European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00139.16H.0927.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.197,80 EUR (darin 366,30 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Beklagte verwendet in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen ihres „Flying Blue“‑Bonusprogramms nachstehende Klausel:
„ Allgemeine Bestimmungen des Flying Blue‑Programms:
[...]
Für I *****‑Mitglieder haben Prämienmeilen eine Gültigkeit von 20 Monaten. Ausschließlich das Sammeln von Meilen auf Flügen von A***** oder andere, in der FB‑Kommunikation bezeichnet als die Gültigkeit verlängernde, qualifizierte Aktivitäten, werden als solche begriffen. Hat ein Mitglied in einem Zeitraum von 20 Monaten keine die Gültigkeit verlängernden Aktivitäten erbracht, behält sich die Gesellschaft das Recht vor, die Prämienmeilen zu streichen. Für die Prüfung der Verfallsfrist der Meilen ist das Mitglied selbst zuständig.“
Die Vorinstanzen gaben den gegen die Verwendung dieser Klausel erhobenen Unterlassungsbegehren statt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts – nicht zulässig.
1. Der Oberste Gerichtshof ist auch zur Auslegung von AGB‑Klauseln nicht „jedenfalls“, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung, dass die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmter Geschäftsbranchen, welche regelmäßig für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung sind, eine erhebliche Rechtsfrage darstellt, sofern solche Klauseln bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht zu beurteilen waren (RIS‑Justiz RS0121516). Die bloße Häufigkeit der verwendeten Klauseln allein vermag die Zulässigkeit der Revision hingegen noch nicht zu begründen (4 Ob 88/05b).
2. Im vorliegenden Fall behandelt die beklagte Partei durch Flugleistungen angesammelte Prämienmeilen gleich wie zugekaufte Meilen. Damit geht aber die Argumentation der Beklagten, das Programm würde sich nur an „Vielflieger“ wenden, ins Leere. Vielmehr lässt sich auf die vorliegende Konstellation die Rechtsprechung zur Gültigkeitsdauer von Gutscheinen übertragen. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 7 Ob 22/12d eine Gültigkeitsdauer von zwei Jahren als unzulässig beurteilt. Eine insgesamt fünfjährige Gültigkeitsdauer von Reisegutscheinen, wobei die ursprünglich einjährige Gültigkeitsdauer bis zu drei Jahre nach deren Ablauf jeweils um ein weiteres Jahr verlängert werden konnte, wurde hingegen als nicht gröblich benachteiligend angesehen (7 Ob 75/11x). Zutreffend qualifizierten die Vorinstanzen die beanstandete Klausel daher als gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB. Zudem ist die Klausel – wie gleichfalls die Vorinstanzen zutreffend erkannten – auch intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG, weil aus ihr nicht hervorgeht, welche konkreten Aktivitäten „qualifizierte Aktivitäten“ begründen, die zu einer Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Prämienmeilen führen. Auch gibt die Klausel keinen Hinweis darauf, in welchen der zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel die verlängernden Maßnahmen tatsächlich publiziert werden und ob diesbezüglich die Bedingungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder der Einlösung gelten sollen.
3. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage eines allfälligen bürokratischen Mehraufwands einer längeren Verfallsfrist auseinandergesetzt und gelangte zu dem Ergebnis, dass ein allfälliger bürokratischer Mehraufwand eine Verkürzung der Verjährungsfrist auf 20 Monate nicht rechtfertige. Damit hat das Berufungsgericht die rechtliche Relevanz der vermissten Feststellung nachvollziehbar verneint.
4. Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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