European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00151.16A.1123.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Der Antrag der betreibenden Partei auf Zuspruch von Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung
Die Verpflichtete hat es aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Landesgerichts Wiener Neustadt zu unterlassen, Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Ausspielung und/oder Zugänglichmachung solcher Geräte, insbesondere in einem näher bezeichneten Gasthaus, solange sie oder der Dritte, dem sie die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung ermöglicht, nicht über die dafür erforderliche Konzession oder behördliche Bewilligung verfügt.
Die Betreibende beantragte wegen zweier näher bezeichneter Titelverstöße am 11. November 2015 die Exekution gemäß § 355 EO, wobei sie im Exekutionsantrag als Datum des zweiten Titelverstoßes einmal den „27. 10. 2015“ und in der Folge den „4. 11. 2015“ anführte.
Das Erstgericht stellte den Exekutionsantrag mit Beschluss vom 19. November 2015 (dem Vertreter der Betreibenden zugestellt am 23. November 2015) zur Verbesserung (Klarstellung des Datums des zweiten Titelverstoßes) zurück, wobei es überdies um eine exakte Umschreibung des Titels in Feldgruppe 07 ersuchte.
Mit (erstem) Strafantrag vom 20. November 2015 beantragte die Betreibende wegen eines neuerlichen Titelverstoßes vom 19. November 2015 die Verhängung einer Geldstrafe.
Dem Verbesserungsauftrag des Erstgerichts vom 19. November 2015 entsprach die Betreibende am 24. November 2015 durch Wiedervorlage des verbesserten Exekutionsantrags.
Das Erstgericht bewilligte den verbesserten Exekutionsantrag antragsgemäß und verhängte rechtskräftig eine Strafe von 1.000 EUR. Den Strafantrag vom 20. November 2015 wies es mit der Begründung ab, der Exekutionsantrag sei erst am 24. November 2015 verbessert worden. Mit einem Strafantrag könnten nur nach diesem Zeitpunkt begangene Titelverstöße geltend gemacht werden.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betreibenden Folge und verhängte wegen des im ersten weiteren Strafantrag behaupteten Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel eine Geldstrafe von 500 EUR. Auch bei nicht befristeten Klagen, die zur Verbesserung (ohne Fristsetzung) zurückgestellt und in weiterer Folge verbessert wieder eingebracht würden, bleibe die Unterbrechungswirkung mit dem Tag der ersten Einbringung bestehen. Das gelte auch für einen gemäß § 54 Abs 3 EO zur Verbesserung zurückgestellten und verbessert wieder eingebrachten Exekutionsantrag. Eine Verpflichtung der Betreibenden, ihren zur Verbesserung zurückgestellten Antrag durch die in der Zwischenzeit erfolgten weiteren Verstöße zu ergänzen, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch bei einem Exekutionsantrag nach § 355 EO, der verbessert wieder vorgelegt werde, sei der Zeitpunkt der ursprünglichen Einbringung maßgebend. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur von den Rechtsmittelsenaten des Rekursgerichts unterschiedlich beantworteten Frage der Auswirkung einer Antragsverbesserung auf das Vollzugsstufenprinzip fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Fehlt im Exekutionsantrag das gesetzlich vorgeschriebene Vorbringen oder sind ihm nicht alle vorgeschriebenen Urkunden angeschlossen, so ist der Schriftsatz gemäß § 54 Abs 3 EO zur Verbesserung zurückzustellen. Dabei handelt es sich um eine Sondervorschrift für die Verbesserung von Exekutionsanträgen (zur Anwendung auf Strafanträge 3 Ob 280/05f = RIS‑Justiz RS0107395 [T2]), die mit der EO‑Nov 1995 (BGBl 1995/519) im Zuge der Einführung des vereinfachten Bewilligungsverfahrens eingefügt wurde, jedoch keine Beschränkung auf das vereinfachte Bewilligungsverfahren vorsieht (Kodek in Fasching/Konecny II/23 §§ 84, 85 ZPO Rz 197; RIS‑Justiz RS0107395).
2. Seit der EO‑Nov 1995 sind somit auch einem Exekutionsantrag anhaftende Inhaltsmängel grundsätzlich– zu hier nicht vorliegenden Einschränkungen Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 54 Rz 54 f – verbesserungsfähig (RIS‑Justiz RS0106413). Insbesondere das in § 54 Abs 1 EO festgelegte gesetzliche Vorbringen ist verbesserungsfähig (3 Ob 22/00g = RIS‑Justiz RS0106413 [T1]). Zutreffend hat daher das Erstgericht wegen der Widersprüchlichkeit hinsichtlich des für den zweiten Titelverstoß behaupteten Datums den Exekutionsantrag zur Verbesserung zurückgestellt (vgl RIS‑Justiz RS0000709).
3. Der Senat pflichtet der Auffassung des Rekursgerichts bei, dass ein nach Verbesserung wieder vorgelegter Exekutionsantrag als im ursprünglichen Einbringungstag eingebracht anzusehen ist.
Der Verweis im Revisionsrekurs darauf, dass dieser Grundsatz gemäß § 85 Abs 2 ZPO nur für fristgebundene Schriftsätze gelte, lässt außer Acht, dass die §§ 84 f ZPO auf die Verbesserung von Exekutionsanträgen nicht unmittelbar anzuwenden sind und rein nach dem Wortlaut des § 84 Abs 3 ZPO die Fristgebundenheit eines Schriftsatzes überhaupt generelle Voraussetzung für die Verbesserung eines Inhaltsmangels wäre. Die Rechtsprechung und die herrschende Lehre bejahen jedoch über den Wortlaut des § 84 Abs 3 ZPO hinaus eine Anwendung der §§ 84 f ZPO auch auf nicht (prozessual) befristete verfahrenseinleitende Schriftsätze (RIS‑Justiz RS0036288; Gitschthaler in Rechberger, ZPO4 §§ 84–85 Rz 13 mwN; differenzierend Kodek in Fasching/Konecny II/23 §§ 84, 85 ZPO Rz 122 und 122/1).
4. Sieht nun der Gesetzgeber – wie in § 54 Abs 3 EO – ausdrücklich die Verbesserung von Inhaltsmängeln auch für nicht fristgebundene Exekutionsanträge vor, hat diese Anordnung nur Sinn, wenn der verbesserte Schriftsatz als im Zeitpunkt seines ursprünglichen Einlangens mangelfrei angesehen wird. Das gegenteilige Verständnis unterscheidet sich nämlich in seinen für die Partei wesentlichen Wirkungen – abgesehen von der Notwendigkeit der neuerlichen Entrichtung der Pauschalgebühr – nicht von einer Abweisung des Antrags, wodurch die Partei ja auch nicht gehindert wird, den Antrag in verbesserter Form neuerlich einzubringen (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 54 Rz 54).
5. Ob eine Verbesserungsfrist auch bei nicht fristgebundenen Verfahrenseinleitungsanträgen wie dem Exekutionsantrag festzusetzen ist – was auch ohne ausdrückliche Anordnung in § 54 Abs 3 EO zweckmäßigwäre – ist nicht zu erörtern, weil jedenfalls dann, wenn – wie hier – dem ohne Fristsetzung erteilten Verbesserungsauftrag des Gerichts in angemessener Frist entsprochen wurde, der verbesserte Exekutionsantrag als im ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht anzusehen ist (vgl Gitschthaler in Rechberger, ZPO4 §§ 84–85 Rz 19 f).
6. Die vom Rekursgericht angesprochene Frage einer Verbindungspflicht stellt sich nicht: Schon wegen der zeitlichen Abfolge (ursprüngliches Einbringungsdatum des Exekutionsantrags 11. November 2015, Zustellung des Verbesserungsauftrags 23. November 2015, neuerlicher Titelverstoß 19. November 2015) hätte die Betreibende in ihrem verbessert vorgelegten Exekutionsantrag den bereits mit Strafantrag vom 20. November 2015 geltend gemachten neuerlichen Titelverstoß nicht nochmals geltend machen können.
7. Dem Revisionsrekurs, der die Höhe der verhängten Strafe nicht bekämpft, ist daher ein Erfolg zu versagen.
Von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen ist das Exekutionsverfahren einseitig. Die von der Betreibenden erstattete Revisionsrekursbeantwortung ist zwar mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0118686 [T11]); sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und ist daher nicht zu honorieren (RIS‑Justiz RS0118686 [T12]).
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