 StPO nicht beurteilt werden konnte.

Stichworte