European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00133.16Z.1215.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Mohammad P***** und Amirudin M***** jeweils des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie am 5. März 2016 in K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit den abgesondert Verfolgten Aref K***** und Hedayatullah A***** den Hussein Mu***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), indem Aref K***** und Mohammad P***** ihm drohten, ihn mit einem Messer zu stechen, Aref K***** vor dem Gesicht des Hussein Mu***** mit einem Küchenmesser drohende Bewegungen ausführte, und Amirudi M*****, Mohammad P***** und Hedayatullah A*****, indem sie um Hussein Mu***** herumstanden, um durch die Übermacht von vier Personen den Willen zur Gegenwehr des Hussein Mu***** zu beugen, zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung sowie weiterer geschlechtlicher Handlungen genötigt, nämlich der Vornahme des Analverkehrs durch Amirudin M***** sowie dadurch dass Mohammad P*****, Aref K***** und Hedayatullah A***** auf ihm liegend zwischen seinen Oberschenkeln und seinem Gesäß mit ihren Penissen reibende Bewegungen durchführten und schließlich auf sein Gesäß und seine Oberschenkel ejakulierten.
Rechtliche Beurteilung
Den dagegen vom Angeklagten Mohammad P***** aus Z 3, Z 4 und „Z 10 iVm Z 9a“ und vom Angeklagten Amirudin M***** aus Z 4 und Z 5 jeweils des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mohammad P*****:
Entgegen dem Vorbringen der Verfahrensrüge (nominell Z 3 und Z 4, inhaltlich nur Z 4) wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung der Zeugen Aref K***** und Hedayatullah A***** Verteidigungsrechte nicht verletzt, konnte doch der Aufenthaltsort der Genannten trotz Erlassung eines Europäischen Haftbefehls und Durchführung entsprechender Fahndungsmaßnahmen nicht ermittelt werden (ON 9, 10, 26–29, 87 S 24 f; § 55 Abs 2 erster Satz StPO; RIS‑Justiz RS0099502 [T10, T13]).
Die Subsumtionsrüge („Z 10 iVm Z 9a“, inhaltlich nur Z 10) leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, warum angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen nach § 12 StGB nach den Feststellungen „dem Erstangeklagten eine unmittelbare Täterschaft am Tatgeschehen des Zweitangeklagten“ nicht angelastet werden könne (vgl RIS‑Justiz RS0117604).
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) ausführt, der Rechtsmittelwerber hätte „als eigene Tathandlung lediglich Schenkelverkehr vollzogen“ lässt er im Übrigen die erstgerichtlichen Konstatierungen betreffend die Drohung gegenüber dem Opfer (US 5) außer Acht und verkennt, dass es nicht erforderlich ist, dass jeder Mittäter das Tatbild zur Gänze verwirklicht, sondern es genügt, wenn eine wortlautkonforme Ausführungshandlung gesetzt wird (RIS‑Justiz RS0090011 [T1, T2]).
Soweit der Nichtigkeitswerber ausführt (Z 10), es wäre „eine andere Gesetzesbestimmung mit einer geringeren Strafdrohung“ anzuwenden gewesen, lässt er die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes vermissen, weil er nicht erklärt, welchem Strafgesetz die Tat seiner Ansicht nach bei richtiger Gesetzesauslegung unterzogen hätte werden müssen (RIS‑Justiz RS0117247 [T7]).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Amirudin M*****:
Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich auf den Antrag des Nichtigkeitswerbers auf Vernehmung des Zeugen Mohammed H***** zum Beweis dafür, dass „es Annäherungen des Mu***** an den Zweitangeklagten gab“. Es bleibt jedoch offen, inwiefern das vom Antragsteller behauptete Ergebnis für die Schuld‑ und die Subsumtionsfrage von Bedeutung sein könnten (RIS‑Justiz RS0107040 [T9]). Im Übrigen ging das Erstgericht ohnehin von körperlichen Kontakten zwischen dem Opfer und dem Rechtsmittelwerber vor der Tat aus.
Das den Beweisantrag ergänzende Rechtsmittelvorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618, RS0099117).
Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5), auf dem vom Erstangeklagten von der Tat angefertigten Video wäre entgegen der Ansicht des Schöffengerichts nicht erkennbar, dass das Opfer eine verzerrte Mimik zeigte, noch dass es verängstigt, schluchzend und zusammengekauert auf dem Boden lag, lässt sich keiner Anfechtungskategorie des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes zuordnen und erschöpft sich in einer Bekämpfung der – den Tatrichtern vorbehaltenen – Beweiswürdigung nach Art einer lediglich im Einzelrichterverfahren vorgesehenen Schuldberufung.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d StPO sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt damit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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