OGH 1Ob32/17p

OGH1Ob32/17p16.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** K*****, vertreten durch Dr. Gerhard Schatzlmayr, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, gegen die beklagte Partei Dr. E***** K*****, vertreten durch Dr. Robert Galler und Dr. Rudolf Höpflinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 14. Dezember 2016, GZ 21 R 291/16t‑22, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 22. Juli 2016, GZ 1 C 26/15t‑15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00032.17P.0316.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beurteilung bzw Gewichtung des Verschuldens von Ehegatten an der Zerüttung der Ehe ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig sodass sich regelmäßig keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen stellen (vgl RIS‑Justiz RS0119414). Eine gravierende, korrekturbedürftige Fehlbeurteilung ist dem Berufungsgericht, das das alleinige Verschulden des Beklagten ausgesprochen hat, nicht unterlaufen.

2. Wenn der Revisionswerber verschiedene Verhaltensweisen der Klägerin anführt, die seiner Ansicht nach als schwere Eheverfehlungen iSd § 49 EheG zu qualifizieren seien, übersieht er vor allem, dass schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur solche Eheverfehlungen von Bedeutung sind, die zur Zerüttung der Ehe beigetragen haben (RIS‑Justiz RS0056470; vgl auch RS0056939, RS0056921).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass für den Beklagten die Zerüttung der Ehe schon vor dem Jahr 2011 begonnen hat und er zumindest seit dem Jahr 2009 eine (laufende) sexuelle Beziehung zu einer anderen Frau unterhalten hat, die bis zuletzt andauert. Er wäre somit dafür beweispflichtig, dass das der Klägerin vorgeworfene Verhalten einen auf seiner Seite noch bestehenden Ehewillen maßgebend beeinträchtigt hat. Derartiges ist dem festgestellten Sachverhalt jedoch nicht zu entnehmen.

3. Soweit der Revisionswerber etwa darauf hinweist, eine Verletzung des partnerschaftlichen Vertrauensverhältnisses durch die Klägerin liege darin, dass sie ihm erst im Jahr 2015 von einem an ihr in ihrer Kindheit begangenen sexuellen Missbrauch erzählte und ihn erst im Jahr 2009 über die langjährige Inanspruchnahme von Psychotherapie informierte, lässt er auch in der Revision offen, inwieweit er dies allenfalls als ehezerüttend empfunden hätte. Zudem geht er auf das Argument des Berufungsgerichts nicht ein, wonach das Verschweigen der Psychotherapie schon deshalb nicht vorwerfbar gewesen sei, weil er einer derartigen Hilfestellung grundsätzlich abweisend gegenüber stand.

Was den Vorwurf betrifft, es sei eindeutig der „Beklagten“ (gemeint: der Klägerin) als Eheverfehlung vorzuwerfen, dass es seit 2009 zu keinen sexuellen Kontakten mehr gekommen ist, weicht er insofern vom festgestellten Sachverhalt ab, als die Klägerin sexuellen Kontakt nur dann ablehnte, wenn es ihr körperlich nicht gut ging oder wenn die Kinder anwesend waren. Dass die Klägerin selbst den Kontakt zum Beklagten nicht aktiv suchte, solange er ein außereheliches Liebesverhältnis unterhielt, ist durchaus verständlich und der Klägerin keineswegs als (schwere) Eheverfehlung vorzuwerfen.

Zum Vorwurf des wiederholten Lesens von auf dem Handy des Beklagten eingegangenen Kurznachrichten kann auf die Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden. Auch in diesem Zusammenhang bleibt der Revisionswerber im Übrigen jede Behauptung dahin schuldig, dass dieses Verhalten der Klägerin – zu dem er im Übrigen durch das wahrheitswidrige Abstreiten von außerehelichen Beziehungen Anlass gegeben hatte – zur Zerüttung der Ehe beigetragen hätte.

4. Wenn das Berufungsgericht somit davon ausgegangen ist, dass dem Beklagten das Alleinverschulden an der Zerüttung der Ehe vorzuwerfen ist, weil er – nach einer vorangegangenen (kürzeren) außerehelichen Affäre im Jahr 2005 – spätestens 2009 eine dauerhafte Beziehung zu einer anderen Frau aufgenommen hat, kann darin eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung nicht erblickt werden. Darauf, ob auch die (zumindest) freundschaftliche Beziehung zu einer weiteren Frau in den Jahren 2011 und 2012 als Eheverfehlung zu qualifizieren ist, kommt es nicht entscheidend an.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte