European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00095.16B.0127.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Es entspricht der Judikatur des Obersten Gerichtshofs, dass öffentlich-rechtliche Bestimmungen, die dem Bauherrn die Bestellung eines – der Baubehörde gegenüber verantwortlichen – Bauführers auftragen, den Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren der Bauführung sowie jenen, die von einem nicht fachgerecht errichteten Bauwerk ausgehen, bezwecken. Sich im Vermögen des Bauherrn ereignende bloße „Mangelschäden“ fallen daher nicht in den Schutzbereich (RIS‑Justiz RS0117106). Das Vermögen des Bauherrn ist grundsätzlich nicht Schutzobjekt derartiger Bauvorschriften, sondern kann insoweit allenfalls eine bloße Reflexwirkung baupolizeilicher Normen vorliegen, deren Einhaltung den Bauherrn auch vor der nicht fachgerechten Bauausführung und damit vor Vermögensschäden bewahren kann (1 Ob 253/02s).
1.2. Auch zur Bestellung eines Prüfingenieurs wurde bereits konkret Stellung genommen: Wird eine Person vom Bauherrn mit der Tätigkeit als „Prüfingenieur im Sinne der Wiener Bauordnung bzw. des Baubewilligungsbescheids“ beauftragt, so beschränkt sich ihr Pflichtenkreis auf die Wahrnehmung der den Prüfingenieur in der Wiener Bauordnung (§§ 125 Abs 2, 127 Abs 3) auferlegten Aufgaben. Soweit daher diese Aufgaben eines Prüfingenieurs, die ersichtlich dem Allgemeininteresse dienen, von ihm wahrgenommen werden, besteht kein Anlass eine Haftung für reine Vermögensschäden des Bauherrn, deren Verhinderung die Bestellung eines Prüfingenieurs gerade nicht bezweckt hat, anzunehmen (vgl 1 Ob 232/05g).
1.3. Dieser Rechtsprechung sind die Vorinstanzen gefolgt. Soweit die Revision auf die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlicher und zivilrechtlicher Verantwortung verweist, ist für sie nichts zu gewinnen. Auch bei der zivilrechtlichen Vereinbarung der Übernahme der Tätigkeit als Prüfingenieur liegt die Erfüllung der zivilrechtlichen Verpflichtung gerade in der Wahrnehmung der öffentlich‑rechtlichen Aufgabe. Soweit der Beklagte für die Kläger andere vertragliche Verpflichtungen übernommen hat, wurden diese von den Vorinstanzen ohnehin gesondert geprüft und eine Haftung aus anderen Gründen verneint, wogegen sich die Revision – ausgenommen hinsichtlich der Erfüllung der Warnpflicht – nicht wendet.
Im Übrigen lässt die Revision auch offen, welche konkreten Pflichten der Beklagte als Prüfingenieur verletzt hat und inwiefern bei pflichtgemäßem Verhalten welcher Schaden hätte verhindert werden können.
2.1. Die Kläger machen weiters eine Warnpflichtverletzung geltend, weil der Beklagte, der auch mit der Berechnung der Statik und dem Erstellen der Schalungs- und Bewährungspläne beauftragt war, seine Warnung hinsichtlich der Bauhöhe nicht an sie persönlich, sondern den Architekten richtete.
Adressat der Warnung ist gemäß § 1168a ABGB grundsätzlich der Werkbesteller selbst. Hat der Besteller einen ausreichend bevollmächtigten Vertreter, so kann eine Warnung diesem gegenüber ausgesprochen werden. Wurde die Warnung gegenüber einem bauüberwachenden Architekten vorgenommen, so wird der Werkunternehmer meist auf eine zumindest schlüssige Bevollmächtigung des Architekten zur Empfangnahme von Warnungen vertrauen dürfen. Sind Reichweite und Inhalt der Befugnisse einer vom Besteller verschiedenen Person, die dem Werkunternehmer gegenüber in Erscheinung tritt, hingegen unklar, so ist im Zweifel nicht (nur) diese Person, sondern der Werkbesteller selbst zu warnen (RIS‑Justiz RS0118981).
2.2. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass der Architekt bevollmächtigter Vertreter der Kläger war und der Beklagte auch die E-Mail-Korrespondenz im Oktober 2008 nur als Aufforderung zur Information über Veränderungen, nicht als Widerruf der Bevollmächtigung des Architekten, entsprechende Mitteilungen für die Klägerin entgegenzunehmen, verstehen durfte.
Die Auslegung von Willenserklärungen und Auslegungsfragen über die Erklärungsabsicht im Einzelfall sind vom Obersten Gerichtshof – von groben Auslegungsfehlern und sonstigen krassen Fehlbeurteilungen abgesehen – nicht zu überprüfen (RIS‑Justiz RS0044358 [T31]; RS0044298; RS0042555).
Der Revision gelingt es jedoch nicht, eine solche Fehlbeurteilung aufzuzeigen. Der Umstand, dass eine Verständigung gefordert wird, lässt keineswegs zwingend den Schluss zu, dass diese nur persönlich und nicht über den bestellten Bevollmächtigten zu erfolgen hat.
Damit kommt es aber auf die Frage, ob eine Außenvollmacht allein durch Erklärung gegenüber dem Dritten eingeschränkt oder aufgehoben werden kann, ohne auch gegenüber dem Machthaber widerrufen zu werden, nicht an.
3. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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