OGH 9ObA138/16h

OGH9ObA138/16h19.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und ADir. Angelika Neuhauser in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** T*****, vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Zumtobel Kronberger Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen (zuletzt) 28.202,73 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. September 2016, GZ 11 Ra 61/16v-34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00138.16H.1219.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit kommt es vor allem darauf an, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien, wobei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers entscheidet, sondern an das Gesamtverhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen ist, der nach den Begleitumständen des einzelnen Falles und nach der gewöhnlichen Verkehrsauffassung angewendet zu werden pflegt (RIS‑Justiz RS0029833). Entscheidend ist, ob das Verhalten des Angestellten nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise – also nicht nach dem subjektiven Empfinden des einzelnen Arbeitgebers, sondern nach objektiven Grundsätzen – als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass das Vertrauen des Arbeitgebers derart heftig erschüttert wird, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (RIS‑Justiz RS0029323). Die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Kündigungs- oder Entlassungsgrund verwirklicht wurde, stellt jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen (RIS‑Justiz RS0106298 [T18]). Das ist nicht der Fall:

Der Kläger hatte als Hoteldirektor der Beklagten unmittelbar nach seiner Dienstfreistellung den ihm aushaftenden Darlehensbetrag von 30.000 EUR eigenmächtig von ihrem Geschäftskonto auf sein Privatkonto überwiesen. Seit längerem wurde auch die gesamte Dienstfahrzeug-Leasingrate von monatlich 841,93 EUR anstelle des vereinbarten Teils von 400 EUR vom Geschäftskonto der Beklagten bezahlt. Wenn die Vorinstanzen deshalb von einer Vertrauensunwürdigkeit des Klägers ausgingen, liegt darin keine grobe korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Beachtlich ist dabei, dass der Kläger in leitender Position tätig war und daher ein strengerer Maßstab anzuwenden ist (s RIS‑Justiz RS0029726). Ihm musste insbesondere klar sein, dass mit der Dienstfreistellung auch seine Verfügungsbefugnisse für die Beklagte geendet hatten.

Ein Sachverhalt, der jenem der Entscheidung 9 ObA 84/98p vergleichbar wäre (dort: vom Arbeitnehmer offengelegte Reiserechnung mit weisungswidrig ausbezahlten Auslagen), liegt hier nicht vor. Der Kläger verschleierte die Zahlungen der gesamten Leasingraten vom Geschäftskonto der Beklagten zwar nicht, legte sie allerdings auch nicht aktiv gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten offen.

Die begehrte Feststellung, dass sich der Kläger bisher stets wohl verhalten hat (vgl RIS‑Justiz RS0029833 [T26]), ist nicht zielführend, hatte sich der Kläger doch jedenfalls hinsichtlich der Leasingraten seit längerem nicht treu verhalten. Die weiter begehrte Feststellung, dass er bereits der Schwestergesellschaft der Beklagten als voriger Arbeitgeberin ein Darlehen gewährt hätte und dieses zurückgezahlt worden sei, steht mit der eigenmächtigen Überweisung vom Geschäftskonto der Beklagten nicht im Zusammenhang.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagten wurde die Revisionsbeantwortung nicht iSd § 508a Abs 2 ZPO freigestellt.

Stichworte