OGH 7Ob183/16m

OGH7Ob183/16m13.10.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** KG, *****, vertreten durch Dr. Mag. Harald Jelinek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 23 Cg 37/15i des Handelsgerichts Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 19. Juli 2016, GZ 2 R 11/16a‑5, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00183.16M.1013.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1 Im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens nach § 538 Abs 1 ZPO ist zu prüfen, ob die Wiederaufnahmsklage schlüssig ist (RIS‑Justiz RS0103697 [T1]). Eine Wiederaufnahmsklage kann nicht auf eine nachträgliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts gestützt werden (vgl RIS‑Justiz RS0044761). Die neu aufgefundenen Tatsachen müssen schon vor Schluss der Verhandlung vorhanden gewesen sein (RIS‑Justiz RS0044441 [T6, T10], RS0044437).

1.2 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung– außerhalb der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen – der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften. Der Versicherungsfall gilt mit Beginn dieses Verstoßes als eingetreten. Bei mehreren Verstößen ist auf den ersten abzustellen (RIS‑Justiz RS0114209).

Der Oberste Gerichtshof hat jüngst (7 Ob 127/16a) dahin Stellung genommen, dass in einem Passivprozess des Versicherungsnehmers das von ihm bestrittene Klagsvorbringen für die Beurteilung des Eintritts des Versicherungsfalls heranzuziehen ist, weil die Klagsbehauptungen für die Abgrenzung des Streitgegenstands von maßgeblicher Bedeutung sind. Diese sind Grundlage für den Rechtsstreit. Werden sie vom Versicherungsnehmer bestritten, ändert dies nichts an der den Rechtsstreit auslösenden Wirkung.

1.3 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, entscheidende Tatsache für das Vorliegen der Vorvertraglichkeit im Deckungsprozess sei das Vorbringen der Vermieter im zu deckenden Prozess, weshalb es sich bei deren nach Schluss der Verhandlung im Deckungsprozess geändertem Vorbringen um eine neue Tatsache (und nicht um ein ohnehin unbeachtliches Beweismittel [vgl RIS‑Justiz RS0081927]) handle, die keinen Wiederaufnahmsgrund bilde, nicht zu beanstanden.

2. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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