European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0100OB00069.16V.1111.000
Spruch:
Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung
Die Kläger sind die Tochter und der Sohn des 2013 verstorbenen W*****, dessen Nachlass ihnen je zur Hälfte eingeantwortet wurde. Im Jahr 1997 hatte über Initiative des W***** dessen zweite Tochter (die Mutter der damals noch minderjährigen Beklagten) in deren Vertretung bei der W*****-Aktiengesellschaft einen „Jubiläums‑Prämien‑Lossparbrief“ abgeschlossen. Bei diesem Produkt handelt es sich um eine Erlebensvorsorge mit Auslosung und steigendem Ablebensschutz mit Gewinnbeteiligung bei einer Laufzeit von 12 Jahren. Als Versicherungsnehmerin schien auf der Vertragsurkunde die Beklagte auf. Diese sollte im Erlebensfall sowie bei Auslosung bezugsberechtigt sein, im Ablebensfall sollte hingegen W***** (deren Großvater) bezugsberechtigt sein. Davon abweichend vereinbarte bereits bei Abschluss des Vertrags W***** mit der Mutter der Beklagten als deren gesetzliche Vertreterin, dass er die Prämie zahlen werde und der Auszahlungsbetrag an ihn selbst gehen sollte. Nur für den Fall, dass die dem „Jubiläums-Prämien-Lossparbrief“ zugewiesene Losnummer ausgelost werden sollte, sollte die Beklagte den durch die Auslosung erworbenen Betrag erhalten. Die Prämien wurden von W***** in der Folge gezahlt. 2004 stellte er die Prämienzahlungen ein, unter anderem im Hinblick auf das Auftreten persönlicher Differenzen mit der Mutter der Beklagten. Es wurde eine mit 6. 10. 2004 datierte Urkunde („Nichtigkeitserklärung“) errichtet, nach der W***** auch im Erlebensfall bezugsberechtigt sein sollte. Diese Urkunde trägt die Unterschrift der Mutter der Beklagten. 2009 erwirkte W***** bei der W*****-Aktiengesellschaft die Überweisung des Ansparbetrags zuzüglich Zinsen und Gewinnbeteiligung in Höhe von 7.479,15 EUR auf sein Konto. Zur Auslosung des Vertrags war es nicht gekommen. 2011 erreichte die zwischenzeitig volljährig gewordene Beklagte bei der W*****‑Aktiengesellschaft die erneute Abrechnung des Prämien‑Lossparbriefs und die Überweisung der 7.479,15 EUR auf ihr Konto (nachdem dieser Betrag von W***** an die W*****‑Aktiengesellschaft wiederum zurückgezahlt worden war).
Die Kläger begehren (ua) gestützt auf die zwischen W***** und der Mutter der Beklagten getroffene Vereinbarung, nach der die Versicherungsleistung W***** zufließen sollte, die Rückzahlung der 7.479,15 EUR.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Es sei von Anfang an eine Zuwendung ihres Großvaters W***** an sie als seine Enkelin geplant gewesen. Die Vereinbarung, auf die das Klagebegehren gegründet sei, gereiche ihr zum Nachteil und sei infolge ihrer damaligen Minderjährigkeit mangels Einholung einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht wirksam zustande gekommen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und bestätigte das Ersturteil.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig.
1. Nicht in Frage steht, dass die Mutter der Beklagten den „Jubiläums‑Prämien‑Lossparbrief“ als gesetzliche Vertreterin in deren Namen abgeschlossen hat, sodass von einem Vertragsverhältnis zwischen der Versicherungsaktiengesellschaft und der Beklagten auszugehen ist, von dem das zwischen der Beklagten und W***** (deren Großvater) bestehende Rechtsverhältnis zu unterscheiden ist (siehe 5 Ob 45/04k zu einem Bausparvertrag).
2.1 Der Umstand, dass der „Jubiläums-Prämien-Lossparbrief“ auf den Namen der damals noch minderjährigen Beklagten lautete, zwingt nicht zur Annahme dass es sich dabei um deren Vermögen handelt (siehe RIS‑Justiz RS0007598, RS0048057 zum Bausparvertrag). Es kann durchaus auch sein, dass der namens der Beklagten abgeschlossene Vertrag lediglich der eigenen Vermögensbildung des Großvaters unter Inanspruchnahme der hiefür vorgesehenen Begünstigung dienen und das angesparte Guthaben nicht zum Vermögen der Minderjährigen gehören sollte (vgl 5 Ob 20/05k).
2.2 Nach den – für den Obersten Gerichtshof bindenden – im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen zum zusätzlichen Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und deren Großvater, sollte das angesparte Guthaben samt Zinsen und Gewinnanteil an den Großvater zur Auszahlung gelangen und somit dessen eigener Vermögensbildung dienen. Nur wenn die dem „Jubiläums-Prämien-Lossparbrief“ zugeteilte Losnummer ausgelost worden wäre (welcher Fall aber nicht eintrat), hätte der durch die Auslosung erworbene Betrag der Beklagten zukommen und insoweit eine Zuwendung des Großvaters an die Enkelin stattfinden sollen.
2.3 Im Hinblick auf diese Umstände des vorliegenden Einzelfalls stellt es jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar, wenn das Berufungsgericht davon ausging, mangels Verfügung über das Vermögen der Beklagten bzw mangels dieser entstehender Nachteile habe kein Anlass bestanden, die Vereinbarung pflegschaftsbehördlich genehmigen zu lassen (§ 154 Abs 3 ABGB idF vor dem KindRÄG 2001). Ebenso wenig liegt eine Fehlbeurteilung darin, dass das Berufungsgericht nach Vertragsablauf das gesamte Sparguthaben (samt Zinsen und Gewinnbeteiligung) als nicht zum Vermögen der Beklagten gehörend erachtete.
3. Das Vorbringen, es hätten der Beklagten doch Nachteile entstehen können, indem diese von der W*****‑Aktiengesellschaft möglicherweise auf Prämienzahlungen in Anspruch genommen hätte werden können, wurde vom Berufungsgericht als unzulässige Neuerung gewertet (§ 482 ZPO). Wenn die Beklagte in ihrer Revision neuerlich auf etwaige Nachteile zurückkommt, die ihr allenfalls hätten entstehen können, und dazu fehlende Feststellungen als sekundären Feststellungsmangel releviert, zeigt sie keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf. Im Übrigen hat sie selbst vorgebracht, dass der Vertrag ab 2004 prämienfrei gestellt war.
4. Soweit die Beklagte den Inhalt der Vereinbarung in Zweifel zu ziehen sucht, handelt es sich um eine vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr mögliche Bekämpfung der Feststellungen. Auf das weitere Vorbringen der Beklagten, sie habe nach Eintritt der Volljährigkeit (konkludent) nur den Versicherungsvertrag, nicht aber die mit dem Großvater getroffene „Zusatzvereinbarung“ genehmigt, ist infolge des Nichterfordernisses der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung nicht mehr einzugehen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 50 und 40 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen. Ihre Revisionsbeantwortung kann daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig angesehen werden und ist deshalb auch nicht zu honorieren (RIS‑Justiz RS0035962).
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