OGH 8Ob76/16h

OGH8Ob76/16h25.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Stefan Brandacher, Rechtsanwalt in Schwaz, gegen die beklagte Partei H***** W*****, vertreten durch Mag. Friedrich Hohenauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 360.211,38 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Juni 2016, GZ 10 R 29/16i‑44, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00076.16H.1125.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Vermeintliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht geprüft hat, können im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963 ua).

Das Berufungsgericht hat sich mit der in der Revision neuerlich beanstandeten Abweisung von Beweisanträgen bereits befasst und einen Verfahrensmangel mit ausführlicher Begründung verneint.

Der Ausschluss eines weiteren Rechtsmittels kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei – weil der Mängelrüge nicht gefolgt wurde – seinerseits mangelhaft geblieben (RIS‑Justiz RS0042963 [T58]).

2. Nach § 7 Abs 1 und 2 VKrG hat der Kreditgeber vor Abschluss des Kreditvertrags die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen zu prüfen, die er – soweit erforderlich – vom Verbraucher verlangt; erforderlichenfalls hat er auch Auskünfte aus einer zur Verfügung stehenden Datenbank einzuholen. Wenn diese Prüfung erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Verbrauchers ergibt, seine Pflichten aus dem Kreditvertrag vollständig zu erfüllen, hat der Kreditgeber den Verbraucher auf diese Bedenken gegen dessen Kreditwürdigkeit hinzuweisen.

Die Warnpflicht soll den Schutz des Verbrauchers vor verantwortungsloser Kreditaufnahme erhöhen, ohne ihn jedoch diesbezüglich zu bevormunden (ua Dehn in Apathy/Iro/Koziol , Österreichisches Bankvertragsrecht IV² Rz 2/51; Heinrich , Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung im Verbraucherrecht, JBl 2014, 363; Leupold/Ramharter , Die Verletzung der Pflicht zur Warnung vor mangelnder Kreditwürdigkeit nach dem VKrG, ÖBA 2011, 469 [475]).

Den Kreditgeber trifft nach den Maßstäben eines sorgfältigen Vertreters seiner Branche nach § 7 Abs 1 VKrG zwar eine aktive Nachforschungspflicht, deren konkretes Ausmaß aber in jedem Fall von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig ist (ua Heinrich in Schwimann/Kodek , ABGB 4 Va § 7 VKrG Rz 14 mwN; EuGH 18. 12. 2014 Rs C‑449/13, CA Consumer Finance [Rz 39]).

Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte.

Diese Voraussetzungen vermag die Revision im vorliegenden Fall nicht darzustellen.

Die Klägerin hat sich nach dem Sachverhalt bei ihrer Prüfung der Kreditwürdigkeit des Beklagten nicht nur mit den Behauptungen des von ihm beauftragten Vermittlers begnügt (wobei ein konkreter Anhaltspunkt für Zweifel an deren Wahrheitsgehalt gar nicht vorgebracht wurde). Sie hat auch eigene Nachforschungen angestellt, die insbesondere eine Deckung des Kreditbetrags im unbelasteten Liegenschaftsvermögen des Beklagten ergeben haben. Der Kreditbetrag sollte überdies zur Wertsteigerung der Liegenschaft durch Vollendung des bereits im Rohbaustadium befindlichen Bauprojekts verwendet werden.

Unter diesen Umständen ist die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Klägerin keine Aufklärungs- und Warnpflichten bei der Kreditvergabe verletzt hat, ausreichend begründet und keinesfalls unvertretbar.

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