OGH 4Ob30/17s

OGH4Ob30/17s28.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch die Huber Swoboda Oswald Aixberger Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. G***** Aktiengesellschaft, *****, 2. J***** M*****, beide vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 34.900 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 100 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Dezember 2016, GZ 2 R 183/16v‑58, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 3. Mai 2016, GZ 5 Cg 67/14v‑51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00030.17S.0328.000

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird insoweit bestätigt, dass sie insgesamt als Teilurteil wie folgt lautet:

„Die beklagten Parteien sind schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung solcher Geräte, insbesondere im Lokal '*****', *****, solange sie oder der Dritte, dem sie die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung ermöglichen, nicht über die dafür erforderliche Konzession oder behördliche Bewilligung verfügen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.“

Im Übrigen, nämlich im Umfang des Unterlassungsgebots bezüglich der behaupteten Verstöße gegen Spielerschutzbestimmungen und des Veröffentlichungsbegehrens, wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Der Antrag der beklagten Parteien auf Einholung einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Inhaberin einer nach dem OÖ GlücksspielautomatenG erteilten Bewilligung für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung mittels Automaten. Sie betreibt aufgrund dieser Bewilligung an zahlreichen Standorten in Oberösterreich Glücksspielautomatensalons.

Die Erstbeklagte, deren Vorstand der Zweitbeklagte ist, betreibt in Oberösterreich ein Lokal, in dessen Räumen sich am 26. März 2014 vier betriebsbereite, ohne Ausweis‑ oder Zutrittskontrolle frei zugängliche Glücksspielautomaten befanden. Diese Automaten ermöglichten gegen Eingabe von Bargeld Spiele, die als Ausspielung durchgeführt wurden und bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis (Gewinn oder Verlust) ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt, ohne dass der Spieler darauf Einfluss nehmen konnte. Sie waren von einer Gesellschaft auf der Grundlage eines darüber mit der Erstbeklagten abgeschlossenen Vertrags aufgestellt worden. Weder die Beklagten noch diese Gesellschaft verfügen über eine Bewilligung zur Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung, insbesondere durch Einzelaufstellung von Automaten. Sie können auch keine entsprechenden Rechte von einer erteilten Bewilligung oder Konzession ableiten. Da der Aufstellvertrag nicht mehr aufrecht ist, befinden sich mittlerweile keine Glücksspielautomaten mehr im erwähnten Lokal.

Nicht feststellen konnten die Vorinstanzen, welchen Zwecken das österreichische Glücksspielrecht dient, insbesondere dass das Glücksspielmonopol nicht oder nur vordergründig dem Spieler‑ und Jugendschutz oder der Kriminalitätsbekämpfung diene, dass Spielsucht und eine mit dem Glücksspiel zusammenhängende Kriminalität in Österreich kein „Problem“ seien und deshalb ein Monopol nicht erforderlich sei, sowie dass die Spielsucht in den letzten Jahren gestiegen sei. Die faktischen Auswirkungen der Geschäfts‑ und Werbepolitik der Casinos Austria AG und der Österreichische Lotterien GmbH können ebenso wenig festgestellt werden wie eine Inkohärenz der bestehenden glücksspielrechtlichen Regelungen durch Verlagerung von Strafbestimmungen gegen illegales Glücksspiel in das Verwaltungsstrafrecht oder durch unterschiedliche bundes‑ und landesgesetzliche Regelungen. Insgesamt kann daher das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols nicht festgestellt werden.

Die Klägerin begehrte zunächst, den Beklagten zu verbieten, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb solcher Geräte zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung derartiger Geräte, vor allem in ihrem Lokal, solange sie oder der Dritte nicht über die dafür erforderliche Bewilligung verfügen. Die Beklagten betrieben mittels der in ihrem Lokal bewilligungslos aufgestellten Automaten illegales Glücksspiel und verstießen damit gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG.

Die Beklagten wendeten ein, dass das in Österreich bestehende Glücksspielmonopol, auf dem die der Klägerin erteilte Bewilligung zur Durchführung von Glücksspielen beruhe, unionsrechtswidrig sei, worauf sie sich wegen einer sonst eintretenden (verfassungsrechtlich verbotenen) Inländerdiskriminierung berufen könnten.

Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2015 modifizierte die Klägerin das Unterlassungsbegehren dahin, dass den Beklagten das Betreiben oder Ermöglichen der Aufstellung von Geräten auch solange verboten werde, als sie nicht die Bestimmungen über den Spielerschutz einhielten, insbesondere kein Identifikations‑/Zutrittssystem bestehe. Selbst bei Unionsrechts‑ oder Verfassungswidrigkeit des Glücksspielmonopols habe die Klägerin einen Anspruch auf Unterlassung, weil die Beklagten oder der von ihnen beigezogene Dritte diese Bestimmungen über den Spielerschutz nicht einhielten.

Die Beklagten sahen in diesem ergänzenden Vorbringen und Begehren eine Klageänderung, gegen die sie sich aussprachen. Durch diese unzulässige Klageänderung werde die Nichteinhaltung von Spielerschutzvorschriften überhaupt Thema des Verfahrens. Der von der Klägerin nunmehr geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen Nichteinhaltung der Spielerschutzvorschriften sei aber, weil er erst am 1. Juli 2015 bezogen auf ein angebliches Verhalten vom 26. März 2014 geltend gemacht werde, sohin mehr als ein Jahr später, gemäß § 20 UWG verjährt. Das modifizierte Urteilsbegehren sei darüber hinaus unschlüssig, weil es unklar sei. Ein schlicht bewilligungsloser Betrieb von Glücksspielautomaten könne den Beklagten allenfalls nur bei Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols untersagt werden.

Das Erstgericht folgerte rechtlich, dass den Beklagten eine Verletzung glücksspielrechtlicher Vorschriften und damit eine unlautere Handlung iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG vorzuwerfen sei. Dass das österreichische Glücksspielrecht gegen Unionsrecht verstoße, hätten die Beklagten nicht unter Beweis gestellt. Damit könne auch keine unzulässige Inländerdiskriminierung vorliegen. In der Modifikation der Klage vom 1. Juli 2015 sei keine Klageänderung zu erblicken, zumal dadurch das Unterlassungsgebot nur verdeutlicht werde. Eine Verjährung des modifizierten Klageanspruchs gemäß § 20 UWG sei nicht eingetreten.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klagestattgebung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. In seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2016 zu E 945/2016 ua sei der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entsprechen und auch aufgrund ihrer tatsächlichen Auswirkungen nicht dem Unionsrecht zuwiderlaufen, also das österreichische System der Glücksspielkonzessionen nicht gegen Unionsrecht verstoße und damit auch kein Anhaltspunkt für eine Inländerdiskriminierung bestehe. Im Hinblick darauf habe der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom selben Tag zu G 173–175/2016 die Behandlung eines von den Beklagten zugleich mit ihrer Berufung eingebrachten Normenkontrollantrags mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Im Lichte dieser Entscheidung und analoger Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs habe auch der Oberste Gerichtshof mittlerweile in zahlreichen Parallelprozessen, in denen von den jeweiligen Beklagten in gleicher Weise wie im gegenständlichen Verfahren eine Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielrechts und eine daraus resultierende Inländerdiskriminierung behauptet worden sei, diese Einwände für unberechtigt befunden und die klagestattgebenden Urteile der Vorinstanzen bestätigt oder wiederhergestellt. Damit sei die Thematik der tatsächlichen Kohärenz des Glücksspielmonopols als abschließend geklärt anzusehen, es bedürfe daher keines inhaltlichen Eingehens auf die sich ausschließlich damit befassende Tatsachen‑ und Mängelrüge der Beklagten. Eine Anspruchsverjährung könne im Hinblick auf § 20 Abs 2 UWG nicht eingetreten sein.

Die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie die gänzliche Klageabweisung anstreben, ist im Hinblick auf die korrekturbedürftige Lösung der Verjährungsfrage zulässig und (nur) diese Frage betreffend auch im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

A. Zum behaupteten Rechtsbruch wegen des ohne Bewilligung oder Konzession betriebenen Glücksspiels:

Der erkennende Senat hat in zahlreichen mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Konstellationen, die glücksspielrechtliche Verbote missachtende und daher unlautere Aufstellung von Glücksspielautomaten betrafen, dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 15. Oktober 2016 zu G 103–106/2016‑49 ua und auch dessen Erkenntnis vom 15. Oktober 2016 zu E 945/2016‑24 ua – in Zusammenschau mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 16. März 2016 zu AZ Ro 2015/17/0022 – folgend ausgesprochen, dass auch nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen im Sinn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs das österreichische System der Glücksspielkonzessionen nicht gegen Unionsrecht verstößt und daher auch kein Anhaltspunkt für die von den Beklagten behauptete Inländerdiskriminierung besteht (RIS‑Justiz RS0130636). Das vorliegende Rechtsmittel bietet keinen Anlass, hievon abzugehen. Auch der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 15. Oktober 2016 zu G 173–175/2016 die Behandlung eines von den Beklagten zugleich mit ihrer Berufung eingebrachten Normenkontrollantrags mangels Erfolgsaussicht ab.

Die von den Beklagten zur Stützung ihrer Behauptung, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur hier maßgeblichen Frage sei uneinheitlich oder widersprüchlich, ins Treffen geführte Entscheidung 10 Ob 52/16v betrifft nicht nur einen anderen Sachverhalt, als dort nicht die lauterkeitsrechtliche Zulässigkeit des Betriebs von Glücksspielautomaten zu beurteilen war, sondern der begehrte Schadenersatz eines Spielteilnehmers wegen des verbotenen Veranstaltens von Internetwetten (4 Ob 18/17a). Überdies erachtet der erkennende Senat die Sach- und Rechtslage im Zusammenhang mit dem auch hier aufgeworfenen Problem der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielrechts als zumindest derzeit abschließend geklärt, sodass es hiezu keines weiteren Verfahrens bedarf.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Kriterien einer allfälligen Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielrechts bereits in mehreren Entscheidungen hinreichend festgelegt, woran sich die gefestigte Rechtsprechung des Senats orientiert (vgl die zu RIS‑Justiz RS0129945 angeführten Entscheidungen; 4 Ob 18/17a mwN). Einer weiteren Befassung des EuGH im Wege eines aus Anlass dieses Verfahrens einzuleitenden Vorabentscheidungsverfahrens bedarf es daher nicht. Ein Antrag einer Partei auf Anrufung des EuGH ist gesetzlich nicht vorgesehen (RIS‑Justiz RS0058452), weshalb der entsprechende Antrag der Beklagten zurückzuweisen ist.

Da die Beklagten nicht ausführen, welche konkreten Umstände sich seit der Beurteilung der tatsächlichen Kohärenz durch die Rechtsprechung geändert haben, kommt eine neuerliche Beurteilung in kurzem zeitlichen Abstand nicht in Betracht.

Die von den Beklagten neuerlich aufgeworfene Frage, ob ein Wettbewerbsverstoß subjektiv nicht vorwerfbar ist, wenn in vertretbarer Weise Unionsrecht ausgelegt und darauf die Unanwendbarkeit inländischer Normen abgeleitet wird, ist im vorliegenden Fall nicht zu beantworten. Im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung zur Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielrechts kann der Rechtsstandpunkt der Beklagten, die nach wie vor die Unionsrechtswidrigkeit behaupten, von vornherein nicht als mit guten Gründen vertretbar im Sinn der Rechtsprechung (vgl RIS‑Justiz RS0077771) angesehen werden.

Dass das Unionsrecht gegenüber dem innerstaatlichen Recht Anwendungsvorrang genießt, ist unbestritten. Ebenso unbestritten ist, dass die Geltung oder Anwendbarkeit eines Gesetzes letztlich nicht von Behauptungen oder Beweisanboten einer Partei abhängen kann, sondern aufgrund konkreter Anhaltspunkte bestehende Zweifel an der Unionsrechtskonformität des Glücksspielrechts dazu führen müssen, auch von Amts wegen entsprechende Beweise aufzunehmen und Feststellungen zu treffen (4 Ob 251/14m). Die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts, der zur Beurteilung der Frage erforderlich ist, ob im Sinn der unionsrechtlichen Rechtsprechung die österreichische Glücksspielregelung unionsrechtskonform oder unionsrechtswidrig ist, kann aber nicht im Sinn der Revisionsausführungen der Beklagten dazu führen, dass von der Unionsrechtswidrigkeit innerstaatlichen Rechts auszugehen wäre. Der Widerspruch zwischen innerstaatlichem und Unionsrecht, der durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts aufzulösen ist, besteht dann eben nicht.

Wird aber die Unionsrechtswidrigkeit der Verbotsnorm, die Grundlage für den hier zu beurteilenden Unterlassungsanspruch ist, verneint, stellen sich die weiteren von der Beklagten aufgeworfenen Fragen über die Anwendbarkeit des Unionsrechts in diesem Fall, die die Abgrenzung des reinen Binnensachverhalts von einem Sachverhalt mit Bezug auf andere Unionsmitglieder betreffen, nicht.

Auch im Zusammenhang mit dem als überschießend oder zu weit gefasst kritisierten Unterlassungsbegehren zeigt das Rechtsmittel keine Fehlbeurteilung auf. Der Exekutionstitel macht hinreichend deutlich, dass nur verbotswidrige Handlungen untersagt werden. Die Abgrenzung zwischen den Möglichkeiten der Rekurserhebung einerseits und der Impugnationsklage andererseits ist in der exekutionsrechtlichen Rechtsprechung klar, die von den Beklagten behauptete Rechtsschutzlücke besteht nicht. Ist nach Exekutionsbewilligung das Vorliegen eines Titelverstoßes strittig, ist das Rekursverfahren auf reine Rechtsfragen beschränkt, im Fall der Notwendigkeit, strittige Tatumstände zu klären (etwa die Anwendungsvoraussetzungen des Unionsrechts, dass der innerstaatlichen Verbotsnorm entgegenstehen könnte), ist infolge der Notwendigkeit, neues Tatsachenvorbringen zu erstatten, nur das Klageverfahren möglich (vgl RIS‑Justiz RS0123123; Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ Rz 8 ff zu § 38 mwN).

B. Zum behaupteten Rechtsbruch wegen des Verstoßes gegen andere Bestimmungen des GSpG:

Die Vorinstanzen haben sich mit dem Verjährungseinwand offensichtlich deshalb nicht näher inhaltlich auseinandergesetzt, weil sie davon ausgegangen sind, dass der nachträglich begehrte Beisatz zum Klagebegehren die in der Klage individualisierte Verletzungshandlung bloß konkretisiere.

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass ein auf Rechtsbruch gestützter Unterlassungsanspruch auf der Sachverhaltsebene den Verstoß gegen eine bestimmte generelle abstrakte Norm voraussetzt. Er besteht daher nur dann zu Recht, wenn die Beklagten dadurch verbotswidrig (und damit unlauter iSd § 1 UWG) gehandelt haben, dass sie gegen eine der im Sachvorbringen genannten Verbotsnormen verstoßen haben (RIS‑Justiz RS0129497). Der Sachvortrag der Klägerin umfasst als rechtserzeugende Tatsache den Vorwurf einer Gesetzesübertretung, der erst durch die Nennung der nach dem Behauptungen übertretenen Normen konkretisiert und individualisiert wird und dessen Vorliegen allein am Verbotstatbestand der genannten Normen zu beurteilen ist (4 Ob 162/16a; 4 Ob 65/14h).

In diesem Sinn stützte die Klägerin den Vorwurf des Rechtsbruchs zunächst ausschließlich auf den Umstand, dass die Beklagten durch den Betrieb oder die Ermöglichung des Betriebs von Glücksspielen ohne Bewilligung gegen Normen des Glücksspielrechts verstoßen haben. Hingegen wurde der Vorwurf des unlauteren Rechtsbruchs durch Verstoß gegen die Bestimmungen der §§ 5, 12a, 25, 25a GSpG erst im Schriftsatz vom 14. Juli 2015 erhoben. Dadurch wurde der anspruchsbegründende Sachverhalt unter Anführung der übertretenen Normen und damit der Klagegrund verändert, was Einfluss auf die Frage der Verjährung nach § 20 UWG haben kann (4 Ob 162/16a mwN).

Insoweit der Unterlassungsanspruch die behaupteten Verstöße gegen die Bestimmungen über den Spielerschutz betrifft, ist die Sache noch nicht spruchreif. Die Vorinstanzen haben nämlich den Verjährungseinwand inhaltlich nicht geprüft. Aus den Feststellungen lässt sich nicht ableiten, wann der behauptete Rechtsbruch stattfand oder beendet wurde oder wann die Klägerin davon erfahren hat.

Nach der Rechtsprechung hat derjenige, der die Verjährung einwendet, jene Tatsachen, die seine Einrede begründen, schlüssig zu behaupten (vgl RIS‑Justiz RS0034326), was hier nicht der Fall war, weil sich die Beklagten auf den Hinweis beschränkten, der Unterlassungsanspruch sei nach § 20 UWG verjährt, und sie bloß behaupteten, die Klägerin habe am 1. Juli 2015 ein Verhalten vom 26. März 2014 geltend gemacht.

Bei Unschlüssigkeit ist das Klagebegehren aber nicht sofort abzuweisen, sondern es muss vom Gericht eine Verbesserung angeregt werden. Der Verbesserungsauftrag ist von Amts wegen zu erteilen, selbst wenn die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und die Notwendigkeit einer Präzisierung nicht selbst erkannte (RIS‑Justiz RS0037166). Ein solcher Verbesserungsversuch unterblieb sowohl in erster Instanz als auch im Berufungsverfahren. Es würde gegen das Verbot von Überraschungsentscheidungen verstoßen, wenn im drittinstanzlichen Verfahren der Verjährungseinwand mangels Schlüssigkeit als unberechtigt erachtet wird. Auch das Rechtsmittelgericht darf aber die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht iSd § 182a ZPO überraschen (4 Ob 162/16a mwN).

Dass die Beklagten nach dem 26. März 2014 gegen Vorschriften des Glücksspielgesetzes verstoßen hätten, behauptete nicht einmal die Klägerin. Nähere Feststellungen fehlen hiezu aber. Fest steht lediglich, dass sich nunmehr keine Automaten im Lokal der Erstbeklagten befinden. Da die ausdrücklich geltend gemachte und auch in der Berufung aufrecht erhaltene Verjährungsfrage gelöst worden ist, ohne dass die für die Beurteilung ausreichende Sachverhaltsgrundlage und die allfällige Unschlüssigkeit des Einwands erörtert wurde, erweist sich die Aufhebung des davon betroffenen Teils der Urteile der Vorinstanzen als unvermeidlich.

Wegen der Aufhebung eines Teils des Unterlassungsbegehrens kann über das Veröffentlichungsbegehren nicht abschließend entschieden werden. Ein Teilurteil ist hier nicht zweckmäßig, weil mit einer weiteren Veröffentlichung nach Vorliegen des Endurteils zusätzliche Kosten verbunden wären, die bei einer gemeinsamen Veröffentlichung nicht anfallen (4 Ob 162/16a mwN). Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren auch über das gesamte Veröffentlichungsbegehren zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 52 Abs 1 und 2 ZPO.

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