OGH 12Os119/16s

OGH12Os119/16s26.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Jänner 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jorda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sieglinde K***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB aF über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten sowie des Privatbeteiligten Wolfgang S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 2. Dezember 2015, GZ 33 Hv 22/13b‑57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00119.16S.0126.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last, soweit sie nicht durch die ganz erfolglos gebliebene Nichtigkeitsbeschwerde des Privatbeteiligten verursacht wurden.

Dem Privatbeteiligten wird der Ersatz der durch seine ganz erfolglos gebliebene Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Verfahrenskosten auferlegt.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sieglinde K***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB aF schuldig erkannt.

Gemäß § 366 Abs 2 StPO wurde der Privatbeteiligte Wolfgang S***** mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Nach dem Schuldspruch hat die Angeklagte am 3. November 2011 in S***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Wolfgang S***** durch Vortäuschen, eine zahlungswillige und zahlungsfähige Käuferin zu sein, somit durch Täuschung über Tatsachen, zum Abschluss eines Kaufvertrags über die Liegenschaft EZ *****, Grundbuch 92116 N*****, Bezirksgericht Feldkirch, im Wert von 840.000 Euro und anschließend zur Übergabe des darauf errichteten Hauses sowie zur Überlassung von Möbeln im Wert von 10.000 Euro, also zu einer Handlung verleitet, die den Genannten an seinem Vermögen mit mehr als 50.000 Euro schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Privatbeteiligten angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde war schon deshalb zurückzuweisen, weil ihm diese gemäß § 282 Abs 2 StPO nur im Fall eines Freispruchs zusteht.

Die von der Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 10 und 11 StPO ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung der Zeugen Johann R***** und Roland L***** Verfahrensrechte nicht verletzt.

Um einen Beweisantrag im Sinn des angeführten Nichtigkeitsgrundes rechtserheblich erscheinen zu lassen, genügt die bloße Bezeichnung von Beweismittel und Beweisthema im Allgemeinen nicht. Eine gegen die Missachtung von Beweisanträgen gerichtete Verfahrensrüge kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie sich auf einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag bezieht, dem auch zu entnehmen ist, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für die Schuld‑ und Subsumtionsfrage von Bedeutung ist, soweit dies nicht offensichtlich ist (§ 55 Abs 1 und Abs 2 StPO; RIS‑Justiz RS0107040 [T9]).

Der Antrag auf Vernehmung des Mitarbeiters der B***** Johann R***** zum Beweis dafür, dass die Angeklagte im Oktober/November 2011 von ihm die Zusage einer Finanzierung zumindest in Höhe des gegenständlichen Kaufvertrags erhalten hätte, bezog sich schon deshalb auf keinen erheblichen Umstand, weil nach dem Beweisantrag diese Zusage unter der Bedingung der „Einstellung der beiden anhängigen Strafverfahren“ stand.

Bei dem für den Antrag auf Vernehmung des Zeugen Roland L***** angeführten Beweisthema, „dass nach Abschluss des Kaufvertrags von der Bank zugesagt wurde, dass ein Konto eingeräumt wird und eine gewisse Zeit eine Kreditierung bis zu einer bestimmten Höhe von 10.000 Euro“ gewährt wird, wird schon angesichts des Zeitpunkts der angeblichen Zusage einer Kreditgewährung und der behaupteten Höhe und mit Blick auf den vereinbarten Kaufpreis nicht klar, inwiefern die Beweisaufnahme einen für die Lösung der Schuld‑ oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand betreffen sollte.

Weiters führt die Nichtigkeitswerberin aus (Z 10, nominell auch Z 5), der Schaden wäre nicht mit 850.000 Euro zu beziffern, sondern mangels Verbücherung des Kaufvertrags sei für die Schadenshöhe entsprechend der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu AZ 14 Os 81/89 der Ertragswert der Liegenschaft (für die Zeit der Überlassung an die Angeklagte zu deren unbeschränkter Nutzung) heranzuziehen. Die Beschwerde lässt dabei jedoch die erstgerichtlichen Konstatierungen außer Acht, wonach die Angeklagte bei der notariellen Unterfertigung des Kaufvertrags einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensschaden in Kauf nahm und sich damit abfand (US 3 ff). Damit verfehlt sie methodengerechte Ableitung der gewünschten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0116565), weil nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs seit der Entscheidung zu AZ 12 Os 119/06a (verstärkter Senat) die Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung nicht schuld‑ oder subsumtionsrelevant ist (RIS‑Justiz RS0122138). Warum – entgegen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0122720) – nicht ein (bloß relativ untauglicher) Betrugsversuch vorliegen sollte, wenn ein Liegenschaftseigentümer durch Täuschung über die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit der Käuferin zur notariellen Unterfertigung eines Kaufvertrags über eine Liegenschaft veranlasst wird, nach der vorgesehenen Treuhandabwicklung die Intabulation des Eigentumsrechts aber erst nach Bezahlung des Kaufpreises erfolgen soll, legt die Rechtsmittelwerberin nicht dar.

Der Einwand der Sanktionsrüge (Z 11), das Schöffengericht hätte mildernd berücksichtigen müssen, dass der Geschädigte in der Folge das Haus um 650.000 Euro verkaufte, ist bloß als Berufungsvorbringen beachtlich (RIS‑Justiz RS0116960).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a erster und zweiter Satz StPO. Die Angeklagte hat die auf die Erledigung ihres Rechtsmittels entfallenden, der Privatbeteiligte hat die durch seine ganz erfolglos gebliebene Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten zu tragen (RIS‑Justiz RS0108345).

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