European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00021.17P.0405.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mohamed H***** mehrerer Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A) sowie der Vergehen des Diebstahls nach §§ 127 und 15 StGB (B) und der Entwendung nach §§ 15, 141 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.
Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung hat er danach
(A) durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von Waffen anderen fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, nämlich
1) am 3. Juni 2016 in I***** Helga C***** 2.100 Euro, indem er eine Gartenschere gegen sie richtete und Geld forderte, sowie
2) am 13. Juni 2016 in S***** Herbert S***** 1.305 Euro, indem er ein Brotmesser mit einer Klingenlänge von etwa 20 cm (US 6) und eine Prosecco‑Flasche gegen ihn richtete und Geld forderte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Indem die Mängelrüge (Z 5) die Frage releviert, ob die Tathandlung zum Schuldspruch A/2 als „Wegnahme“ oder als „Abnötigung“ zu werten sei, bezieht sie sich prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0106268) nicht auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände, weil das Verbrechen des Raubes insoweit als alternativer Mischtatbestand konzipiert ist ( Eder‑Rieder in WK² StGB § 142 Rz 1 f; Hintersteininger SbgK § 142 Rz 5; jeweils mwN).
Entgegen der Beschwerde gibt die angefochtene Entscheidung die Aussage des Zeugen Herbert S***** keineswegs in ihren wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wieder (Z 5 fünfter Fall). Die Urteilspassage, die Beschaffenheit der bei der Tat (A/2) als Waffen verwendeten Gegenstände ergebe sich auch aus den Depositionen dieses Zeugen (US 10), steht nämlich nicht im Widerspruch zu dessen insoweit relevierten Angaben, wonach er „eigentlich keine Angst gehabt“ habe und „auch alles sehr schnell gegangen“ sei (ON 26 S 12) bzw der Mann „plötzlich“ neben ihm gestanden und er „total überrascht“ gewesen sei (ON 26 S 13 iVm ON 3 S 25 in ON 20).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) leitet die Behauptung, der Umstand, dass die als Waffe verwendete, dem Raubopfer gegen dessen „Brust bzw Bauchbereich“ vorgehaltene Gartenschere (A/1) nach den Urteilsfeststellungen verpackt gewesen sei (US 5), hindere die Qualifikation nach § 143 Abs 1 zweiter Fall StGB, nicht aus dem Gesetz ab und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569).
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei hinzugefügt, dass „Verwenden“ einer Waffe im Sinn der angesprochenen Qualifikationsnorm nicht deren tatsächlichen Einsatz verlangt, vielmehr schon der zumindest konkludente Hinweis auf die Möglichkeit eines solchen Einsatzes genügt (SSt 56/73; RIS‑Justiz RS0093840, RS0093914 und RS0094191 [T3]; jüngst 12 Os 33/16v). Das bloße Erfordernis, vor dem tatsächlichen Einsatz der Waffe deren Umhüllung entfernen zu müssen, steht der vorgenommenen Subsumtion somit nicht entgegen (vgl [zum Bereithalten eines geschlossenen Klappmessers] Fabrizy , StGB 12 § 143 Rz 8; Hintersteininger SbgK § 143 Rz 24; jeweils mwN).
Die zum Schuldspruch A/2 erhobene Behauptung fehlenden Kausalitätszusammenhangs zwischen der (qualifizierten) Drohung und dem Gewahrsamsbruch erschöpft sich in der Bestreitung der gegenteiligen Urteilsfeststellungen (US 6 f) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung und die gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtende Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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