OGH 11Os104/16b

OGH11Os104/16b13.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jorda als Schriftführerin im Verfahren über die Verantwortlichkeit des Verbandes F***** GesmbH für das Verbrechen des Suchtgifthandels nach §§ 12 dritter Fall StGB, 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des belangten Verbandes gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. Mai 2016, GZ 45 Hv 18/16v‑67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110OS00104.16B.1213.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem belangten Verband fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (ON 67) sprach das Erstgericht aus, dass die F***** GmbH als belangter Verband für die nachangeführten, (nicht rechtskräftig) als Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 12 dritter Fall StGB, § 27 Abs 1 Z 1 dritter Fall SMG (A./) und als Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 12 dritter Fall StGB, § 28 Abs 1 zweiter Satz, Abs 2 SMG (B./) beurteilten Taten des Roman M***** verantwortlich ist, weil dieser als Entscheidungsträger (§ 2 Abs 1 Z 3 VbVG), der maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausübte, diese Taten zu ihren Gunsten rechtswidrig und schuldhaft begangen hatte (§ 3 Abs 1 Z 1 und Abs 2 VbVG).

Dabei ging es davon aus, dass Roman M***** in W***** „von Jänner 2014 bis 28. Juli 2015“ als faktischer Geschäftsführer der F***** GmbH in Kenntnis dessen Tatplans zur Ausführung der strafbaren Handlungen des Jörg B***** beitrug (§ 12 dritter Fall StGB), indem er diesem vorschlug, (US 3: mehr) Suchtgift zu erzeugen, ihm das dafür benötigte „Equipment“ verkaufte, die Installation desselben vornahm und versprach, über einen unbekannten Strohmann pro Kilogramm des erzeugten Cannabiskrauts 2.000 Euro zu bezahlen und (dieses) abzunehmen, und zwar

A./ zur vorschriftswidrigen Erzeugung von Suchtgift, nämlich von 20 Gramm brutto Cannabiskraut (beinhaltend 2,89 % Delta-9-THC und 17,52 % THCA) sowie 296,4 Gramm brutto Cannabiskraut (beinhaltend zumindest 0,4 % Delta-9-THC und 4,6 % THCA);

B./ zum vorschriftswidrigen Anbau von insgesamt 346 Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer zumindest ein Fünfzehnfaches der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift mit dem Vorsatz, dieses in Verkehr zu setzen;

wobei er die Taten durch den Verkauf von Gerätschaften für die Indooranlage im Gesamtwert von 21.000 Euro an Jörg B***** auf Rechnung der F***** GmbH rechtswidrig und schuldhaft zu Gunsten dieses Verbandes beging.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführung der „noch in der Hauptverhandlung“ „gegen das Urteil … vom 30. Mai 2016“ angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde der F***** GmbH (ON 72) richtet sich inhaltlich sowohl gegen den Ausspruch betreffend den Verband (§ 24 VbVG) als auch gegen die im angefochtenen Urteil enthaltenen Annahmen der rechtswidrigen und schuldhaften Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung durch Roman M*****.

Dazu ist vorauszuschicken, dass das Verfahren gegen (ua) Roman M***** und den belangten Verband gemeinsam geführt (§ 15 Abs 1 erster Satz VbVG) und – dem Gesetz entsprechend (§ 22 Abs 1 VbVG) – nach Schluss des Beweisverfahrens zunächst nur das Urteil über die natürliche Person verkündet wurde (ON 64 S 11–19; schriftliche Ausfertigung ON 66). Im Anschluss an den Schuldspruch des Roman M***** wurde das Urteil über den Verband gesondert verkündet (§ 22 Abs 2 VbVG; ON 64 S 21–23; schriftliche Ausfertigung ON 67) und – gesetzeskonform (vgl RIS‑Justiz RS0130765) – auch getrennt ausgefertigt. Der belangte Verband meldete unmittelbar im Anschluss an das gegen ihn verkündete Urteil bloß gegen dieses „Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung“ an (vgl ON 64 AS 19 f, 25 iVm ON 65 S 1, 5; ON 79; ON 80).

Fallbezogen ist der Schuldspruch des Roman M***** (ie das Urteil ON 66; vgl dazu 11 Os 103/16f) – zwar nicht durch die Anmeldung einer Nichtigkeitsbeschwerde durch den am gemeinsam geführten Verfahren beteiligten belangten Verband gegen das Urteil betreffend die genannte natürliche Person (vgl § 15 Abs 1 zweiter Satz VbVG; ON 64 S 10 f; ON 65; Äußerung des belangten Verbandes vom 7. November 2016 zur Stellungnahme der Generalprokuratur), aber – zufolge der Anmeldung (und Ausführung) einer Nichtigkeitsbeschwerde durch den Angeklagten Roman M***** noch nicht materiell rechtskräftig (vgl dazu Lewisch , WK‑StPO Vor §§ 352–363 Rz 13, 15 f, 21 ff, 39, 50 ff, 56, 59; RIS‑Justiz RS0112232). Dementsprechend ist die (für die Haftung des am Verfahren beteiligten belangten Verbandes präjudizielle) rechtswidrige und schuldhafte Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung durch den Entscheidungsträger (§§ 2 Abs 1 Z 1, 3 Abs 2 VbVG) auch noch nicht mit bindender Wirkung festgestellt und somit Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde gegen das den Verband betreffende Urteil und der diesbezüglichen (auch amtswegigen) Prüfung (vgl 13 Os 140/15k; 13 Os 139/15p).

Der Tatsachenrüge (Z 5a) gelingt es nicht, mit dem – prozessordnungswidrig nicht durch die Bezeichnung von konkreten Fundstellen entsprechender Beweisergebnisse belegten – Vorbringen, Roman M***** sei im Tatzeitraum bloß Dienstnehmer der F***** F***** GmbH und nicht auch der F***** GmbH gewesen und habe auch „keine andere Tätigkeit als (gewöhnlicher Dienstnehmer) bei der F***** GmbH oder der F***** F***** GmbH“ ausgeübt, erhebliche Bedenken gegen die Feststellungen betreffend dessen Tätigkeit als faktischer Geschäftsführer des belangten Verbandes (vgl dazu US 3, 6) zu wecken. Mit der bloßen Behauptung, es würden „andere Beweisergebnisse“ für eine solche Annahme fehlen, verlässt die Beschwerde den Bezugspunkt des von ihr relevierten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5a StPO (RIS-Justiz RS0117446, RS0128874).

Ebensowenig vermögen der Hinweis auf das Aussageverhalten des Zweitangeklagten B*****, Spekulationen darüber, wie sich dieser und M***** der „Lebenserfahrung nach“ bei entsprechendem Tatvorsatz (auch) des M***** verhalten hätten, und wiederholte Versuche, die Einlassung des erwähnten Zweitangeklagten als unglaubwürdig darzustellen, erhebliche Bedenken (Z 5a) gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen hervorzurufen (RIS‑Justiz RS0119583, RS0118780).

Entgegen der Beschwerdebehauptung (der Sache nach Z 5 dritter Fall; RIS‑Justiz RS0117402) besteht zwischen der Feststellung, dass der Zweitangeklagte 240 Setzlinge von einem anderen Unternehmen ankaufte, und jener, wonach Roman M***** dessen Bedenken hinsichtlich fehlender Abnehmer des Cannabiskrauts mit dem Hinweis ausräumte, er kenne einen Abnehmer, der pro Kilogramm 2.000 Euro bezahlen würde, kein nach den Denkgesetzen unauflösbarer Widerspruch.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, inhaltlich auch Z 10) kritisiert die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts anhand eigenständiger Beweiswerterwägungen und mit der Behauptung, beim unmittelbaren Täter (B*****) liege ein „qualitativer und quantitativer Exzess“ vor; dem Erstangeklagten M***** sei bloß „Mitwisserschaft“, somit „höchstens Unterlassung nach § 286 StGB“ vorzuwerfen. Sie legt jedoch nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (RIS‑Justiz RS0116565), aus welchem Grund die Urteilsannahmen zu Handlungen (Beratung, Verkauf und Organisation der Installation der für den Betrieb einer Indoorplantage erforderlichen Gerätschaft im Wert von 23.896,49 Euro, mit welcher pro Ernte zwölf Kilogramm Cannabiskraut gewonnen werden sollten; Aviso eines potentiellen Abnehmers für künftig zu gewinnendes Cannabiskraut) und Vorsatz des Roman M***** im Tatzeitpunkt den gefällten Schuldspruch nicht zu tragen vermögen (vgl RIS‑Justiz RS0090508, RS0089238). Insbesondere verabsäumt sie zu erklären, weshalb es bei von entsprechender Intention getragenen Handlungen dieser Art für die Annahme einer ursächlichen Förderung der Erzeugung von Suchtgift (I./A./) und des Anbaus von weiteren 346 Cannabispflanzen (I./B./) durch den Käufer der dafür erforderlichen Geräte auch eines vorangehenden Verkaufs der großzuziehenden Cannabispflanzen durch M***** oder eines späteren Erwerbs des zu produzierenden Suchtgifts gerade durch von diesem vermittelte Abnehmer bedurft hätte (vgl RIS‑Justiz RS0120600, RS0089860, RS0089768).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO iVm § 14 Abs 1 VbVG.

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