OGH 5Ob1/17h

OGH5Ob1/17h1.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers DI H***** S*****, vertreten durch Dr. Karin Rest, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Antragsgegner S***** F*****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 10. November 2016, GZ 2 R 227/16f‑26, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leoben vom 16. September 2016, GZ 19 Fam 34/16h‑20, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00001.17H.0301.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller ist schuldig, dem Antragsgegner binnen 14 Tagen die mit 502 EUR (darin enthalten 83,70 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zur Klärung der Unterhaltsberechtigung eines Studierenden, dessen Studienerfolg unterdurchschnittlich sei, zu.

Rechtliche Beurteilung

Der – beantwortete – Revisionsrekurs des Antragstellers (Vater des Antragsgegners) ist entgegen diesem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Ob ein Kind seinen Unterhaltsanspruch verliert, weil es seine Ausbildung nicht zielstrebig betreibt, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden (RIS‑Justiz RS0008857; RS0109289 [T2]).

2.1 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs studiert ein Kind in der Regel zielstrebig, solange die durchschnittliche Gesamtstudiendauer nicht überschritten wird (RIS‑Justiz RS0083694 [T8]; RS0110596 [T1]; RS0110600 [T1]; RS0117107).

2.2 Die durchschnittliche Dauer des vom Antragsgegner seit Herbst 2010 betriebenen Studiums der Werkstoffwissenschaft beträgt 12 Semester. Die zu diesem Thema erhobene Mängelrüge des Antragsgegners hat das Rekursgericht verworfen, weshalb der Verfahrensmangel erster Instanz im Revisionsrekurs nicht nochmals geltend gemacht werden kann. Die Voraussetzungen für die Durchbrechung dieses Grundsatzes aus Gründen des Kindeswohls liegen in diesem Unterhaltsverfahren nicht vor (RIS‑Justiz RS0050037 [T8]).

2.3 In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Überschreiten der durchschnittlichen Studiendauer nicht zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führt, wenn dafür besondere Gründe vorliegen (2 Ob 123/98x; 3 Ob 254/98v; 6 Ob 186/00x; 3 Ob 116/02h; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht8, 173; Gitschthaler, Unterhaltsrecht3, Rz 837).

2.4 Der Antragsgegner befindet sich seit Herbst 2016 im 13. Semester. Seit Oktober 2015 ist er bei der Montan Universität Leoben, an der er studiert, geringfügig (10 Wochenstunden) beschäftigt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass sich ein dem Ausbildungsziel dienender Studienaufenthalt im Ausland auf die für die Aufrechterhaltung des Unterhaltsanspruchs geforderte Zielstrebigkeit des Studiums nicht negativ auswirkt (3 Ob 2382/96g mwN). Nach den Behauptungen des Antragsgegners handelt es sich um eine wissenschaftliche Tätigkeit. Eine solche dient dem vertieften Wissenserwerb und ist durchaus geeignet, sich positiv auf den Studienerfolg auszuwirken. Das Einkommen aus dieser Beschäftigung führte zudem zu einer Herabsetzung der monatlichen Unterhaltsverpflichtung des Vaters (der selbst Akademiker ist und netto durchschnittlich 3.071,53 EUR verdiente) von 450 EUR auf 364 EUR. Die Beurteilung des Rekursgerichts zur Berücksichtigung dieser Tätigkeit ist vertretbar.

3.1 Zum – an erzielten ECTS‑Punkten bemessenen – Studienerfolg hat sich das Rekursgericht an den Grundsätzen orientiert, die der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 118/14t für einen Unterhaltsanspruch bei einem Bachelor‑Studium entwickelt hat. Es liegt keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung vor, wenn das Rekursgericht im konkreten Einzelfall zur Auffassung gelangte, dass der Antragsgegner im Vergleich zu dem der zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt einen besseren Studienerfolg (mit – trotz Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung – ab Oktober 2015 deutlicher Leistungssteigerung) aufweist.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 AußStrG.

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