European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118135
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von Verlassenschaft nach Ing. E* A* W*, zuletzt *, auf 1. M* J* und 2. *; Verein * richtig gestellt.
II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
ad I. Mit zwischenzeitig ergangenem Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 5. 10. 2016 (GZ 9 A 40/15k‑32) wurde die Verlassenschaft nach Ing. E* A* W* (in der Folge: Erstverstorbener) der Verlassenschaft nach dessen Witwe S* W* (in der Folge: Zweitverstorbene), diese vertreten durch die bereits am 27. 1. 2016 vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien (GZ 9 A 83/15k‑35) eingeantworteten Erben M* J* und Verein *, eingeantwortet. Damit war die Bezeichnung der beklagten Partei nunmehr gemäß § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen auf die Erben beider verstorbener Ehegatten, nämlich M* J* und Verein *, zu berichtigen.
ad II. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG, wonach es als ein wichtiger (Kündigungs‑)Grund anzusehen ist, wenn die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, dass der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist.
Rechtliche Beurteilung
1. Da zum Zeitpunkt der Einbringung der vorliegenden Aufkündigung am 24. 11. 2015 der Zweitverstorbenen bzw deren Verlassenschaft zwar gemäß § 153 Abs 2 AußStrG die Ermächtigung zur Übernahme bestimmt bezeichneten Verlassenschaftsvermögens erteilt worden war (Beschluss vom 10. 4. 2015), darin jedoch die dem Erstverstorbenen zustehenden Mietrechte an dem vom Kläger angemieteten Atelier/Arbeitsraum nicht erwähnt waren, dauerte damals der Zustand der Verlassenschaft (des ruhenden Nachlasses) nach dem Erstverstorbenen jedenfalls fort (RIS-Justiz RS0007687; ebenso Sailer in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG [2013] § 153 Rz 14 zur Rechtslage des Außerstreitgesetzes BGBl I 111/2013), weshalb der Kläger die vorliegende Klage zutreffend gegen diese Verlassenschaft richtete.
2. Beim vom Erstverstorbenen angemieteten Bestandgegenstand handelt es sich unstrittig nicht um eine Wohnung, sondern um eine Geschäftsräumlichkeit im Sinn des § 30 Abs 2 Z 7 MRG (vgl 1 Ob 278/03v). Auf solche Räumlichkeiten sind die Eintrittsrechte nach § 14 Abs 2 und 3 MRG (Sonderrechtsnachfolge) nicht anwendbar (arg: Wohnung). Nach dessen Abs 1 wird aber der Mietvertrag (auch) durch den Tod des Mieters nicht aufgehoben; mangels Sonderrechtsnachfolge und Einantwortung bleibt die Verlassenschaft (der ruhende Nachlass) Mieter (Würth/Zingher/Kovanyi/Etzersdorfer, Miet- und Wohnrecht23 [2015] § 14 MRG Rz 2 mwN). Aufgrund der Einantwortungsbeschlüsse vom 27. 1. und vom 5. 10. 2016 sind nunmehr die Beklagten Mieter.
3. Es entspricht der herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 30 Abs 2 Z 7 MRG, dass dieser Kündigungsgrund das Fehlen einer regelmäßigen geschäftlichen Tätigkeit entweder in der vereinbarten Form und Intensität oder wenigstens in einer gleichwertigen Form voraussetzt (RIS-Justiz RS0070431). Der Kündigungsgrund liegt somit vor, wenn die Geschäftsräume – durch wen immer – nicht oder nicht in einer gleichwertigen Weise benützt werden (6 Ob 141/00d; 1 Ob 27/15z; RIS-Justiz RS0068845 [T1], RS0069067). Das Fehlen einer regelmäßigen geschäftlichen Tätigkeit ist dabei nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu prüfen und stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar (7 Ob 71/11h).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen nutzte der Erstverstorbene das angemietete Atelier (Arbeitsraum) bis knapp vor seinem Tod, wobei er aufgrund seiner zunehmenden Erkrankung Mitglieder des (nunmehrigen) Zweitbeklagten bat, ihm bei seinen Arbeiten zu assistieren. Außerdem beauftragte er den Zweitbeklagten, seine Arbeiten nach seinem Tod weiterzuführen, was dessen Mitglieder auch taten. Den Zutritt zum Bestandobjekt verschafften sie sich dadurch, dass sie einen Schlüssel an sich nahmen, von welchem sie wussten, wo ihn der Erstverstorbene aufbewahrt hatte.
Damit haben die Vorinstanzen aber durchaus vertretbar das Fehlen einer regelmäßigen geschäftlichen (zumindest gleichwertigen) Tätigkeit in den Bestandräumlichkeiten verneint. Wenn der Kläger im Revisionsverfahren meint, Voraussetzung hiefür wäre ein eigenes Bestandverhältnis zwischen dem Erstverstorbenen bzw seiner Verlassenschaft einerseits und dem Zweitbeklagten andererseits gewesen, benütze letzterer doch „titellos“, ist auf die dargestellte ständige Rechtsprechung und die Vereinbarungen zwischen dem Erstverstorbenen und dem Zweitbeklagten zu verweisen.
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